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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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Flax band Cam auf der anderen Seite des Buschwaldes fest, der den Lagerplatz umgab, und schlich sich dann zwischen den Bäumen hindurch, um nach ihnen zu spähen. Er beobachtete, wie die Leute des Kriegsherrn das Lager organisierten, indem sie einigen Männern Schaufeln gaben, damit diese in dem Gebüsch einen Latrinengraben aushoben. Die Kinder wurden aufgefordert, Holz für das Feuer zu sammeln, den Frauen aufgetragen, sich gemeinsam dem Kochen zu widmen.
    Es war besser, mit keinem außer Rowan oder Swallow Kontakt aufzunehmen. Das war eine von seiner Mutter gelernte Mahnung, dachte er; sie hatte nie jemandem getraut, und das hatte ihn geärgert. Aber jetzt war eine Zeit des Misstrauens, der Geheimhaltung und Vortäuschung und all der anderen Dinge, die sie praktiziert hatte, um in Pless akzeptiert zu werden. Es war eine Schande, dass sie nicht lange
genug gelebt hatte, um zu erleben, dass sein Vater Ratsmitglied wurde. Sie hatte es sich so sehnlich gewünscht. Ein Teil von ihm wusste, dass es dieses Verlangen gewesen war, das sie dazu gedrängt hatte, ihn zu töten, doch Tatsache war auch, dass er sich nicht daran erinnerte. Zel zufolge hatte sie ihm Drogen in den Tee gegeben und versucht, ihn zu ersticken, doch er hatte geschlafen, und so schien es alles eher eine Geschichte zu sein als Wirklichkeit. Er glaubte Zel, glaubte auch, dass sie keine andere Wahl gehabt hatte oder zumindest geglaubt hatte, keine zu haben. Aber er konnte sich nicht wirklich vorstellen, dass seine Mutter im Begriff gewesen war, ihn zu töten, und daher fiel es ihm schwer, mit Wut oder Groll an sie zu denken. Ob ihn das zu einem Schwächling machte? Was hätte Ash davon gehalten?
    Vor seinem inneren Auge lächelte Ash ihn an, und das beruhigte ihn. Ja, Ash entschied sich wahrscheinlich jeden Tag für Mitgefühl statt für Wut. Also würde Ash sich wahrscheinlich auch nicht dazu entscheiden, die Männer des Kriegsherrn zu töten. Er wünschte, Ash wäre hier.
    Als es stockdunkel war, pinkelte er gegen einen Baum, um sicher sein zu können, dass ihn nachher kein dringendes Bedürfnis überkommen würde. Dann ging er langsam auf das Lager zu. Einer der Männer hielt natürlich Wache, doch er lag auf dem Boden und betrachtete die Sterne statt die Straße. Mit ein wenig Glück schlief er sogar. Dann erkannte Flax, dass der Mann auf dem Bauch lag, nicht auf dem Rücken, und dass er weinte, wobei er sich bemühte, leise zu sein, indem er seine Schluchzer mit dem Stoff seines Ärmels dämpfte. Flax’ Herz zog sich zusammen. Es war ein Junge mit einem braunen Schal um den Hals. Weshalb musste ein Soldat weinen?
    Wo Rowan und Swallow schliefen, wusste Flax, nämlich
am Waldrand, gut postiert, um sich fortzustehlen. Narren waren die beiden nicht. Doch die Pferde befanden sich auf der anderen Seite des Lagers. War es besser, sich leise zu Fuß davonzumachen und Mud zurückzulassen? Erneut plagte ihn Unschlüssigkeit. Wenn sie zu Fuß unterwegs waren, würden die Männer des Kriegsherrn sie mühelos einholen. Die Erinnerung an die Hunde, die während seiner Verfolgung gebellt hatten, damals im Golden Valley, erleichterten ihm seine Entscheidung. Dieses Geräusch wollte er nie wieder hören.
    Statt Rowan aufzuwecken, glitt er daher über die Straße und schlich hinter der umgrenzenden Hecke bis zu der Stelle, wo die Pferde angebunden waren. Dann überquerte er die Straße und glitt leise zwischen sie. Währenddessen hämmerte sein Herz, und er war schweißnass. Die Pferde rührten sich nicht. Sie schnaubten leise und schnupperten an ihm. Er zählte darauf, dass die Pferde des Kriegsherrn es gewohnt waren, dass sich viele unterschiedliche Menschen um sie kümmerten, und damit behielt er auch Recht. Sie behandelten ihn nicht wie einen Fremden. Mud stieß andere aus dem Weg, um zu ihm zu gelangen, und wieherte dabei leise.
    Flax erstarrte. Doch von den Soldaten war kein Laut zu vernehmen. Pferde gaben nachts Geräusche von sich. Das war ganz natürlich.
    »Pst, Pst, jetzt«, murmelte er, tätschelte Mud an der Flanke und löste alle fünf Führzügel von den Pflöcken. Er nahm sich zwei Sättel und legte sie auf Muds Rücken, wobei er die Sattelgurte hochband, sodass sie nicht auf dem Boden schleifen würden. Mud schüttelte den Kopf, versuchte aber nicht, sie abzuschütteln. Es waren die kleinen, flachen Sättel, die gute Reiter verwendeten, sodass sie keine zusätzliche Last waren.

    Sanft und leise pfiff er dann das Signal für »Folge mir«, das sein

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