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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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geheimes Netz, wie die
Furchtsamsten unter den Christen immer behauptet haben.«
    »Mylord!«
    »Willst du wirklich der Schlüssel sein, der unseren hoch
christlichen König in die Lage versetzt, dieses Netz auszuheben? Weißt
du nicht, dass die reformierte Kirche ebenso helle Scheiterhaufen
anzünden kann wie die Papisten? Willst du deine Familie auf den
Scheiterhaufen bringen? Und alle eure Freunde? Hast du jemals den
Gestank von brennendem Menschenfleisch gerochen?«
    Nun zitterte ich wirklich furchtbar, und meine Kehle war so
ausgedörrt, dass ich kein Wort herausbrachte. Ich wusste, dass man mir
die Angst ansah. Und auf meiner Stirn hatte sich ein feiner Schweißfilm
gebildet.
    »Wir wissen es also beide. Und dein Vater weiß, dass er dich
nicht beschützen kann. Aber ich kann es. Genug. Mehr werde ich dazu
nicht sagen.«
    Er verstummte. Ich versuchte zu sprechen, brachte aber nur ein
leises Krächzen zustande. Robert Dudley nickte zufrieden, als er sah,
wie eingeschüchtert ich war. »Doch zum Glück für dich hat deine Gabe
dir den sichersten und höchsten Platz beschert, von dem du nur träumen
kannst. Diene dem König zu seiner Zufriedenheit, diene uns, und dein
Vater hat nichts zu befürchten. Versagst du jedoch, wird er zur Strafe
so lange in einer Decke geschüttelt, bis ihm die Augen in den Kopf
hineinrutschen, und du wirst verheiratet mit einem bigotten
Schweinehirten, dessen einzige Lektüre in der Lutherbibel besteht. Du
hast die Wahl.«
    Einen winzigen Augenblick herrschte Schweigen. Dann bedeutete
mir der Herzog von Northumberland mit einer Handbewegung, ich möge mich
entfernen. Er wartete meine Antwort nicht einmal ab. Er benötigte nicht
die Gabe der Vorhersehung, um zu wissen, wie meine Entscheidung
ausfallen musste.
    »Und du sollst tatsächlich bei Hofe leben?«,
erkundigte sich mein Vater.
    Wir saßen beim Abendessen, das aus einer kleinen Pastete von
dem Backhaus am Ende der Straße bestand. Der ungewohnte Geschmack des
englischen Backwerks steckte sperrig in meiner Kehle, während mein
Vater den Fleischsaft hinunterwürgte, der nach Speckschwarten schmeckte.
    »Ich soll bei den Mägden schlafen«, antwortete ich
verdrießlich. »Und die Livree eines königlichen Pagen tragen. Ich soll
dem König Gesellschaft leisten.«
    »Es ist besser als alles, was ich dir hätte bieten können«,
sagte mein Vater im Bemühen, sich zu freuen. »Ohne Lord Robert, der so
viele Bücher bestellt hat, könnten wir nicht einmal genug verdienen, um
die nächste Quartalsmiete zu bezahlen.«
    »Ich kann Euch meinen Lohn schicken«, bot ich an. »Ich werde
nämlich bezahlt werden.«
    Er tätschelte meine Hand. »Du bist ein gutes Kind«, lobte er.
»Vergiss das nie. Vergiss nie deine Mutter, und denke immer daran, dass
du ein Kind Israels bist.«
    Ich nickte und schwieg. Ich sah ihm zu, wie er ein wenig von
dem ekelhaften Fleischsaft auf seinen Löffel nahm und hinunterschluckte.
    »Morgen muss ich wieder im Palast erscheinen«, flüsterte ich.
»Ich soll nämlich morgen anfangen. Vater …«
    »Ich werde jeden Abend ans Tor kommen, um dich zu sehen«,
versprach er. »Und wenn du unglücklich bist oder schlecht behandelt
wirst, gehen wir fort. Wir können wieder nach Amsterdam, wir könnten
sogar in die Türkei. Irgendeinen Platz werden wir schon finden, querida . Du musst Mut haben, Tochter. Du bist eine aus dem
Auserwählten Volk.«
    »Wie soll ich denn die Fastentage einhalten?«, fragte ich,
plötzlich sehr traurig. »Sie werden mich zwingen, am Sabbat zu
arbeiten. Wie soll ich dann beten? Sie werden mich zwingen,
Schweinefleisch zu essen!«
    Er mied meinen Blick und senkte den Kopf. »Ich werde für dich
mitbeten und die Gebote erfüllen«, versprach er. »Gott ist gütig. Er
versteht. Erinnerst du dich nicht, was dieser deutsche Gelehrte gesagt
hat? Gott gestattet uns eher, die Gebote zu verleugnen, als unser Leben
zu verlieren. Ich werde für dich mitbeten, Hannah. Und selbst wenn du
in der Christenkirche auf den Knien liegst und betest, wird Gott dich
sehen und dein Gebet erhören.«
    »Vater, Lord Robert weiß, wer wir sind. Er weiß, warum wir
Spanien verlassen mussten. Er weiß Bescheid.«
    »Das hat er mir nicht so gesagt.«
    »Er hat mir gedroht. Er weiß, dass wir Juden sind, und sagte,
er würde unser Geheimnis nur so lange wahren, wie ich ihm gehorche. Er
hat mir gedroht.«
    »Tochter, wir sind nirgends sicher. Und immerhin stehst du
unter seinem Patronat. Niemand würde an der Ehrlichkeit

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