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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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war an Überraschungen in seinem abenteuerreichen Leben gewöhnt, aber der Anblick, der sich ihm jetzt bot, verblüffte ihn doch. Drei splitternackte dürre Gestalten hinkten und wankten daher, ein vierter saß auf einem prächtigen Mustang, der von einem Indianer geführt wurde, aber nicht auf vernünftige Weise. Der Indianer hatte den Zügel nicht in der Hand, sondern hatte den Arm durchgesteckt.
    Jim ruckte sich ein wenig auf, denn er glaubte, den Indianer zu erkennen. »Top! Top!« Jim schrie laut, voller Freude; er hatte die Hände an den Mund gelegt, um den Ton zu verstärken.
    Der kleine Zug hielt an, der Indianer wandte den Kopf und rief zurück. »Jim! Mein weißer Bruder!«
    Der Jäger sprang auf und rannte mit großen Sätzen, den Oberkörper vorgebeugt, die Büchse in der Hand, zu der Gruppe hin.
    »Top, wahrhaftig!« Er betrachtete die übrigen vier mißtrauisch. »Was hast du da für Gespenster aufgelesen?«
    »Expedition«, sagte der Indianer nur.
    »Etwa den Rest der Vergifteten? Du als ihr Retter? Großartig!« Jim schloß sich der Gruppe an. Der Mond schien noch, und sobald die Gruppe aus dem Schatten in sein Licht gelangte, betrachtete Jim seinen Freund Top, das Pferd und die vier stark ramponierten Weißen näher.
    Der Mustang war wirklich prächtig, und Jim glaubte dieses Tier schon einmal gesehen zu haben. Die Hände Tops hingen nicht richtig in den Gelenken, und Waffen waren überhaupt bei keinem der fünf zu sehen. Da schien sich einiges abgespielt zu haben. Jim fragte aber nicht, weil er damit gegen die Gewohnheiten indianischer Höflichkeit verstoßen hätte, die er genau kannte, wenn er sie auch selten beachtete. Aber Top gegenüber befleißigte er sich eines Benehmens, das eines Häuptlings würdig war. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, brachte er die erschöpften Menschen bis zu dem Blockhaus.
    Bei der Umzäunung, in der die Pferde untergebracht werden konnten, hob Mattotaupa den jungen Henry vom Pferde herunter und lehnte ihn wie ein Scheit Holz an den Zaun, damit er nicht umfiel. Er bewerkstelligte das alles geschickt mit den Armen, ohne die Hände gebrauchen zu können. Dann brachte er den Mustang in die Umzäunung und begab sich mit Jim zusammen, gefolgt von den vier halb verhungerten, fast verdursteten Männern, in das Blockhaus.
    Als die sechs eintraten, wurde es im Hause still. Denjenigen, die eben noch gesprochen hatten, blieb das nächste Wort im Halse stecken.
    Ben war der erste, der die Sprache wiederfand. »Men- schenskin-der …! Jetzt aber Brandy her! Zahlst du, Jim?«
    »So wie ich bei dir zu zahlen pflege, alter Gauner!«
    »Ein Blutsauger bist du, du rothaariger Teufel. Also ich spendiere mal wieder für dich und deine Gäste.«
    »Das würde ich dir auch empfehlen.«
    Jim schaute sich um und entdeckte, daß an seinem Stammtisch links hinten in der Ecke immer noch der kleine Schmierige saß, dem der Kopf auf die Arme gesunken war. Ben eilte hin, um die Tischplatte abzuwischen. »Bitte sehr, die Herren … und ich werde mal paar Hosen und Decken bringen.«
    »Meine ich auch«, sagte Jim trocken.
    Mattotaupa wählte instinktiv den Platz an der Rückwand, der dem dort Sitzenden eine sichere Rückendeckung gewährte. Jim setzte sich neben ihn auf die Wandbank, und dann ließen sich auch die erschöpften vier nieder. Der kleine Schmierige hob den Kopf ein wenig, blinzelte, schlief aber wieder ein.
    Jim betrachtete sich die vier weißen Ankömmlinge nochmals und nickte vor sich hin. »Da haben die Indsmen, scheint’s, ganze Arbeit gemacht! Man wird eine Strafexpedition gegen sie zustande bringen, denke ich. Wenn nur erst der Bürgerkrieg vorüber ist.«
    Mattotaupa horchte auf.
    Das Thema wurde aber nicht weitergesponnen, denn Ben kam mit Bechern und einem Krug Branntwein. Gleich darauf holte er aus großen, schweren, sorgfältig verschlossenen Kisten einige Decken heraus und hängte sie den Halbtoten um. Von den anderen Tischen schielten die Gäste herüber.
    Joe war der erste, der nach dem Branntwein griff. Jim tat ihm Bescheid. Dann wandte sich der schwarz-rot-haarige Jäger an Mattotaupa: »Was ist denn mit deinen Händen? Hängen ganz schief. Soll ich einrenken?«
    »Hau.«
    Jim griff zu. Er hatte Bärenkräfte, es ging alles schnell, und der Indianer zuckte mit keiner Miene. Es war ihm auch nicht anzusehen, welche Erleichterung er empfand, als die Gelenke eingerenkt waren.
    »Wie ist das mit einem Bärenschinken?« fragte Jim den Wirt. »Leider ausgegangen. Aber

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