Die Hoffnung ist gruen
hatte. Eine eiskalte Leere, die mich erschauern lieÃ. Ich konnte es nicht ertragen und senkte den Blick.
âAch, Marius, fahr zurück nach Wolfsburg und spiel FuÃball. Davon hast du wenigstens Ahnungâ, sagte sie spöttisch.
Ich schnappte nach Luft und suchte gleichzeitig nach den richtigen Worten. Nele kam mir abermals zu Hilfe.
âIch schlage vor, ich koche jetzt erst mal was Leckeres und dann essen wir alle zusammen. Mit gefülltem Magen lässt es sich bekanntlich leichter reden.â
Ich weià nicht, ob Nele diese Weisheit in diesem Moment selbst erfunden hatte. Wie auch immer, in unserem Fall traf sie tatsächlich voll ins Schwarze.
Nach dem Essen war die Stimmung entspannter. Lisa blieb zwar etwas einsilbig, aber wirkte lange nicht mehr so obercool und abweisend.
Als sie sich schlieÃlich von mir verabschiedete, legte sie mir beinahe beruhigend ihre schmale Hand auf den Arm.
âDu brauchst dir keine Sorgen zu machen, Marius. Bei mir ist alles okay.â Sie zwinkerte mir zu. âWirklich!â
Ich hätte es ihr gerne geglaubt. Aber es war einfach zu offensichtlich, dass bei Lisa absolut nicht alles in Ordnung war.
Ich nahm sie in den Arm und versprach ihr, mich zukünftig wieder häufiger blicken zu lassen.
âRuf aber vorher an. Ich bin selten zu Hauseâ, erklärte sie.
âWo bist du denn immer, Lisa?â
Sie löste sich augenblicklich aus der Umarmung und bekam wieder diesen neuen abweisenden Gesichtsausdruck.
âBei Colinâ, erwiderte sie knapp.
âWer ist Colin?â
âEin guter Freund. Ich muss jetzt los. Machâs gut, Marius. Bis bald.â
Ich wollte sie zurückhalten, fragen, wer dieser Colin war und was sie mit ihm zu tun hatte. Aber die Signale, die sie aussendete, waren eindeutig: Lass mich in Ruhe! Das geht dich nichts an!
Ich lieà sie gehen. Bitter enttäuscht, dass sie mir offenbar nicht mehr vertraute, und besorgt, weil ich nicht wusste, wohin sie ging.
Nele versuchte erneut mich zu beruhigen.
âIch kümmere mich um sie, Marius. Mach dir keine Sorgen. Nächste Woche treffe ich mich mit ihrer Klassenlehrerin und Dienstag werde ich eurem Vater mal wieder einen Besuch abstatten.â
Am Sonntagabend kehrte ich nach Wolfsburg zurück. Trotz meiner Sorge um Lisa fühlte ich mich so gut wie seit Langem nicht mehr. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass es vorwärts ging. Sehr, sehr langsam und mit vielen kleinen Hürden und schmerzhaften Rückblicken, aber dennoch war die Richtung eindeutig vorwärts.
Mit dieser Empfindung und neu gewonnener inneren Stärke ging ich auf Karim zu, als er mir auf dem Gang vor unserem Zimmer begegnete, streckte ihm die Hand entgegen und murmelte: âSorry, tut mir leid, wegen Freitag. Kommt nicht wieder vor.â
âKein Themaâ, beeilte sich Karim zu versichern. âHände wieder okay?â
Ich nickte. âHerr Münkel möchte zwar noch, dass der Doc morgen vor der Schule einen Blick drauf wirft, aber ich denke, dass wird kein Problem sein.â
Es war kein Problem. Dr. Mühlheimer schüttelte zwar den Kopf, als er hörte, wie es zu meinen Verletzungen gekommen war, meinte aber, dass ich am Nachmittag aus medizinischer Sicht ohne Einschränkungen mittrainieren könnte.
âBist ja zum Glück kein Keeperâ, sagte er zum Abschied und zwinkerte mir zu.
Die Richtung war vorwärts. Ganz eindeutig!
Kapitel 16.
Frank Münkel hatte beschlossen, kein Drama aus der Sache zu machen. Klar, er hatte in den letzten drei Tagen mehr über Marius erfahren als in den vergangenen Monaten. Und einige der Dinge hatten ihn auch ziemlich schockiert. Aber dennoch war er der Auffassung, dass Haro Bartels sich übertriebene Sorgen machte.
Wahrscheinlich würde die Nachricht, dass man den Mörder seiner Freundin endlich gefunden hatte, sogar den letzten behindernden Knoten in Marius zum Platzen bringen.
Frank Münkel vermutete, dass es für Marius anschlieÃend wesentlich leichter sein würde, den Tod seiner Freundin zu verarbeiten und irgendwann auch damit abschlieÃen zu können.
Nach dem Telefonat mit Haro Bartels hatte er sich noch intensiv mit zwei anderen Sozialpädagogen des NLZ über die Angelegenheit ausgetauscht. Beide schätzten die Lage ganz genauso wie er selbst ein. Kein Grund zur Sorge.
Frank Münkel nahm sich vor, Marius gleich nach der Schule zu sich ins Büro zu
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