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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Wegs?!«
    Ich schaute sie unschuldig an. »Ich will mit Euch gehen, Mrs.
Ashley. Zu Lady Elisabeth.«
    »Sie empfängt niemanden«, bestimmte die Frau. »Sie ist zu
krank.«
    »Dann lasst mich doch am Fuße ihres Bettes für sie beten«, gab
ich ruhig zurück.
    »Wenn sie tatsächlich so krank ist, wird sie die Gebete des
Hofnarren willkommen heißen«, ließ sich eine Stimme aus dem Hintergrund
vernehmen. »Dieses Kind kann die Engel sehen.«
    Kat Ashley war überrumpelt. Sie nickte kurz und erlaubte mir,
ihr zu folgen, durch das Audienzzimmer bis in Elisabeths Privatgemächer.
    Die Tür war mit schwerem Damast verhängt, um den Lärm vom
Audienzzimmer auszusperren. Passende Vorhänge hingen vor den Fenstern
und ließen weder Licht noch Luft herein. Das Zimmer wurde nur von
flackernden Kerzen erleuchtet. Die Prinzessin lag im Bett. Wie ein
Bluterguss breiteten sich ihre roten Haare auf den Kissen aus, rahmten
das bleiche Gesicht ein.
    Ich erkannte sogleich, dass sie wirklich krank war. Ihr Leib
war angeschwollen wie der einer Schwangeren, und ihre Hände auf der
gestickten Decke sahen seltsam aus – dick und geschwollen
wirkten sie wie die Hände einer fetten, alten Matrone, nicht wie die
einer Zwanzigjährigen. Das hübsche Antlitz der Prinzessin aufgedunsen,
selbst ihr Hals war geschwollen.
    »Was fehlt ihr?«, wollte ich wissen.
    »Wassersucht«, erwiderte Mrs. Ashley. »Schlimmer, als sie es
jemals zuvor hatte. Sie braucht Ruhe und Frieden.«
    »Mylady«, flüsterte ich.
    Lady Elisabeth hob den Kopf und spähte unter ihren
geschwollenen Augenlidern hervor. »Wer ist da?«
    »Die Hofnärrin der Königin«, antwortete ich. »Hannah.«
    Sie beschirmte ihre Augen. »Eine Nachricht?«, fragte sie. Ihre
Stimme war so dünn wie ein Faden.
    »Nein«, sagte ich rasch. »Ich bin von Königin Maria zu Euch
geschickt worden. Ich soll Euch Gesellschaft leisten.«
    »Dann danke ich ihr«, flüsterte sie. »Du kannst ihr
ausrichten, dass ich sehr krank bin und Ruhe brauche.«
    »Sie hat Ärzte geschickt, die Euch heilen werden. Sie warten
draußen, um Euch zu untersuchen.«
    »Ich bin zu krank, um zu reisen«, sagte Elisabeth, nun mit
ihrer normalen Stimme.
    Ich biss mir auf die Lippen, um ein Grinsen zu unterdrücken.
Sie war in der Tat krank: Niemand konnte eine Schwellung der
Fingerknöchel vortäuschen, um der Anklage des Hochverrats zu entgehen.
Aber sie würde ihre Krankheit stets als Trumpfkarte ausspielen.
    »Sie hat ihre Mitglieder des Rates mitgeschickt, die Euch
begleiten werden«, sagte ich, um sie zu warnen.
    »Wen?«
    »Euren Cousin, Lord William Howard, und andere.«
    Elisabeths geschwollene Lippen verzogen sich zu einem bitteren
Lächeln. »Sie muss ihr Urteil bereits gefällt haben, wenn sie meine
eigenen Verwandten schickt, um mich zu verhaften«, bemerkte sie.
    »Darf ich während Eures Siechtums Eure Gefährtin sein?«,
fragte ich.
    Sie wandte den Kopf ab. »Ich bin zu erschöpft. Du kannst
wiederkommen, wenn es mir besser geht.«
    Ich erhob mich von den Knien und trat einen Schritt zurück.
Kat Ashley bedeutete mir mit einer ruckartigen Bewegung des Kopfes,
dass ich mich entfernen solle.
    »Und du kannst denen, die sie holen wollen, ausrichten, dass
sie dem Tode nahe ist!«, erklärte sie geradeheraus. »Ihr könnt sie
nicht mit dem Schafott schrecken, sie siecht ganz von selbst dahin!«
Ein unterdrücktes Schluchzen entfuhr ihr, und ich erkannte, dass sie
vor Angst um die Prinzessin angespannt war wie eine Lautensaite.
    »Niemand will ihr drohen«, sagte ich.
    Mrs. Ashley schnaubte ungläubig. »Sie sind doch gekommen, um
meine Herrin mitzunehmen, oder etwa nicht?«
    »Ja«, gab ich widerwillig zu. »Aber sie haben keinen
Haftbefehl bei sich. Dies ist keine Verhaftung.«
    »Dann werden wir auch nicht reisen«, entschied sie zornig.
    »Ich richte ihnen aus, dass sie zu krank zum Reisen ist«,
versprach ich. »Aber die Ärzte werden sie trotzdem untersuchen wollen.«
    Mrs. Ashley schnaubte wieder verärgert und trat ans Bett, um
den Quiltüberwurf zu glätten. Als ich mich verneigte, sah ich ein
kurzes Aufblitzen von Elisabeths Augen unter den geschwollenen Lidern.
    Dann warteten wir. Gott im Himmel, was ließ
sie uns warten! Sie war die Königin der Verzögerung. Als die Ärzte
verkündeten, sie sei gesund genug, um zu reisen, konnte sie sich
zunächst nicht entscheiden, welche Kleider sie mitnehmen
wollte – dann konnten ihre Damen sie nicht schnell genug
einpacken, damit wir vor Sonnenuntergang

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