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Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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sondern in den Bergen; aber er brauchte das Wasser hier, nicht eine Meile weit entfernt.
    Er taumelte, ihm wurde schwindlig. Er fühlte sich fiebrig, wußte aber, daß er keine Möglichkeit hatte, seine Temperatur objektiv zu messen. Die Haut juckte.
    Langsam dämmerte ihm die Erkenntnis. Er hatte diese Symptome schon kennengelernt. Bei dem Gaukler – bevor er starb.
    Er hatte die Pest!
    Kopfüber fiel Bruder Paul zu Boden und rollte ein Stück beiseite. Er sah den Mond an dem düsteren Abendhimmel. Isis, die Göttin Luna, das Symbol der weiblichen List, starrte ihn unheimlich an, als Halbmond, als weiblicher Schoß. Irgendwo heulte ein Hund.
     
    Es war kaum Zeit verstrichen – aber ihm kam es wie eine Ewigkeit vor, angefüllt mit Erbrechen, brennendem Durst und Schmerzen. Entdeckung – Ausrufe: „Bringt ihn von der Straße!“ Aber er blieb, wo er war, weil niemand ihn anzurühren wagte, um nicht angesteckt zu werden. Dann kam jemand, der sich bereit erklärte, und man warf Bruder Paul auf eine Karre. Er rumpelte weiter – wohin? Offensichtlich zu einem Massengrab für die Opfer der Pest.
    Er versuchte etwas zu sagen, doch sein Mund wollte nicht mehr, und das Geräusch der Räder war zu laut. Was würde es auch bewirken? Er würde ohnehin bald tot sein. Satan hatte ihm seinen Wunsch gewährt. Er hatte sich nicht das Leben gewünscht. Nicht sein Leben jedenfalls.
    Lichter: Lichter in der Nacht. Häuser ragten auf. Er geriet in eine städtische Hölle. Der Teufel, der die Karre zog, blieb stehen, um sich mit einem anderen Teufel vor dem Tor irgendeiner Folterkammer zu unterhalten. Geld wechselte den Besitzer. Geld, die Wurzel allen Übels. Wie passend, daß es auch die Rituale der Hölle beherrschte. Dann kamen die beiden zurück zu Bruder Paul, schleppten ihn aus dem Wagen und zogen ihn durch ein schmales Tor in das Gebäude. Sie schleppten ihn eine Treppe hinauf und legten ihn schließlich auf eine Pritsche. Vielleicht eine Vivisektion, um die Feierlichkeiten zu beginnen.
    Bewußtlosigkeit. Irgend etwas vor seinem Gesicht: Er spürte etwas Nasses. Die Wasserfolter! Aber er fühlte sich so ausgedörrt, daß er es schlucken mußte. Dann andere Foltern: bittere Kräuter, die er essen mußte, kalte Waschungen, Schlaf.
    Dann erwachte er in einem sauberen Bett. Ein Mann, ungefähr in seinem Alter, beugte sich über ihn. Er trug einen dunklen Vollbart, über den dunkle, scheinbar verhüllte Augen blitzten. „Ich glaube, den Nadir habt Ihr hinter Euch gelassen, Fremder.“ Die Stimme klang vertraut.
    „Ich habe den Schwarzen Tod in mir“, sagte Bruder Paul. „Mein Begleiter ist daran gestorben.“
    „Das tun viele. Ihr wart nahe daran. Aber ich kenne mich mit Kräutern aus, und Ihr habt eine gute Konstitution.“ Er zog einen hölzernen Stuhl heran und setzte sich neben das Bett. „Die Frage ist nur, warum hat ein kastrierter, waldensischer barba, von der Pest befallen, meinen Namen gerufen?“
    Verwirrt betrachtete ihn Bruder Paul. „Euren Namen?“
    „Ich bin Abraham, der Jude.“
    Er verstand. „Mein Begleiter erwähnte vor seinem Tod zwei Namen. Einer davon war der Eure. Ich habe nicht gemerkt, daß ich ihn rief.“
    „Ein Glück, daß Ihr es tatet. Ich interessiere mich für sonderbare Dinge – Magie und Zauberei und seltsame Glaubensrichtungen. Als der Totengräber meinen Namen hörte, brachte man Euch hierher. Ich habe gleich erkannt, daß Ihr einer Ketzersekte angehört – aber was bedeutet einem Juden schon eine christliche Ketzerei? Ich habe weder Euer Geheimnis verraten noch Euch ins Massengrab zum Sterben bringen lassen. Durch Neugier gereizt, habe ich sie bezahlt und Euch zu trinken und Arznei gegeben. Jetzt will ich meine Belohnung: Vollständige Information über Euch und Eure Zauberei.“
    Konnte er diesem Mann trauen? Spielte es eine Rolle? Offensichtlich befand er sich nicht in der richtigen Hölle, sondern in einer Fortsetzung der Vision vom Mittelalter. Bruder Paul beschloß, ihm die Wahrheit zu sagen oder zumindest so viel davon wie verständlich war. „Ich bin kein barba. Ich bin ein Fremder in diesem Reich, der sich mit einem waldensischen Missionar anfreundete, der seinen Begleiter verloren hatte. Dann starb auch er, und ich habe seinen Platz eingenommen.“
    „Eine riskante Rolle. Seid Ihr Euch nicht bewußt, was man mit Ketzern anstellt?“
    „Ich war auf der Flucht vor dem Heiligen Amt, als ich krank wurde“, gab Bruder Paul zu.
    „Ihr sagt, der barba habe meinen Namen

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