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Die Hoffnung ist gruen

Die Hoffnung ist gruen

Titel: Die Hoffnung ist gruen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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gesehen, jeden Tag, all die Schilder, die im Gang vor den Umkleidekabinen an der Wand hingen.
    Fair geht vor! Achte und respektiere die Leistungen von Mitspielern, Gegenspielern und Schiedsrichtern!
    Sei tolerant! Achte andere Einstellungen, Meinungen und Kulturen!
    Sei leistungsstark! Gib stets dein Bestes in der Schule, im Training und Wettkampf!
    Sei friedlich! Löse Konflikte durch deine Bereitschaft zum offenen Gespräch und nie mit Gewalt!
    Vergiss nie! Wir sind hier, um hart zu trainieren, daran Spaß und Freude zu haben und stolz zu sein auf die eigene Leistung und die der Mannschaft!
    Im Vorbeigehen hatten ich die Schilder immer wieder gelesen, aber nie wirklich begriffen.
    Auf geht’s Wölfe
…, stand in grüner Schrift auf der weißen Wand geschrieben, bevor es zu den Fußballplätzen hinausging. Für mich hätte es umgeschrieben werden müssen:
Auf geht’s Wolf
…
    Nachdem ich mir alles von der Seele geredet hatte, alles, was mich die letzten Wochen und Monate so gequält und beinahe jede Nacht um den Schlaf gebracht hatte, herrschte eine Weile absolute Ruhe im Raum. Das Schweigen hing über unseren Köpfen, wie eine dicke schwarze Regenwolke, die sehnsüchtig darauf wartete, sich endlich entleeren zu können.
    Haro fand als Erster Worte. „Nele, bist du bitte so lieb und holst mir eine Kopfschmerztablette?“
    â€žKlar doch“, beeilte sich Nele zu sagen und sprang von ihrem Stuhl auf. Sie stürzte zur Tür hinaus, als ob sie der schweren Regenwolkenstimmung gar nicht schnell genug entkommen könnte.
    Haro räusperte sich. „Es ist gut, Marius, dass du dir endlich mal alles von der Seele geredet hast. Das ist der erste wichtige Schritt gewesen.“
    Mehr sagte er nicht. Aber das war auch überhaupt nicht nötig. Es war gut, damit hatte er vollkommen recht.
    Später kam Lisa vorbei. Nele hatte sie angerufen und ich war wirklich froh darüber. Nach all den Monaten endlich meine kleine Schwester mal wieder in die Arme nehmen zu können, tat richtig gut.
    Lisa hatte sich sehr verändert. Statt ihrer langen, blonden Haare, die sie meistens zu einem Zopf zusammengebunden hatte, trug sie nun eine wilde Kurzhaarfrisur. Ihre Nägel waren lila lackiert, ihr Gesicht stark geschminkt. Auch ihre Kleidung hatte sich verändert. Sie trug ein enges, tiefdekolletiertes Shirt zu schwarzen Röhrenjeans, die wie eine zweite Haut an ihr klebten, und dazu hochhackige schwarze Stiefel.
    Aber nicht nur ihr Äußeres wirkte beinahe fremd auf mich; auch in ihrem Wesen erkannte ich kaum mehr etwas von der alten Lisa wieder. Sie machte einen auf supercool, kaute unentwegt mit halb offenem Mund auf ihrem Kaugummi herum und schwatzte betont lässig daher.
    Als ich von ihr erfahren wollte, wie es mit ihr und unserem Vater zu Hause lief, lachte sie verächtlich.
    â€žDie Sache mit dem Alten habe ich locker im Griff. Wir haben uns ganz easy arrangiert. Er lässt mich in Ruhe und ich sorge für regelmäßigen Alknachschub im Kühlschrank.“
    â€žUnd was ist mit der Schule?“, mischte sich Nele ein. „Warum lässt du dich da kaum noch blicken?“
    Lisa biss sich auf die Unterlippe. Was zur Folge hatte, dass ihre Vorderzähne mit pinkfarbenem Lippenstift beschmiert waren.
    â€žWas soll damit sein? Alles locker. Ich brauch da nicht mehr jeden Tag hinzugehen. Im Sommer is die Penne doch sowieso für mich vorbei“, sagte sie schnippisch.
    â€žWie im Sommer ist die Schule für dich vorbei? Spinnst du! Willst du nach der neunten Klasse die Realschule etwa schmeißen? Dann bekommst du doch nur den Hauptschulabschluss“, regte ich mich auf.
    â€žNa und“, fauchte sie zurück. „Was geht es dich an? Du kümmerst dich um dein Leben und ich mich um meins.“
    Ich fragte mich, was mit meiner kleinen Schwester in den letzten Monaten geschehen war. Ich erkannte sie wirklich kaum wieder. Lisa saß mir gegenüber, mit vor der Brust verschränkten Armen und starrte scheinbar gelangweilt Löcher in die Luft. Als wenn sie das Ganze hier überhaupt nichts angehen würde. Total abweisend und völlig abwesend.
    â€žLisa“, redete ich eindringlich auf sie ein. „Was soll dein obercooler Auftritt hier? Was ist los mit dir?“
    Sie schaute mich an. Für ein paar Sekunden sahen wir uns direkt in die Augen. Und ich entdeckte etwas darin, was ich zuvor noch niemals gesehen

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