Die Hofnärrin
Liebe
für mich entdecken und die Bereitschaft zum wahren Glauben.«
»Ich hoffe, dass ich das sehen werde«, sagte ich inbrünstig.
Ihre Kiefer mahlten, mit Mühe hielt sie die Tränen zurück.
»Doch wenn sie ohne Glauben ist, so musst du es mir sagen, auch wenn es
mir das Herz bricht.«
»Ich werde es Euch sagen.«
»Wenn sie auf den rechten Weg geführt werden kann, können wir
zusammen regieren. Sie könnte meine Schwester an meiner Seite sein, die
erste Untertanin in meinem Reich – das Mädchen, das meine
Nachfolge antreten wird.«
»So Gott will.«
»Amen«, sagte sie ruhig. »Ich vermisse sie. Ich will, dass sie
bei mir ist, wohlbehalten. Amen.«
Ich schickte meinem Vater Nachricht, dass
ich kommen und unser Nachtessen mitbringen würde. Als ich an die Tür
klopfte, sah ich, dass er zu später Stunde noch arbeitete, denn aus der
Druckerei im Hinterzimmer drang Licht. Als er die Tür öffnete, ergoss
sich der Lichtschein in das Ladenlokal. Mein Vater kam mit einer
brennenden Kerze zur Haustür.
»Hannah! Mi querida !«
Im nächsten Moment hatte er den schweren Riegel
zurückgeschoben, und ich stürzte hinein und setzte meinen Essenskorb
ab, um ihn zu umarmen. Dann kniete ich vor ihm nieder, um seinen Segen
zu empfangen.
»Ich habe dir Essen aus dem Palast mitgebracht«, sagte ich.
Er kicherte in sich hinein. »Was für ein Fest! Ich werde essen
wie eine Königin.«
»Sie isst spärlich«, erzählte ich. »Sie ist überhaupt in allem
sehr maßvoll. Wenn Ihr dick werden wolltet, müsstet Ihr schlingen wie
einer ihrer Ratgeber.«
Er schlug die Tür hinter mir zu, drehte den Kopf und rief nach
hinten in die Druckerei. »Daniel! Sie ist da!«
»Ist Daniel hier?«, fragte ich nervös.
»Er hat mir geholfen, den Text für ein medizinisches Buch zu
setzen, und als ich sagte, dass ich dich erwarte, ist er länger
geblieben«, sagte mein Vater glücklich.
»Es reicht aber nicht für drei«, sagte ich schroff. Ich hatte
nicht vergessen, dass wir uns im Streit getrennt hatten.
Mein Vater lächelte ein wenig hilflos angesichts meiner
Unhöflichkeit, schwieg jedoch. In diesem Augenblick ging die Tür zur
Druckerei auf, und heraus trat Daniel mit einer Schürze über der
schwarzen Hose. Der Schürzenlatz war voller Tintenflecke, ebenso seine
Hände.
»Guten Abend«, grüßte ich, ohne zu lächeln.
»Guten Abend«, erwiderte er.
»Nun denn!«, rief mein Vater voller Vorfreude auf das
Abendessen. Er schob drei hohe Hocker an die Theke, während Daniel in
den Hof ging, um sich die Hände zu waschen. Ich packte derweil den Korb
aus. Eine Hirschbretpastete, ein Laib ofenwarmes, feines Weißbrot,
einige Fleischscheiben frisch vom Bratspieß und in Nesseltuch verpackt
und ein halbes Dutzend kleiner gebratener Lammkeulen. Zwei Flaschen
guten Rotweins aus dem Keller der Königin waren ebenfalls in meinen
Korb gewandert. Gemüse hatte ich keines mitgebracht, jedoch aus der
Zuckerbäckerküche eine Schüssel Sillabub, süß-säuerliche Weinmolke,
gestohlen. Diese stellten wir mit Sahne beiseite, um sie später zu
genießen, und deckten den Tisch mit den anderen Leckerbissen. Mein
Vater entkorkte den Wein, während ich drei Deckelkrüge und ein paar
Messer mit Horngriffen aus dem Schrank unter der Theke holte.
»Und, was gibt es Neues?«, erkundigte sich mein Vater, als wir
uns zu Tisch setzten.
»Ich soll zu Prinzessin Elisabeth reisen. Sie ist angeblich
krank. Die Königin will, dass ich ihr Gesellschaft leiste.«
Daniel sah rasch auf, sagte jedoch nichts.
»Wo weilt sie?«, fragte mein Vater.
»In ihrem Haus in Ashridge.«
»Wirst du allein hinreisen?«, erkundigte er sich besorgt.
»Nein. Die Königin schickt der Prinzessin ihre Ärzte und
einige ihrer Räte. Ich nehme an, wir werden nicht weniger als zehn
Personen sein.«
Er nickte. »Dann bin ich beruhigt. Ich glaube nicht, dass die
Straßen sicher sind. Viele der Rebellen haben fliehen können und sind
nun auf dem Heimweg. Es sind zornige Männer, und sie sind bewaffnet.«
»Ich werde gut beschützt sein«, versicherte ich ihm. Ich nagte
gerade einen Lammknochen ab, als ich aufblickte, sah ich, dass Daniel
mich beobachtete. Da legte ich den Knochen auf den Teller, denn mein
Appetit war vergangen.
»Wann kehrst du zurück?«, fragte Daniel.
»Wenn Prinzessin Elisabeth reisefähig ist.«
»Hast du etwas von Lord Robert gehört?«, fragte mein Vater.
»Ich bin aus seinen Diensten entlassen«, erwiderte ich steif,
die Augen starr auf die Theke
Weitere Kostenlose Bücher