Die Hoffnung ist gruen
angebliche Handverletzungen erholt hatte, war es ihm gelungen, Karim und seinen Vater zu beruhigen. Er hatte ihnen zugesagt, dass man im Laufe der Woche an einer Lösung des âZimmer-problemsâ arbeiten würde. Zu seinem Erstaunen hatten sich die beiden damit fürs Erste zufriedengegeben.
âKlar, der ist schon ziemlich komisch drauf. Aber anscheinend kommt der auch aus einer echt miesen Gegend. Da muss man wohl so gewalttätig werdenâ, lenkte Karim sogar ein.
Frank Münkel war sichtbar erstaunt darüber. Nach Karims kurz zuvor rigoros vorgetragenen Forderung, nicht eine Nacht länger mit Marius das Zimmer teilen zu wollen, hatte er das absolut nicht erwartet.
Dennoch wollte er dem so nicht zustimmen. âMarius ist nicht gewalttätig. Und auÃerdem muss man nicht zwangsläufig gewalttätig oder sogar kriminell werden, nur weil man unter schlechten Lebensumständen aufwächst. Aber sicherlich hast du recht, wenn du sagst, dass Marius ein paar Probleme hat.â
Mehr wollte er dazu nicht sagen und gab den beiden, durch seine Körperhaltung und seinen Gesichtsausdruck, das auch ganz klar zu verstehen.
Karims Vater verabschiedete sich kurz darauf, während Karim in sein Zimmer ging. Und Frank Münkel war heilfroh, dass er das Gespräch hinter sich gebracht hatte.
Eine knappe Stunde später war Marius wieder im Internat aufgetaucht.
Frank Münkel war auf das Schlimmste gefasst gewesen. Doch vor ihm stand ein für seine Verhältnisse gut gelaunter Marius und hatte, auÃer einem breiten hautfarbenen Pflaster quer über die Knöchel seiner linken Hand, keinerlei sichtbare Verletzungen an den Händen.
âIch wollte mich nur zurückmeldenâ, sagt er und grinste dabei sogar ein bisschen.
Frank Münkel schaute ihn einen Moment schweigend an. SchlieÃlich räusperte er sich und sagte: âWas ist mit deiner Hand? Hast du dich verletzt?â
Das Grinsen verschwand von Mariusâ Gesicht. âJa, das war echt blöd von mir. Ich habe mich über mich selbst geärgertâ, gab er offen zu und lieà den Kopf hängen. âSie hatten schon mit der einen oder anderen Sache recht, die Sie mir am Freitag gesagt haben. Na ja, und da habe ich in meiner Wut gegen die Wand geboxt. Ich weiÃ, das war total dumm, aber es musste einfach raus.â
Auf Frank Münkels Stirn tauchte eine steile Falte auf. Er nickte. âStimmt, das war mehr als dumm. Sich selbst zu verletzen, hat nicht viel mit Intelligenz zu tun.â
Er machte einen Schritt auf Marius zu, streckte seine Hand aus und sagte etwas versöhnlicher: âZeig mal her. Wie schlimm ist es denn?â
Marius folgte seiner Aufforderung. Aber bis auf das Pflaster war wirklich nichts Besorgniserregendes zu erkennen.
âIch war bei meinen Zieheltern.â Marius wunderte sich selbst, dass er Nele und Haro seine
Zieheltern
genannt hatte. Diesen Ausdruck hatte er noch niemals zuvor verwendet. Aber plötzlich kam es ihm richtig vor. Genau das waren die beiden schlieÃlich: Lisas und seine
Zieheltern
âNele, also ich meine Frau Bartels ist Krankenschwester. Sie hat meine Hände verarztet und auch gleich festgestellt, dass es nicht so schlimm ist, wie es zunächst aussah. Bis auf den Riss an der linken Hand habe ich auch überhaupt keine Schmerzen mehr. Ich kann morgen auch ganz normal mittrainieren â¦â Marius stockte und fügte schlieÃlich leise hinzu: âWenn ich darf.â Das war keine Frage, es war eine Bitte.
Frank Münkel zog die Luft scharf zwischen den Zähnen ein.
âDas kann ich nicht entscheiden, Marius. Das entscheidet der Trainer. Aber zunächst wird morgen früh der Doc einen Blick draufwerfen. Noch vor der Schule. Klar?â Auch das war keine Frage, sondern eine genaue Anweisung.
Marius beeilte sich zu nicken und war froh, dass er danach entlassen war und auf sein Zimmer gehen durfte.
Frank Münkel schaute ihm kopfschüttelnd hinterher. Dennoch war er beruhigt. Der Junge hatte auf ihn noch nie so gefasst und mit sich selbst im Reinen gewirkt wie in diesem Moment. Das Wochenende bei seinen Zieheltern, wie er sie genannt hatte, war ihm sichtlich gut bekommen.
Daran musste Frank Münkel nun, am Montagmorgen, denken, als ihn das Läuten seines Handys wieder in die Gegenwart zurückholte.
âMünkelâ, krächzte er ins Telefon und begann dann heftig zu husten, weil sich ein
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