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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Wort nie verstanden. Aber jetzt verstehen wir es, Mattotaupa. Du hast auf einen Pfeilschuß die Sonne getroffen. Der Bogen ist dein. Du bist ein großer Krieger!«
    Unter einer fast ehrfürchtigen Bewunderung aller Umstehenden gab Brennendes Wasser die Waffe an den Dakota, der in den Zelten der Schwarzfüße lebte.
    »Dein Sohn aber«, fuhr Brennendes Wasser fort, »soll den besten der übrigen drei Bogen besitzen. Er mag wählen.«
    Mattotaupa blieb sehr ernst, aber seine und Harkas Augen leuchteten. »Die Krieger der Schwarzfüße sollen wissen, daß meine Pfeile ihre Pfeile und ihre Feinde meine Feinde sind, hau.«
    Langsam, feierlich gingen die Männer und die Jungen zum Dorf zurück. Harka erhielt im Häuptlingszelt einen vorzüglichen Bogen aus elastischem Holz, bespannt mit einer rot gefärbten Büffelsehne.
    Als Mattotaupa und Harka in das Zelt am Südende des Lagers gingen, um die neuen Waffen gut zu verwahren, fragte der Vater den Jungen: »Willst du nicht deinen alten Bogen wegwerfen?«
    »Nein, Vater. Diesen alten Bogen haben wir uns geschnitten und gespannt, als wir auf der Flucht allein in den Bergen und Wäldern lebten. Das vergesse ich nicht, und ich bewahre ihn auf, hau.«
    »Gut!«
    Das Ereignis wurde im ganzen Dorf bewundernd besprochen. Auch unter den Zehntausenden von Indianern, die mit Pfeil und Bogen aufwuchsen, gab es nur einige wenige, die sich einer absoluten Zielsicherheit rühmen durften, und zu diesen selten zu findenden Schützen mit den sichersten Augen und der sichersten Hand gehörten die beiden Gäste der Siksikau.
    Der Häuptling ließ jetzt durch den Herold den Beginn der Ratsversammlung der Ältesten ausrufen. Mattotaupa ritt mit einigen jüngeren Kriegern aus, um nach Büffelherden zu kundschaften. Harka und Stark wie ein Hirsch fanden sich zusammen und besprachen die Einzelheiten ihres Jagdausfluges für den kommenden Tag. Voller Freude und Eifer planten sie, was sie alles unternehmen wollten. Der Häuptlingssohn führte Harka zum Bach und zeichnete die Route in den Sand, die er mit Harka reiten wollte. Dabei fanden sich auch die übrigen Jungen ein, und ihre Sprache begann für Harka allmählich vertrauter zu klingen. Er konnte sich schon viele Worte merken.
    Abends machten die beiden Jungen Waffen und Feuerzeug zurecht, die sie mitnehmen wollten. Jeder hatte eine Lederdecke bereit, die dem Pferd umgeschnallt werden sollte und als Schlafdecke dienen konnte. Da Mattotaupa von dem Kundschafterritt noch nicht zurück war, schlief Harka bei seinem neuen Freunde Stark wie ein Hirsch im Häuptlingszelt, und die Frau des Häuptlings machte für beide Jungen den Proviant zurecht, der in der Hauptsache aus getrocknetem und zermahlenem Büffelfleisch bestand, einer sehr konzentrierten Nahrung, die haltbar war und sich in kleinen Beuteln verwahren ließ.
    Den beiden Buben war zumute, als ob sie in der letzten Nacht vor ihrem Ausritt schneller schlafen müßten, damit der Morgen rascher anbrechen konnte. Herrlich erschien die Sonne mit ihren Strahlen über der Prärie; mit reinem Goldschimmer kündigte sich ihre Herrschaft über Dunkelheit und Nebel an. Die Gräser glitzerten feucht, der Bach spielte mit dem Licht. Fische standen, leise die Flossen rührend, im flutenden Wasser, um dann plötzlich dahinzuschießen. Die Drosseln sangen; die Präriehunde, diese kleinen Nagetiere, äugten aus ihren Erdlöchern, und ihre Horchposten machten Männchen über dem weitverzweigten unterirdischen Bau. Vögel zogen hoch oben am Himmel; die Luft war trocken und leicht. Es war still ringsum.
    Stark wie ein Hirsch und Harka ließen ihre Tiere westwärts galoppieren. Schon hatten sie die Zelte weit hinter sich gelassen. Sie waren allein mit der großen Wildnis, der letzten Heimat eines freien Jägervolkes. Auf der Schwelle zwischen Knaben- und Jünglingsalter spürten sie alle ihre wachsenden Kräfte. Sie ritten gewandt wie Krieger, wußten die Kräfte der Mustangs einzuteilen und sich ohne Weg und Steg zurechtzufinden. Harka betrachtete die allmähliche Veränderung des Geländes mit der Spannung, die alles Neue in dem Wißbegierigen hervorruft. Das Ansteigen des Hochlandes zu dem großen Felsengebirge kündigte sich an. Die Grassteppe bekam ein ausgeprägteres Profil, Bodenwellen und Täler unterschieden sich schärfer, die Bäche waren wasserreich und strömten mit stärkerem Gefälle, und ihre Betten erschienen von Mal zu Mal tiefer, endlich schluchtartig eingegraben. Erlen und Weiden grünten an den

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