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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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schrie sie: »Töte ihn nicht! Wir brauchen ihn! Töte ihn nicht!«

    Sie hörte, wie Baluchs Stimme hinzufügte: »Die Quelle der Geheimnisse sagt, er soll nicht getötet werden!«
    Dies waren Worte der Macht. Als sie den Zauberer erreichte, hatten die beiden Parteien aufgehört zu kämpfen und standen einander drohend gegenüber. Baluch trat zwischen sie, und Bramble wünschte sich sehnlichst, Ash wäre dabei, um Acton für sich selbst sprechen zu lassen.
    »Die Quelle der Geheimnisse«, sagte Baluch langsam und sah dabei die Geister der Leute des Kriegsherrn an, »hat uns gesagt, wir sollen ihn leben lassen, bis sie hier ist.«
    Der Anführer war ein blutjunger Offizier, der nur eine kleine Verletzung aufwies, eine Schnittwunde am Arm. Er starrte den Zauberer und die Geister um ihn mit abgrundtiefem Hass an. Der Offizier schob sein Schwert in die Scheide zurück und hieß seine Männer, das Gleiche zu tun. Doch er wich nicht von der Stelle, so als warte er nur auf die Erlaubnis zum Angriff.
    Der Zauberer wandte sich Acton zu. »Ich danke Euch, Sir«, sagte er förmlich.
    Bramble wurde ungeduldig. Sie musste zum Altar in die Stadt. Doch plötzlich wich der Druck, nach Turvite zurückzukehren, so als ob die Götter nicht länger Hilfe benötigten. Oder diese woanders gefunden hatten.
    Ash, dachte Bramble und holte tief Luft. Martine. Vielleicht Safred. Sie beruhigte sich ein wenig, doch es fühlte sich nicht so an, als sei die Krise vorbei; die Götter schrien ihr nicht lautstark in die Ohren, waren aber nach wie vor bekümmert.
    Maryrose lächelte ihr zu. Acton zu berühren war furchtbar gewesen, aber Bramble konnte nicht anders, sie warf die Arme um Maryrose, ignorierte den Geruch der Grabhöhle und die kalte, eiskalte Haut. Maryrose umarmte sie, streichelte ihr das Haar. Und für einen Moment, nur für einen
Moment, blieb die Welt stehen. Sie befanden sich in ihrem Mittelpunkt, dem Mittelpunkt des Lebens. Doch Brambles Körper rebellierte gegen die eisige Umarmung, und sie schauderte, und diese Bewegung brachte sie zurück ins Hier und Jetzt.
    Bramble trat ein wenig zurück und blinzelte ihre Tränen weg. »Wir werden das Problem lösen«, sagte sie zu Maryrose. »Und dann kannst du einfach auf mich warten, damit wir beide zur Wiedergeburt schreiten können.«
    Maryrose nickte ernst. In ihren Augen las Bramble Zustimmung und spürte, wie ihren Körper eine vertraute Wärme durchströmte; nur Maryrose hatte sie jemals wirklich akzeptiert. Maryrose und vielleicht noch Acton.
    Als sie sich auf den Felsgrat begab, um einen besseren Blick auf die Stadt werfen zu können, wurde ihre Aufmerksamkeit von einer seltsamen Bewegung am Himmel in Anspruch genommen. Sie rang nach Luft. Windgeister strömten vom Meer auf die Stadt zu, eine lang gezogene Pfeilspitze aus Geistern, die direkt auf sie zuhielten. Sie hatten noch eine große Strecke vor sich, aber sie waren so schnell . Bramble hatte sie noch nie zuvor gesehen, erkannte sie aber sofort.
    Windgeister, Feuergeister – das von Tern abgeschlossene Abkommen zerbrach. Deshalb hatten die Götter so laut gerufen.
    Bramble packte den Zauberer an der Schulter und riss ihn herum. »Sieh nur, was du angerichtet hast!«, schrie sie ihn an und wies dabei gen Himmel. »Das Abkommen ist gebrochen!«
    Er wurde blass und trat einen Schritt zurück, als wolle er vor den Windgeistern weglaufen. Dann aber blieb er stehen. »Ich habe das Abkommen nicht angerührt«, sagte er.
    »Dein verdammter Zauber hat es gebrochen!«, fauchte sie.
»Sorg dafür, dass es wieder geschlossen wird, sonst sind wir alle tot.«
    Er starrte sie an, und dabei erkannte sie, dass er nicht älter war als sie, jedenfalls nicht älter als dreißig.
    »Ich wüsste nicht, wie«, sagte er. Er machte ein düsteres Gesicht, und seine Augen blickten unstet, wie sie es bei Martine gesehen hatte und bei Safred, wenn die beiden ihre seherischen Fähigkeiten nutzten. Eindringlich richtete sie eine Frage an die Götter: Was soll er tun? Doch sie antworteten nicht.

Ash
    Ash und Martine hielten sich im hinteren Bereich der Gruppe der Unterhändler auf, während sie den Hügel erklommen, Ranny mit dem Geweih voran. Martine schob Arvid nach vorn. Ihre Hand auf seinem Rücken war eine so vertrauliche Geste, dass Ash große Augen bekam und sie daraufhin errötete. Was hatte das mit Frauen und Kriegsherren auf sich? Erst Bramble und jetzt auch noch Martine? Er hatte das Gefühl, als löse sich seine ganze Gewissheit auf.

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