Die Hofnärrin
päpstliche Legat
nach England zurückkehrte, und seine Empfängnis war gewiss ein Zeichen
göttlicher Gnade. Als treue Dienerin des Herrn war sie stets
zuversichtlich gewesen. Doch als aus Tagen des Wartens Wochen wurden,
geriet ihre Zuversicht zusehends ins Wanken. Die aus dem ganzen Lande
eintreffenden guten Wünsche wirkten wie ungeduldige Forderungen nach
einem Sohn und Thronerben. Die Briefe ihres Schwiegervaters, des
Kaisers, in denen er sich nach dem Grund der Verzögerung erkundigte,
lasen sich wie ein einziger Vorwurf. Die Ärzte meinten, alle Anzeichen
deuteten darauf hin, dass das Baby bald kommen müsse, doch es tat sich
nichts.
Jane Dormer ging umher mit einer Miene wie Donnerwetter.
Jeder, der die Stirn hatte, sich nach dem Befinden der Königin zu
erkundigen, wurde grimmig angestarrt, bis er den Blick senken musste.
»Sehe ich etwa aus wie eine Wahrsagerin?«, sagte sie einmal zu einer
neugierigen Frau. »Sehe ich aus wie eine Astrologin, die Zaubersprüche
aufsagt und Geburtsdaten prophezeit? Ihre Majestät die Königin wird
dann niederkommen, wenn sie es für richtig befindet, keinen Tag früher,
und wir werden einen Prinzen bekommen, wenn Gott ihn uns gewährt.«
Dies war eine standhafte Verteidigung, die zwar die Höflinge
fernhalten konnte, der Königin jedoch nicht ihren wachsenden Zweifel
nahm. Ich hatte sie auch vorher schon in Angst und Unglück erlebt und
erkannte daher an ihrem verhärmten Gesicht, dem jeglicher Glanz
abhanden gekommen war, wie es um sie stand.
Elisabeth dagegen, die sich nun frei bewegen, reiten, Boot
fahren und spazieren gehen durfte, gewann im Laufe des Frühsommers an
Zuversicht. Mit der überwundenen Krankheit hatte sie auch ihre
Beleibtheit verloren und war von Energie und Lebenslust erfüllt. Die
Spanier bewunderten die junge Prinzessin, allein schon wegen ihrer
leuchtenden Farben. Wenn sie im grünen Reitkleid auf ihrem großen
grauen Hunter saß und das kupferrote Haar über ihre Schultern fiel,
wurde sie die ›Bezaubernde‹ genannt oder ›hübscher Bronzekopf‹.
Elisabeth pflegte dann zu lächeln und gegen die übertriebene
Aufmerksamkeit zu protestieren – was sie natürlich nur noch
anziehender machte.
König Philipp befahl seinen Höflingen keine Mäßigung in ihren
Schmeicheleien, wie er es als Schwager hätte tun sollen. Er sagte auch
niemals ein Wort, das ihrer wachsenden Eitelkeit Zügel angelegt hätte.
Auch sprach er nicht mehr von einer Heirat oder dass Elisabeth England
verlassen und zu seiner Tante nach Ungarn gehen sollte. Im Gegenteil,
er machte deutlich, dass die Prinzessin ein achtbares Mitglied des
Hofes und Erbin des Thrones war.
Ich hatte angenommen, dies geschähe hauptsächlich aus
politischen Gründen – doch eines Tages blickte ich aus einem
Schlossfenster in den geschützten Garten auf der Südseite des Palastes
und sah ein wandelndes Paar in der Eibenallee, halb verdeckt von den
dunklen, ausladenden Bäumen. Zuerst musste ich lächeln, denn ich
dachte, es sei eine der Hofdamen, die von einem spanischen Galan
umworben wurde. Die Königin würde sich gewiss amüsieren, wenn ich ihr
von diesem Techtelmechtel erzählte.
Doch dann drehte die junge Frau ihren Kopf, und ich sah unter
der Haube das kupferfarbene Haar aufblitzen. Es war Elisabeth, und der
Mann, der so dicht neben ihr ging, dass er sie berühren konnte, war
Prinz Philipp, Marias Ehemann. Elisabeth hielt ein aufgeschlagenes Buch
in der Hand und neigte ihren Kopf darüber. Sie bot das getreuliche Bild
einer fleißigen Schülerin, doch ihr Gang zeigte das typische Hüftwiegen
einer Frau, die sich der Bewunderung eines Mannes gewiss ist.
Mit einem Mal stand mir die Szene vor Augen, als ich Elisabeth
zuerst gesehen hatte: Wie sie Tom Seymour, den Ehemann ihrer
Stiefmutter, gelockt hatte, sie durch den Garten am Chelsea-Palast zu
verfolgen. Zwar waren seitdem sieben Jahre vergangen, doch sie war
immer noch dasselbe heißblütige Mädchen, das dem Ehemann einer anderen
Frau dunkle, schräge Blicke zuwarf und ihn lockte, doch ein wenig näher
zu kommen.
Der König schaute sich zum Palast um, fragte sich vielleicht,
wie viele neugierige Augen hinter den Fenstern lauern mochten, und ich
erwartete schon, dass er die Gefahr abwiegen und sich am Ende für die
Vorsicht entscheiden würde, ganz nach der Art der Spanier. Stattdessen
schüttelte er mit einem Achselzucken alle Vorbehalte ab und drängte
sich noch dichter an Elisabeth, worauf diese voll mädchenhafter
Unschuld
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