Die Hofnärrin
einen
Hof.
»Wohin?«, fragte ich schwach.
»Zu Bischof Bonner«, sagte er kurz angebunden. »Möge Gott dir
beistehen.«
»Amen«, erwiderte ich gehorsam, als ob die strikte Befolgung
des Ritus mir noch helfen könnte. »Amen, lieber Gott.«
Ich wusste, dass ich verloren war. Ich konnte nicht sprechen,
geschweige denn mich verteidigen. Ich dachte, was für ein törichtes
Mädchen ich doch gewesen war, dass ich nicht mit Daniel fortgegangen
war, als er mich retten wollte. Wie überheblich war ich gewesen, als
ich glaubte, ich könnte meinen eigenen Weg inmitten all dieser Intrigen
gehen und keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen! Mit einer
olivenfarbenen Haut und dunklen Augen und einem Namen wie Hannah?
Wir kamen zu einer holzgetäfelten Tür mit eindrucksvollen
Beschlägen. Der Wärter klopfte, wartete auf Antwort, dann drückte er
die Klinke herunter und marschierte Arm in Arm mit mir in den Raum, als
wären wir ein schlecht zusammenpassendes Liebespaar.
Der Bischof saß der Tür gegenüber hinter einem Tisch, sein
Schreiber hatte uns den Rücken zugewandt. In einiger Entfernung vor dem
Tisch stand ein einzelner Stuhl. Der Kerkermeister stieß mich roh
darauf und trat einen Schritt zurück. Er schloss die Tür und baute sich
vor ihr auf.
»Name?«, fragte der Bischof müde.
»Hannah Verde«, antwortete der Wärter, während ich versuchte,
meine Stimme wiederzufinden. Vor Angst war meine Zunge wie gelähmt.
»Alter?«
Der Wärter streckte die Hand aus und versetzte mir einen Stoß.
»Siebzehn«, flüsterte ich.
»Wie?«
»Siebzehn«, wiederholte ich ein wenig lauter. Ich hatte die
akribische Buchhaltung der Inquisition vergessen, die Bürokratie des
Terrors. Zuerst würden sie meinen Namen aufnehmen, dann mein Alter,
meinen Wohnsitz, meinen Beruf, die Namen meiner Eltern, ihre Adresse,
ihre Berufe, die Namen meiner Großeltern und deren Wohnsitze und
Berufe, und so weiter und so fort, bis sie alles aufgezeichnet hatten.
Sie würden mich foltern, bis ich alles sagte, was ich wusste oder mir
vorstellen konnte, und alles, wovon ich glaubte, dass sie es wissen
wollten.
»Beruf?«
»Hofnärrin der Königin«, erwiderte ich.
Etwas platschte. Ich spürte eine aus der Kindheit vertraute
Wärme in der Hose, roch den beschämenden Stallgeruch. Ich hatte mir vor
Angst in die Hosen gemacht. Ich senkte den Kopf, die Scham war
schlimmer als meine Furcht.
Der Schreiber hob den Kopf, als hätte ihn der warme, scharfe
Geruch gewarnt. Er drehte sich um und schaute mich an. »Oh, für dieses
Mädchen kann ich mich verbürgen«, sagte er in gleichgültigem Ton, als
sei meine Angelegenheit nicht von besonderem Interesse.
Es war John Dee.
Ich war viel zu erstarrt, um mich zu fragen, wie er es
geschafft hatte, vom Gefangenen des Bischofs zu dessen Schreiber
aufzusteigen. Ich begegnete seinem nüchternen Blick mit weit
aufgerissenen Augen, viel zu verängstigt, um noch einen Gedanken fassen
zu können.
»Könnt Ihr?«, fragte der Bischof zweifelnd.
John Dee nickte. »Sie ist eine heilige Närrin«, antwortete er.
»Sie hat einst auf der Fleet Street einen Engel gesehen.«
»Das ist Häresie«, behauptete der Bischof.
John Dee überlegte einen Moment, so gelassen, als ginge es
keineswegs um mein Leben oder meinen Tod. »Nein, ich glaube, dies war
eine wirkliche Vision, und Königin Maria glaubt es auch. Sie wird gar
nicht erfreut sein, wenn sie erfährt, dass wir ihre Hofnärrin verhaftet
haben.«
Dies brachte den Bischof zum Schweigen. Ich sah sein Zögern.
»Die Königin hat mir befohlen, die Ketzerei überall auszurotten, sei es
bei Hofe oder auf der Straße, und niemanden zu begünstigen. Dieses
Mädchen wurde aufgrund einer königlichen Vollmacht verhaftet.«
»Nun ja, wenn Ihr es so wünscht«, sagte John Dee
uninteressiert.
Ich machte den Mund auf, doch es wollten keine Worte kommen.
Ich konnte einfach nicht glauben, dass Mr. Dee mich nur so halbherzig
verteidigte. Und doch kehrte er mir ein weiteres Mal den Rücken zu und
schrieb meinen Namen in das Hauptbuch der Inquisition.
»Nennt Einzelheiten«, forderte Bischof Bonner.
»Die Verdächtige wurde beobachtet, wie sie am Morgen des 27.
Dezember beim Sakrament der Wandlung den Blick abwandte«, leierte John
Dee herunter. »Die Verdächtige bat die Königin, den Ketzern
Barmherzigkeit zu erweisen. Die Verdächtige ist Vertraute der
Prinzessin Elisabeth. Die Verdächtige besitzt unweibliche Kenntnis
gelehrter Dinge und fremder Sprachen.«
»Was hast du zu
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