Die Hoffnung ist gruen
sozialen Brennpunkt. Verbrecher kommen in den Köpfen einiger Leute offenbar immer noch ausschlieÃlich aus dem Ghetto. Marius hat sich deshalb die Schuld an Amelies Tod gegeben. All die Monate. Wenn sie nicht seine Freundin gewesen wäre, dann wäre Amelie auch nicht in den Stadtpark gegangen und dort ihrem Mörder begegnet â¦â Erneut stockte Haro und schluckte schwer. Noch einmal nutzte Frank Münkel die kurze Pause, um etwas zu sagen. âAber warum fühlt er sich schuldig? Das ist doch total hirnrissig.â
Haros Stimme klang bitter, als er es ihm erklärte. âSie hatten sich im Park verabredet. Aber er hatte doch dieses wichtige Spiel am Wochenende, zu dem sich der Talentscout vom VfL angekündigt hatte. Deshalb haben wir länger als üblich trainiert. AnschlieÃend haben wir noch im Vereinshaus zusammengesessen. Marius ist nicht zu der Verabredung erschienen.â
âIch versteheâ, murmelte Frank Münkel nun hörbar betroffen. âUnd nun ist er der Meinung, dass er für ihren Tod verantwortlich ist.â
âJaâ, hauchte Haro.
âDas erklärt natürlich so einigesâ, stellte Frank Münkel fest. âSein abweisendes Verhalten den anderen gegenüber und diese ständige unterschwellige Aggression. Marius kam uns in den ganzen Monaten immer unglaublich traurig und irgendwie wütend vor. Andrerseits schien ihn aber genau diese Wut anzutreiben. So talentiert und ehrgeizig, aber so übertrieben unbeherrscht und aggressiv.â Frank Münkel atmete vernehmlich durch. âDas hätten wir wissen müssen, Herr Bartels.â
Mit dem Vorwurf hatte Haro gerechnet. Dennoch ärgerte es ihn.
âIch habe es Marius versprochenâ, verteidigte er sich und bemerkte selbst, dass seine Stimme eine Spur zu patzig geklungen hatte.
âNa ja, Herr Bartels, wie auch immer. Und jetzt befürchten Sie, dass die Nachricht, dass Amelies Mörder aufgegriffen wurde, Marius wieder völlig aus der Bahn werfen könnte. Habe ich das richtig verstanden?â
Hast du, dachte Haro. Was du aber nicht verstanden hast, ist, wie es in dem Jungen aussieht.
âDas ist meine Befürchtung. Wie schätzen Sie das Ganze ein?â erwiderte Haro in sachlichem Ton.
Frank Münkel lieà sich Zeit mit seiner Antwort. âÃhnlich wie Sie. Wir sollten deshalb klären, wer Marius davon erzählt. Ich denke, wenn er es von Ihnen am Telefon erfährt, ist das nicht so gut. Vielleicht ist er auch zu sehr emotional mit Ihnen verbunden. Ich schlage vor, wenn es Ihnen recht ist, dass ich mit Marius rede.â
âDann erfährt er aber, dass ich Ihnen von Amelie erzählt habeâ, gab Haro zu bedenken.
âWas ist Ihnen lieber, Herr Bartels, dass der Junge âne Weile sauer auf Sie ist oder dass er schonend von der Nachricht erfährt?â
âNa ja, die Frage stellt sich eigentlich nichtâ, erwiderte Haro.
Sie brachten das Gespräch zu Ende, ohne einander wirklich zu verstehen.
Als Haro das Telefon wieder zurück auf die Station gelegt hatte, hingen Frank Münkels vorwurfsvolle Worte noch in der Luft. Haro fühlte sich irgendwie schuldig und ärgerte sich darüber.
Das hätten wir aber wissen müssen
. Ja, ja, wir hätten auch vieles wissen müssen, dachte Haro bitter.
Er ging zum Fenster hinüber und schaute hinaus. Er sah Amelie vor sich. Ihre schmale Gestalt, die schwarzen Haare, das immerfröhliche Gesicht. Er hörte sie Marius auf dem FuÃballplatz anfeuern. Das zarte Geschöpf war zu Tönen und Lauten fähig, die man ihm überhaupt nicht zugetraut hätte. Ganze Arien hätte Amelie mit ihrer Stimme schmettern können. Und ihre Begeisterung, ihre Lebensfreude und die vielen aufbauenden Worte, mit denen sie Marius stets bedacht hatte, wenn er Frust schob, ihm der Antrieb fehlte, weil mal wieder nicht alles so lief, wie er sich das wünschte.
Immer wieder hatte sie ihm Mut zugesprochen.
Du schaffst das, Marius. Du musst nur an dich glauben, dann kannst du alles schaffen!
Haro war nie zuvor zwei so jungen Menschen begegnet, die so sehr füreinander geschaffen zu sein schienen. Die sich so ergänzten und bedingungslos liebten. Lisa hatte sich oft bei ihm oder Nele darüber beschwert. Seitdem Marius mit Amelie zusammen war, fühlte sie sich ständig zurückgesetzt. Plötzlich musste sie ihren Bruder mit jemand teilen. Sie hatte oft über
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