Die Hoellenaxt
um.
»Das ist kein Spaß«, sagte der Chef der Truppe. »Nein, das ist verdammt kein Spaß.«
Ich fragte den Kollegen: »Haben Sie schon eine Idee, wie der Mensch umgebracht worden ist?«
»Das kann eine Axt gewesen sein.« Diesen Satz flüsterte Glenda Perkins. Sie war an mich herangetreten, ohne dass ich es bemerkt hatte.
Der Kollege rieb nachdenklich seine rechte Wange. »Dann müsste der Mörder ja mit einem solchen Gegenstand herumrennen.«
»Das ist durchaus möglich«, bestätigte ich, ohne allerdings zu sagen, dass wir ihn bereits gesehen hatten. Ich fragte dann den Kollegen, ob er sich einen Grund vorstellen könnte, dass es gerade diese Person erwischt hatte.
Der Mann lachte. »Tja, ich kann Ihnen keinen direkten Grund nennen, aber einen indirekten schon. Einer wie Ashley Cole hat bestimmt nicht nur Freunde gehabt. Das Wettgeschäft ist hart. Man kann sogar von rücksichtslos sprechen. Da wird mit harten Bandagen gekämpft, das kann ich Ihnen sagen.«
»Ja, das kann man meinen.« Ich zuckte mit den Schultern. »Nur passt die Axt als Mordinstrument nicht dazu, falls es sich um eine solche handelt. Die ist mir zu archaisch.«
»Da haben Sie recht. Ich kenne auch keinen, der mit einer Axt durch die Nacht läuft. Das passt eher zu einem Amokläufer. Aber das hier sieht mir sehr gezielt aus. Ich gehe mal davon aus, dass es sich um einen Raubmörder handeln könnte.«
»Auch nicht schlecht«, sagte ich.
»Und deshalb werden wir unsere Untersuchungen darauf richten.« Der Kollege zuckte mit den Schultern. »Ich kann mir auch vorstellen, dass der Killer hier aus dem Viertel stammt.«
»Ist es ein besonderes?«
»Nein, das nicht. Ich kann nicht sagen, dass wir hier eine besonders auffällige Verbrechensquote haben. Da gibt es andere Ecken in London, aber da sage ich Ihnen bestimmt nichts Neues.«
»So ist es.« Es war so etwas wie ein Abschluss. Auch Glenda sah ich an, dass sie keine Lust hatte, länger an diesem Tatort zu bleiben.
Wir verabschiedeten uns von dem Kollegen und versprachen, in Kontakt zu bleiben. Nachdem wir uns ein paar Schritte entfernt hatten, sprach Glenda mich an.
»Na, was denkst du?«
»Wir haben es hier mit einem Phänomen zu tun. Eine Axt, die sich selbstständig bewegt.«
»Oder gelenkt wird …«
»Kann auch sein.«
»Aber von wem?«, fragte Glenda.
Die Antwort lag mir schnell auf der Zunge. Sie war leicht zu geben, aber ich schluckte sie hinunter, weil sie mir im nächsten Moment doch nicht mehr so leicht vorkam.
Ich schüttelte den Kopf. »Sorry, Glenda, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es der Kerl gewesen ist, den wir neben der Axt haben hergehen sehen.«
»Warum nicht? Die Axt tat wohl das, was er wollte.«
»Bist du dir sicher?«
»Ich sehe es so. Aber du nicht, wie ich merke.«
»Genau.«
»Und warum nicht?«
»Das kann ich dir sagen. Er hat mir nicht den Eindruck gemacht, als wäre er der große Macher.«
Glenda überlegte. »Kann sein«, sagte sie schließlich und versuchte ein Lächeln, was ihr nicht ganz gelang. »Du traust es ihm nicht zu – oder?«
»Ja, das ist so.«
»Und weiter?«
»Wenn er es nicht war, dann hat man ihn als Mittel zum Zweck benutzt.«
»Super«, spottete sie, »und wer könnte das sein?«
»Ich weiß es nicht. Aber es wird unsere Aufgabe sein, es herauszufinden.«
»Ja, dann jagen wir die Axt.« Glenda sprach den nächsten Satz leiser aus. »Oder sie jagt uns!«
»Meinst du?«
»Könnte ich mir vorstellen. Wir sind zwar nicht Zeuge des Mordes geworden, aber wir wissen jetzt, wer es getan hat. Und das wird der Killer kaum hinnehmen wollen.«
Das war nicht schlecht gedacht. Wir konnten damit rechnen, einen Feind zu haben, der letztendlich keine Rücksicht kannte. Ein angenehmes Gefühl war es nicht.
»Was tun wir?«, fragte Glenda.
»Denk daran, dass ich dich nach Hause bringen wollte.«
»Und dann?«
»Werde ich bei dir bleiben. Einer muss ja versuchen, dir Schutz zu geben, sollte diese Axt angreifen.«
Sie sah mich an. Länger an als gewöhnlich. »Ja, ja«, sagte sie, »so kann man es auch ausdrücken.«
»Ist das denn so falsch?«
»Nein, ganz und gar nicht.« Sie lachte und lehnte sich an mich. »Komm, lass uns fahren, sonst stehen wir in zwei Stunden noch hier und diskutieren.«
Da hatte sie ein wahres Wort gesprochen …
***
Rod Miller war zwar bei der Tat nicht gesehen worden, aber es ärgerte ihn schon, dass es jemanden gab, der ihn gesehen hatte. Zwei Zeugen. Eine Frau und ein Polizist. Und
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