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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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hängendem Kopf?
Nein. Sie schreiten einher wie Prinzessinnen von Geblüt und
Erziehung – vornehm wie ein Paar Ziegen.«
    »Ziegen?«, fragte ich verblüfft und versuchte, den Kopf zu
heben, ohne die Schultern hochzuziehen.
    Will Somers grinste, als ihm aufging, wie mühsam es sein
würde, seinen Scherz zu erläutern. »Eben noch oben, gleich wieder
unten«, sagte er. »Eben noch Thronerbin, im nächsten Augenblick ein
Bastard. Hoch auf den Berg und gleich wieder hinunter. Prinzessinnen
und Ziegen, alles das Gleiche. Du musst stehen wie eine Prinzessin und
tanzen wie eine Ziege.«
    »Ich habe Lady Elisabeth schon einmal gesehen«, wagte ich
einzuwerfen.
    »Ach ja?«
    »Einmal, als ich noch ein kleines Mädchen war. Mein Vater hat
mich zu einem Besuch nach London mitgenommen. Ich musste Admiral Lord
Seymour ein paar Bücher bringen.«
    Will legte mir sanft eine Hand auf die Schulter. »Je weniger
Worte man darüber verliert, desto besser«, riet er mir mit gesenkter
Stimme. Dann klatschte er sich an die Stirn und grinste über beide
Backen. »Was tue ich da? Erzähle einer Frau, dass sie ihre Zunge im
Zaum halten soll?! Was bin ich doch für ein Narr!«
    Die Lektion nahm ihren Fortgang. Er zeigte mir die Haltung des
Schwertkämpfers. Eine Hand musste in die Hüfte gestemmt werden, um das
Gleichgewicht zu halten. Der Führungsfuß musste stets auf dem Boden
nach vorn gleiten, um ein Ausrutschen und Hinfallen zu vermeiden.
Überdies war die Bewegung hinter dem Schwert genau festgelegt. Dann
begannen wir mit Finten und Ausfällen.
    Will befahl mir, einen Stoß gegen ihn auszuführen. Ich
zögerte. »Was ist, wenn ich dich treffe?«
    »Dann bekomme ich einen Splitter ab, keine tödliche Wunde«,
erklärte er. »Es ist doch nur ein Holzschwert, Hannah.«
    »Dann mach dich bereit«, sagte ich nervös und griff an.
    Bevor ich begriffen hatte, was geschah, machte Will einen
Ausfallschritt und stand neben mir, hielt sein Schwert an meine Kehle.
»Du bist tot«, sagte er. »Hättest du nicht prophezeit, wie?«
    Ich musste kichern. »Ich kann das wirklich nicht so gut«, gab
ich zu. »Versuchen wir's noch mal.«
    Dieses Mal legte ich sehr viel mehr Energie in den Angriff und
erwischte gerade noch den Saum seines Mantels, bevor er zur Seite
sprang.
    »Ausgezeichnet«, lobte er atemlos. »Und noch einmal!«
    Wir übten, bis ich einen wirkungsvollen Angriff vortragen
konnte, dann übernahm er meinen Part und lehrte mich, wie ich zur einen
oder zur anderen Seite ausweichen konnte. Danach rollte er einen dicken
Teppich auf dem Boden aus und zeigte mir, wie man einen Purzelbaum
macht.
    »Das macht Spaß!«, verkündete er, im Schneidersitz kauernd wie
ein Kind, das sich zum Lesen hingesetzt hat.
    »Nicht sehr«, entgegnete ich.
    »Ach, du bist eben ein heiliger Narr, kein Possenreißer«,
sagte er. »Du hast keinen Sinn für das Lächerliche.«
    »Doch, den hab ich«, gab ich gekränkt zurück. »Aber ich finde
dich nicht komisch.«
    »Ich bin seit zwanzig Jahren der komischste Mann von England«,
hielt er dagegen. »Ich kam an den Hof, als Heinrich Anna Boleyn liebte,
und einmal gab er mir eine Ohrfeige, weil ich einen Scherz auf ihre
Kosten gemacht hatte. Doch später hat er sich bewahrheitet, dieser
Scherz. Ich war schon der komischste Mann von England, bevor du geboren
wurdest.«
    »Nun, wie alt bist du denn?« Ich studierte sein Gesicht. Zu
beiden Seiten des Mundes hatten sich tiefe Lachfältchen eingegraben,
die Augen waren von Krähenfüßen umgeben. Doch Will war schlank und
geschmeidig wie ein Jüngling.
    »So alt wie meine Zunge und ein bisschen älter als meine
Zähne«, gab er zur Antwort.
    »Nein, im Ernst.«
    »Ich bin dreiunddreißig. Warum, willst du mich heiraten?«
    »Keinesfalls. Besten Dank!«
    »Du würdest den witzigsten Narren der Welt zum Ehemann
bekommen.«
    »Ich würde lieber keinen Narren heiraten.«
    »Würdest ihn auch nicht bekommen. Der weise Mann bleibt
Junggeselle.«
    »Nun, mich bringst du jedenfalls nicht zum Lachen«, sagte ich
trotzig.
    »Ach, du bist ein Mädchen. Frauen haben eben keinen Sinn für
Humor.«
    »Ich schon«, insistierte ich.
    »Es ist allgemein bekannt, dass Frauen, die ja nicht nach dem
Ebenbild Gottes geschaffen sind, keinen Sinn dafür haben, was spaßig
ist und was nicht.«
    »Ich schon! Ich schon!«
    »Natürlich haben Frauen keinen Sinn für Humor!«, triumphierte
er. »Würden sie sonst heiraten? Hast du jemals gesehen, wie ein Mann
wird, der eine Frau begehrt?«
    Ich

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