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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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zusammenzuckte und ihren langen Zeigefinger als Lesezeichen in
ihr Buch legte. Sie schaute zu ihm auf, und ich sah, dass ihr die Röte
in die Wangen stieg. Ihre weit aufgerissenen Augen blickten unschuldig,
doch auf ihren Lippen spielte ein schlaues Lächeln. Philipp legte einen
Arm um ihre Taille, um beim Gehen in ihr Buch blicken zu können. So
schlenderten sie dahin, vorgeblich mit dem Buch beschäftigt, in
Wahrheit jedoch erpicht auf die gegenseitige Berührung, auf ihren
rascher gehenden Atem.
    Am Abend stellte ich mich vor Elisabeths Tür
und wartete, bis sie mit ihren Ehrendamen zum Essen ging.
    »Oho, die Närrin«, sagte sie gut gelaunt, als sie mich
erblickte. »Willst du mit mir speisen?«
    »Wenn es Euer Wunsch ist, Prinzessin«, sagte ich höflich und
schloss mich ihrem Gefolge an. »Heute habe ich im Garten etwas
Seltsames gesehen.«
    »In welchem Garten?«, fragte sie.
    »Im Sommergarten«, erwiderte ich. »Ich sah zwei Liebende Seite
an Seite, die in einem Buch lasen.«
    »Keine Liebenden«, sagte sie leichthin. »Wenn du glaubst,
Liebende gesehen zu haben, besitzt du wohl doch die Gabe nicht. Das
waren der König und ich, wir haben nur einen Spaziergang gemacht und
dabei gelesen.«
    »Ihr saht aus wie Liebende«, beharrte ich. »Vom Fenster sah es
so aus. Ihr saht aus wie ein buhlendes Paar.«
    Elisabeth stieß ein heiter perlendes Lachen aus. »Na schön«,
meinte sie gut gelaunt. »Wer vermag schon zu sagen, wie er einem
Zuschauer erscheint?«
    »Prinzessin, wollt Ihr, dass man Euch zurück nach Woodstock
schickt?«, fragte ich gepresst. Wir näherten uns der hohen Doppeltür
des Speisesaales von Hampton Court, und ich wollte sie warnen, bevor
wir eintraten und aller Augen auf sie gerichtet waren.
    »Wie könnte ich denn zurück nach Woodstock geschickt werden?«,
fragte sie dagegen. »Die Königin höchstselbst hat mich aus Haft und
Anklage entlassen, bevor sie sich in die Wochenbettkammer zurückzog,
und ich weiß genau, dass ich mich keiner Verschwörung schuldig gemacht
habe. Der König ist mein Freund und mein Schwager und ein Ehrenmann.
Ich warte wie ganz England auf das freudige Ereignis der Geburt. Wie
sollte ich da einen Fehltritt begehen können?«
    Ich beugte mich zu ihr. »Prinzessin, wenn die Königin Euch
heute mit ihrem Gemahl gesehen hätte, so würde sie Euch unverzüglich
nach Woodstock verbannen.«
    Elisabeth lachte. »Oh nein – denn er würde es nicht
erlauben.«
    »Er? Er gibt hier nicht die Befehle.«
    »Er ist der König«, betonte sie. »Er hat ihr gesagt, ich solle
mit Respekt behandelt werden, und so geschieht es. Er hat ihr gesagt,
ich solle frei sein, zu kommen und zu gehen, wie ich es wünsche, und
genau das werde ich tun. Und er wird ihr beibringen, dass ich nicht
eingeschränkt oder schlecht behandelt oder irgendeiner Schuld
bezichtigt werden darf. Ich werde frei sein, zu treffen, wen ich will,
und zu reden, mit wem ich will, und überhaupt alles zu tun, wonach mir
der Sinn steht.«
    Ich schnappte nach Luft – ihre Zuversicht ging ein
wenig weit. »Ihr steht immer noch unter Verdacht.«
    »Nicht ich«, erwiderte sie. »Nicht mehr. Ich könnte morgen mit
einem Dutzend Messern in meinem Wäschekorb erwischt werden, und ich
würde nicht angeklagt werden. Er wird mich beschützen.«
    Ich schwieg bedrückt.
    »Und er ist ein gut aussehender Mann.« Sie schnurrte fast vor
Behagen. »Der mächtigste Mann der ganzen Christenheit.«
    »Prinzessin, Ihr habt da ein furchtbar gefährliches Spiel
angefangen«, warnte ich. »Ich habe Euch niemals so wagemutig erlebt. Wo
ist denn Eure Vorsicht geblieben?«
    »Wenn er mich liebt, kann mir nichts geschehen«, gab sie mir
sehr leise zu verstehen. »Und ich kann ihn dazu bringen, dass er mich
liebt.«
    »Er wird Euch entehren oder Euch das Herz brechen«, sagte ich
zornig.
    »Oh nein, damit hat er nichts im Sinn.« Sie strahlte vor
Vergnügen. »Er ist bereits darüber hinaus. Ich halte ihn auf Trab. Er
bezweckt nichts, er denkt sich nichts, ich möchte sogar behaupten, dass
er kaum noch isst oder schläft. Weißt du nicht, wie viel Spaß es macht,
einem Manne den Kopf zu verdrehen, Hannah? Lass dir eines sagen: Es ist
ein herrliches Vergnügen. Und wenn der betreffende Mann auch noch der
mächtigste Herrscher der Christenheit ist, König von England und Prinz
von Spanien, und dazu der Ehemann deiner zu Eis erstarrten,
hochmütigen, tyrannischen, hässlichen alten Schwester, dann ist es der
größte Spaß, den man sich machen

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