Die Hofnärrin
und ermutigende
Darstellungen zeigten. Die Fenster waren fest verriegelt, damit auch
nicht der leiseste Luftzug in den Raum drang. An die Bettpfosten waren
rohe Riemen gebunden worden; an ihnen sollte die Königin sich
festhalten, wenn die Wehen ihren neununddreißigjährigen Körper
zerrissen. Das Bett war mit einem prächtigen Kissenbezug und einer
Bettdecke geschmückt, welche die Königin mit ihren Hofdamen seit dem
Tage der Hochzeit bestickt hatte. Neben dem steinernen Kamin waren so
viele große Scheite aufgestapelt, dass man das Zimmer aufheizen konnte
wie einen Brutofen. Der Boden war dick mit Teppichen ausgelegt, die
sämtliche Laute dämpften. Als Letztes wurde dann die prächtige
königliche Wiege mit der zweihundertvierzig Teile umfassenden
Ausstattung in die Kammer gebracht, denn der Thronerbe war innerhalb
der nächsten sechs Wochen zu erwarten.
Am Kopfteil dieser königlichen Wiege war ein Spruch
eingeschnitzt, das den Prinzen willkommen hieß:
Das Kind, das durch Maria, o Herr,
Du zu Englands Freude schickst
Seine Gesundheit erhalte, mit Kraft es erquicke.
In den Zimmern vor dem inneren Gemach kamen
und gingen die Hebammen, die Wiegefrauen, die Krankenschwestern,
Apotheker und Ärzte, und zwischen ihnen huschten Zimmermädchen mit
Stapeln frischer Wäsche umher, die in den Schränken im Geburtszimmer
verstaut wurden.
Elisabeth, die sich inzwischen frei im Palast bewegen durfte,
stand mit mir auf der Schwelle des Wöchnerinnenzimmers. »So viele
Wochen hier gefangen«, sagte sie in abgrundtiefem Entsetzen. »Das wäre
ja, wie lebendig begraben zu sein.«
»Sie braucht doch Ruhe«, hielt ich dagegen. Doch insgeheim
fürchtete ich auch, die Königin würde krank werden, wenn man ihr so
lange Licht und Sonne vorenthielt. Es war ihr während der Zeit, in der
sie sich zurückzog, nicht gestattet, den König zu sehen, es gab
keinerlei Zerstreuungen in Form von Musik oder Gesang und Tanz. Sie
würde wie eine Gefangene in dieser Kammer liegen. Und in nicht einmal
zwei Monaten, wenn das Kind geboren war, würde es in diesem
abgedunkelten Raum unerträglich heiß werden.
Mit einem zur Schau gestellten, jungfräulichen Schauder trat
Elisabeth von der Schwelle zurück und spazierte durch das Audienzzimmer
in die Galerie. Große, würdevolle Porträts von spanischen Granden und
Prinzen zierten nun die Wände. Elisabeth ging an ihnen vorbei, ohne sie
eines Blickes zu würdigen, als ob sie die Bilder zum Verschwinden
bringen könnte, indem sie sie ignorierte.
»Lustig, dass sie mich ausgerechnet zu dem Zeitpunkt aus dem
Gefängnis freigelassen hat, da ihre eigene Einkerkerung beginnt«, sagte
sie und verbarg ihre Häme, so gut sie konnte. »Wenn sie wüsste, was es
bedeutet, in vier Wänden eingesperrt zu sein, würde sie die Tradition
ändern. Ich werde mich niemals mehr einsperren lassen.«
»Sie will eben ihre Pflicht an dem Kind tun«, betonte ich.
Elisabeth lächelte und hielt mit heiterer Selbstzufriedenheit
an ihrer eigenen Meinung fest. »Wie ich hörte, bist du bei Lord Robert
im Tower gewesen.« Sie nahm meinen Arm und zog mich zu sich heran,
sodass wir flüstern konnten.
»Er wollte ein wenig Schreibpapier aus dem Geschäft meines
Vaters haben«, erwiderte ich.
»Er hat dir eine Botschaft für Kat aufgetragen«, drängte
Elisabeth. »Sie hat es mir selbst gesagt.«
»Ich habe sie ihr überbracht, ihr persönlich. Es ging um
Bänder«, versuchte ich die Sache herunterzuspielen. »Er benutzt mich
gern als Verkäufer und Buchhändler. Dort hat er mich ja auch zuerst
gesehen, im Laden meines Vaters.«
Sie stutzte und sah mich an. »Du weißt also von gar nichts,
Hannah?«
»Genau«, erwiderte ich.
»Dann hast du auch dies hier nicht gesehen«, sagte sie
aalglatt, ließ mich los, wandte sich um und lächelte über die Schulter
einem Gentleman in dunklem Gewand zu, der hinter uns aus einem Zimmer
gekommen war und uns nun langsam folgte.
Zu meinem Erstaunen erkannte ich den König. Ich drückte mich
gegen die Wand und verneigte mich, doch er sah mich nicht einmal, so
gebannt war sein Blick auf Elisabeth gerichtet. Er beschleunigte seinen
Schritt, als er ihr momentanes Zögern bemerkte, doch sie drehte sich
nicht um und machte den Hofknicks, wie es ihre Pflicht gewesen wäre.
Stattdessen schritt sie heiter und mit leicht wiegenden Hüften die
Galerie entlang. Wie stets war ihr Gang eine Einladung an die Männer,
ihr zu folgen. Als sie die holzgetäfelte Tür am Ende der Galerie
erreicht hatte,
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