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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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lauter.
    Was würde geschehen, wenn sie den Altar erreichten?, fragte sich Ash. Würden sie ihn einfach in Stücke reißen, sodass das Abkommen zerstört und die Götter heimatlos wurden?
    »Wind, Wasser, Fels …« Martine zögerte. »Auch Feuer, denke ich. Versuch es damit, Safred: ›Geister des Windes, kommet nicht in mein Haus, Geister des Wassers, kommet nicht in mein Haus, Geister des Feuers, kommet nicht
in mein Haus, Geister der Luft, kommet nicht in mein Haus.‹«
    »Nein«, sagte Safred. »Habt ihr denn nicht gesehen, was passiert ist? Ashs Kraft ist in die dritte Schicht gegangen, deine in die zweite und meine nach oben. Wir können jeder eine Schicht reparieren, glaube ich, aber ich weiß nicht, warum.«
    Ash wusste es. Natürlich, jetzt, da er darüber nachdachte.
    »Die dritte Schicht ist Wasser«, sagte er.
    Martine schaute auf ihre Hände hinunter, als müsse sie etwas Peinliches eingestehen. »Die zweite ist Feuer«, bekannte sie. »Ich glaube, die oberste muss Luft sein.«
    »Jeder singt entsprechend seiner Stärke?«, fragte Safred zweifelnd. Doch es blieb ihnen keine Zeit, darüber zu streiten. »Wir haben aber niemanden für Erde.«
    »Nehmt mich«, sagte Cael. Er kam hinter ihnen auf den Platz gehumpelt, ohne dass Ash es bemerkt hatte. Lady Sorn stützte ihn.
    »Cael ist Erde«, sagte Martine. »Das sieht jeder.«
    Cael sah Safred an und lächelte sanft.
    »Du hast keine andere Wahl, Nichte«, sagte er.
    Safred biss sich auf die Lippen und streckte die Hand aus.
    Er bemaß die Größe der Höhlenwesen – sie reichten ihm kaum bis über die Knie, doch er schüttelte den Kopf. Sorn bot ihm ihren Arm, damit er das Gleichgewicht behielt, und dann stellte er sich einfach auf eines der Höhlenwesen, stellte seine Stiefel fest darauf und stieß sich dann ab. Das Höhlenwesen gab ein krachendes Geräusch von sich, das Ash fast den Schädel gespalten hätte, Cael selbst jedoch nicht in Mitleidenschaft zog. Allerdings öffnete sich durch seinen Sprung die Wunde wieder. Ash sah, dass ihm Blut und Eiter das Hemd nässten.

    Dankbar lehnte Cael sich an den Altar. Sie nahmen einander alle bei den Händen und sangen die Worte, die Martine vorgeschlagen hatte, wobei jeder von ihnen ein Element übernahm.
    »Geist des Wassers, komme nicht in mein Haus«, sang Ash mit der Stimme der Toten. Dabei kam er sich wie ein Verräter gegenüber dem Fluss vor, wohl wissend, dass sie ihn eines Tages dafür zur Rechenschaft ziehen würde. Zugleich aber hatte er das Gefühl, dass dies eine Möglichkeit war, die Windgeister nach Süden zu schicken.
    »Geist des Feuers, komme nicht in mein Haus«, sang Martine, und die Worte klangen traurig, als verzichte sie damit auf etwas Kostbares.
    »Geist der Luft, komme nicht in mein Haus«, sang Safred mit der Stimme der Toten.
    »Geist der Erde, komme nicht in mein Haus«, sang Cael mit rauer, tiefer Stimme.
    Dieses Mal begannen die Risse, sich wieder zusammenzufügen, sich zu schließen, kleiner zu werden.
    Cael hatte weder die Macht, zu heilen, noch besaß er seherische Fähigkeiten. Doch irgendwie schwang seine Stimme in der untersten Schicht mit, und als sie sahen, dass die Risse sich zurückbildeten, waren sie zunächst voller Hoffnung. Ash staunte über die Größe und Vielschichtigkeit des mit dem Abkommen verbundenen Zaubers. Wer immer ihn bewirkt hatte, war ein großer Zauberer gewesen, dessen Geist so komplex gewesen sein musste wie … Ash kam auf keinen Vergleich.
    Aber die unterste Schicht war am schwierigsten zu erreichen und zugleich diejenige, die am stärksten eingerissen war, und sie widersetzte sich jeder Bemühung, die Cael unternahm. Nachdem die drei oberen Schichten zum großen Teil ausgebessert worden waren, versuchten die anderen,
ihm zu helfen, indem sie alle sangen: »Geister des Felsens, kommet nicht …«, bis sie erschöpft waren und sich auf den Felsaltar stützten wie Betrunkene auf einen Gasthoftisch. Doch es nutzte nichts. Cael war nicht stark genug. Sein Lied erreichte kaum den obersten Bereich der untersten Schicht. Mitten in dem Zauber festhängend spürte Ash, wie schwach Cael war, wie nah er seinem Tod war.
    Sie hielten einen kleinen Moment inne. Die drei oberen Schichten blieben fest und stabil, doch die untere zerfiel weiterhin.
    »Versuch nicht, mich zu heilen, Nichte«, sagte Cael und holte tief Luft.
    »Nein, tu es nicht!«, schrie Safred. Doch es war bereits zu spät. Cael stieß den Atem aus und sang damit ein letztes, langes,

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