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Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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…“
    „Das Heilige Amt könnte dafür sorgen, daß man sie ein wenig stutzt, damit sie dich nicht mehr bei der Arbeit stört.“
    Mit sichtbarem Schlucken und fest geschlossenem Mund machte sich der Soldat an seine Arbeit, und die anderen sprangen herbei, um ihm zu helfen. Sie hätten den Priester leicht überwinden können, aber der war ihnen offensichtlich eine Nummer zu groß. Rasch kleideten sie Bruder Paul wieder in seine Lumpen und banden ihm mit einem Stück Tuch die Hände auf dem Rücken. Offensichtlich jagte die bloße Erwähnung des Heiligen Amtes einen Schauder durch das stärkste soldatische Herz.
    „Gut gemacht“, sagte der Priester grimmig. Nebenbei hob er zwei Finger zu einem lässigen Segen. „Gott sei mit euch. Geht nun eurer Wege.“
    Die Soldaten verbeugten sich. „Danke, Vater“, sagte einer von ihnen, und eilig machten sie sich auf den Weg. Nach wenigen Augenblicken waren sie nicht mehr zu sehen.
    Vom Regen in die Traufe?
    Wieder betrachtete der Priester Bruder Paul eindringlich. Mit der einen Hand hob er ein Kruzifix. „Missetäter, küsse das göttliche Symbol deines Erlösers“, bellte er befehlend.
    Die Erinnerung an den Freund, der an jenem Kreuz gelitten und geblutet hatte, war noch zu frisch. „Leck mich am Arsch“, murmelte Bruder Paul in Englisch. Er hatte über die korrupten, weltlich orientierten mittelalterlichen Priester gelesen, und dieser schien für seine Kaste typisch zu sein. Von den Qualen sprach er schneller als von der Liebe Jesu. Dann lieber die Grobheiten der Soldaten – immerhin waren diese aufrichtig und nicht solche Heuchler. Als sich Jesus Christus auf den Weg zu seiner zweiten Kreuzigung gemacht hatte, hatten Männer dieser Sorte schon auf ihn gewartet.
    „Ich könnte Euch die Ohren nehmen, damit sie an die Euren geschickt werden“, meinte der Priester warnend. Doch dann lächelte er. „Kennt Ihr mich nicht, Bruder Paul?“
    Erstaunt erkannte ihn Bruder Paul. „Der Gaukler!“
    „Stolpere weiter, Freund – die Schurken könnten Verdacht schöpfen. Wenn wir sicher sind, werde ich Euch freilassen.“ Und der Gaukler gab ihm einen Stoß in den Rücken, hinter dem aber keine Kraft saß. Was für ein glänzender Schauspieler!
    Bruder Paul stolperte mit gebeugtem Rücken weiter. „Wie … wie habt Ihr …?“
    „Ich bin Euch gefolgt, weil ich mich über Euch nicht sicher war. Als ich den Eindruck gewann, daß Ihr es ehrlich meint, habe ich eine meiner Verkleidungen angelegt, in denen ich ziemlich perfekt bin.“
    „Gerade rechtzeitig! Sie wollten mich umbringen! Aber warum habt Ihr …?“
    Der Gaukler schüttelte bedauernd den Kopf. „Mein Freund, ich muß mich entschuldigen. Ich habe Euch für einen Spion der Inquisition gehalten, aber ein solcher Spion hätte niemals das Lied der Ketzer gesummt oder hätte geduldet, von diesen Soldaten so gedemütigt zu werden, und einen Eunuchen hätte man bei dem Heiligen Amt niemals zugelassen. Ich merkte, daß ich Euch falsch eingeschätzt hatte.“
    „Bei der Inquisition? Ich?“ Bruder Paul lachte. „Ich verabscheue die Repressalien der Inquisition!“
    „Ich auch. Wenn ich in die Hände dieser Institution geriete …“ Ernst schüttelte der Gaukler den Kopf.
    „Aber warum sollten sie Euch behelligen? Einen fahrenden Sänger und Gaukler, wie begabt Ihr auch immer sein mögt?“
    „Freund, ich muß gestehen, daß ich mehr tue als nur mit Stöcken zu jonglieren“, sagte der Gaukler und band Bruder Paul los. „Ich bin ein barba, ein Onkel.“
    „Onkel?“ wiederholte Paul in Unverständnis. Ihm fiel ein, daß auch Satan diesen Begriff gebraucht hatte.
    „Ein Missionar der Waldenser.“
    „Die Waldenser!“ Diesen Namen hatte Bruder Paul schon früher gehört. Eine alte Sekte, die wegen ihres häretischen Glaubens verfolgt worden war.
    „Mein Partner fiel dem Schwarzen Tod zum Opfer. Ich hätte ihn gerettet, wenn ich gekonnt hätte – aber er stand in Gottes Hand, nicht in der meinen. Nun ziehe ich allein weiter, denn wir müssen den Gläubigen helfen. Wenn ich auch befürchte, daß meine Mission von unzulänglicher Natur ist.“
    Nun legte der Gaukler rasch das Priestergewand ab. Die Innenseite war ein bäuerliches-zaubrisches Gewand. Mit einem verächtlichen Lächeln schob er das Silberkreuz in die Tasche. Nun begriff Bruder Paul die Notwendigkeit der überzeugenden Schauspielerei des Mannes. Die Lebenserwartung eines notorischen Ketzers war gewiß gering. Um wie vieles geringer sie wohl für

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