Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition)
Messinglampe stand. Ihre Flamme flackerte nicht, sondern stand still und bewegungslos, als wäre der Raum in durchsichtigem Bernstein eingeschlossen.
»Was Ihr hier seht, ist dieser Raum, wie er vor einer Woche war«, sagte Bashaarat. »In zwanzig Jahren wird diese Seite des Portals Menschen Einlass gewähren und ihnen erlauben, so in die Vergangenheit zu gelangen. Oder«, sagte er und führte mich zurück auf die Seite des Portals, die er mir zuerst gezeigt hatte, »wir gehen durch die rechte Seite und besuchen diese Menschen selbst. Aber ich muss leider sagen, dass dieses Portal niemals genutzt werden kann, damit Ihr die Tage Eurer Jugend wiederseht.«
»Was ist mit dem ›Tor der Jahre‹, das Ihr in Kairo hattet?«, fragte ich.
Er nickte. »Das steht noch. Mein Sohn führt den Laden dort für mich.«
»Ich könnte also nach Kairo reisen, dort das Portal benutzen, um in das zwanzig Jahre in der Vergangenheit liegende Kairo zu gelangen. Von dort könnte ich dann zurück nach Bagdad reisen.«
»Ja, diesen Weg könntet Ihr gehen, wenn Ihr es wünscht.«
»Von ganzem Herzen«, erwiderte ich. »Werdet Ihr mir den Weg zu Eurem Geschäft in Kairo weisen?«
»Zuerst müssen wir einige Dinge besprechen«, sagte Bashaarat. »Ich frage nicht nach Euren Beweggründen, sondern warte damit gerne, bis Ihr bereit seid, sie mir anzuvertrauen. Ich möchte Euch aber daran erinnern, dass Ihr das, was geschehen ist, nicht rückgängig machen könnt.«
»Das weiß ich«, sagte ich.
»Und Ihr könnt den Euch zugewiesenen Prüfungen nicht aus dem Weg gehen. Ihr müsst akzeptieren, was Allah Euch gegeben hat.«
»Dessen erinnere ich mich an jedem Tag meines Lebens.«
»Dann ist es mir eine Ehre, Euch, soweit ich es vermag, zu helfen«, sagte er.
Er legte sich etwas Papier, einen Stift und Tinte zurecht und begann zu schreiben. »Ich gebe Euch einen Brief mit, der Euch auf Eurer Reise hilfreich sein wird.« Er faltete den Brief, tropfte etwas Wachs auf den Rand und drückte seinen Ring hinein. »Gebt ihn meinem Sohn, wenn Ihr Kairo erreicht, und er wird Euch durch das ›Tor der Jahre‹ treten lassen.«
Ein Kaufmann wie ich musste wohlbewandert sein in der Kunst, seinem Dank Ausdruck zu verleihen, doch noch niemals zuvor habe ich jemandem so überschwänglich gedankt, wie ich nun Bashaarat dankte, und jedes meiner Worte kam von Herzen. Er erklärte mir den Weg zu seinem Geschäft in Kairo, und ich beteuerte, ihm alles zu erzählen, sobald ich zurückkehren würde. Ich war gerade dabei, seinen Laden zu verlassen, als mir etwas einfiel. »Das ›Tor der Jahre‹ hier führt in die Zukunft. Seid Ihr Euch denn sicher, dass dieser Laden in zwanzig Jahren und darüber hinaus noch vorhanden sein wird?«
»Ja, das wird er«, sagte Bashaarat.
Ich wollte ihn schon fragen, ob er seinem älteren Ich begegnet sei, hielt aber dann meine Worte zurück. Wäre seine Antwort nein gewesen, hätte das sicherlich bedeutet, dass sein älteres Ich bereits gestorben war, was mich zu der Frage geführt hätte, ob er wüsste, wann er sterben würde. Wer war ich, ihm so eine Frage zu stellen, wenn dieser Mann mir einen Gefallen tat, ohne meine Absichten wissen zu wollen? An seinem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass er wusste, was für eine Frage mir auf der Zunge lag, und ich senkte in demütiger Entschuldigung das Haupt. Mit einem Nicken deutete er mir seine Vergebung an, und ich kehrte nach Hause zurück, um Vorbereitungen zu treffen.
Die Reise der Karavane nach Kairo würde zwei Monate dauern. Was mir in dieser Zeit durch den Kopf ging? Nun, ich erzähle Eurer Majestät jetzt, was ich Bashaarat verschwiegen habe. Zwanzig Jahre vor alledem war ich mit einer Frau namens Najya verheiratet gewesen. So anmutig, wie die Äste des Weidenbaumes sich wiegen, bewegte sie ihren Körper, und ihr Antlitz war so liebreizend wie der Mond, doch war es ihr freundliches und sanftes Wesen, mit dem sie mein Herz für sich einnahm. Wir hatten geheiratet, als ich gerade mit meiner Laufbahn als Kaufmann begonnen hatte, und so waren wir zwar nicht wohlhabend, doch fehlte es uns auch an nichts.
Erst ein Jahr lang waren wir Mann und Frau, als ich nach Basra reiste, um mich mit einem Schiffskapitän zu treffen. Er bot mir eine Gelegenheit, mit dem Handel von Sklaven reichlich Gewinn zu machen, doch Najya hieß mein Vorhaben nicht gut. Ich rief ihr ins Gedächtnis, dass der Koran den Besitz von Sklaven nicht verbot, solange man sie gut behandelte – ja, dass sogar
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