Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
Stirn. »Nein, das hast du nicht. Was
möchtest du jetzt?«
    »Euer Hoheit, ich habe gehört, dass in Euren Kerkern drei
brave Männer unter Anklage der Ketzerei festgehalten werden: Bischof
Latimer und Bischof Ridley und Erzbischof Cranmer.«
    Die Königin wandte ihr Gesicht dem schwachen Feuer im Kamin
zu, sodass ich ihre Miene nicht studieren konnte, doch ihre Stimme war
ausdruckslos.
    »Ja, es stimmt. Diese Männer stehen unter Anklage.«
    »Ich möchte Euch bitten, Barmherzigkeit zu üben«, sagte ich
schlicht. »Es ist furchtbar, einen treuen Mann hinzurichten. Und alle
sagen, dass diese drei Euch treu ergeben sind. Sie folgen lediglich
Irrlehren … Sie stimmen nicht mit den Lehren der Kirche
überein. Doch unter der Herrschaft Eures Bruders waren sie gute
Bischöfe, Euer Hoheit, und sie sind in der Kirche Englands ordiniert.«
    Lange Zeit schwieg sie. Ich wusste nicht, ob ich mein Anliegen
vorantreiben oder lieber auf sich beruhen lassen sollte. Allmählich
begann ihr Schweigen mir Angst einzujagen, ich hockte mich auf die
Fersen und wartete darauf, dass sie etwas sagte. Ich hörte meinen
eigenen Atem, und er ging zu rasch für einen Unschuldigen. Ich spürte
die Gefahr kommen wie ein Hund, der auf einer Fährte ist, und diese
Fährte war mein Angstschweiß, der mir unter den Armen ausbrach und kalt
und feucht an meinem Rücken haftete.
    Als sie mich wieder ansah, glich sie in nichts der Maria, die
ich liebte. Ihr Gesicht war eine eiskalte Maske. »Diese Männer sind
nicht treu, denn sie verleugnen das Wort Gottes und die Gesetze Gottes
und verleiten auch andere zur Sünde«, zischte sie mir zu. »Entweder sie
bereuen ihre Sünden und bitten um Vergebung, oder sie müssen sterben.
Zu ihnen solltest du sprechen, Hannah, nicht zu mir. Dies verlangt das
Gesetz – es ist kein menschliches Gesetz, es ist nicht mein
Gesetz, sondern das Gesetz der Kirche. Wenn sie nicht von der Kirche
bestraft werden wollen, dann sollten sie nicht sündigen. Ich spiele
mich nicht als Richter auf, es ist die Kirche, die über sie
entscheidet, und wie ich müssen sie ihre Gebote befolgen.«
    Sie hielt einen Moment inne. Ich vermochte nichts gegen ihre
Überzeugung zu sagen.
    »Männer wie sie sind es, die Gottes Zorn über England gebracht
haben«, fuhr sie fort. »Seit mein Vater sich gegen die Kirche stellte,
haben wir nur Missernten, nur magere Jahre gehabt. Kein gesundes Kind
ist der englischen Herrscherwiege geboren worden, seit mein Vater meine
Mutter verstieß.«
    Ihre Hände zitterten. Ihre Stimme klang immer lauter, je mehr
sie sich ereiferte. »Siehst du es nicht?«, fragte sie. »Gerade du?
Siehst du nicht, dass er, nachdem er meine Mutter verstieß, nie mehr
ein gesundes Kind in einer Ehe zeugen konnte?«
    »Und Prinzessin Elisabeth?«, hauchte ich.
    Die Königin lachte bitter. »Sie ist nicht seine Tochter«,
sagte sie verächtlich. »Schau sie dir doch an! Sie ist eine Smeaton,
jeder Zoll eine Smeaton. Ihre Mutter hat dem König ihren Bastard
untergeschoben, und nun ist dieses uneheliche Kind erwachsen und
benimmt sich ganz wie die Tochter eines Lautenspielers und einer Dirne,
jeder kann ihre Abstammung erkennen. Gott hat meinem Vater nur ein
gesundes Kind geschenkt – mich –, doch danach wurde
mein schwacher Vater gezwungen, sich gegen meine Mutter und mich zu
wenden. Seit diesem Tag hat dieses Land keinen glücklichen Augenblick
mehr erlebt. Sie überzeugten ihn, das Wort Gottes und die Abteien und
die Nonnenklöster zu vernichten, und danach führte mein Bruder England
noch tiefer in die Sünde. Siehst du, welchen Preis wir dafür bezahlt
haben? Auf dem Land herrscht der Hunger, und in den Städten herrschen
die Seuchen.
    Gott muss versöhnt werden. Erst, wenn diese Sünde im Land
ausgerottet ist, werde ich ein Kind empfangen und austragen können. Ein
sündiges Land wie dieses kann nicht erwarten, dass ihm ein heiliger
Prinz geboren wird. Das Unrecht, das mein Vater begonnen und mein
Bruder fortgesetzt hat, muss wieder in sein Gegenteil verkehrt werden.
Alles muss in den vorherigen Zustand zurückversetzt werden.«
    Keuchend brach sie ab. Ich schwieg, wie betäubt ob ihres
leidenschaftlichen Ausbruchs.
    »Glaube mir, manchmal zweifele ich an meiner Kraft, dies zu
vollbringen«, fuhr sie fort. »Aber Gott gibt mir diese Kraft. Er
verleiht mir die nötige Entschlossenheit, um diese furchtbaren Urteile
zu befehlen und in die Tat umzusetzen. Gott gibt mir die Kraft, sein
Werk zu verrichten, die Sünder auf den

Weitere Kostenlose Bücher