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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ich mich eiligen
Schrittes auf den Heimweg. Plötzlich trat eine dunkle Gestalt aus einem
Toreingang und vertrat mir den Weg. Ich schnappte vor Schreck nach Luft.
    »Ruhig! Ich bin's, Daniel.«
    »Woher hast du gewusst, dass ich hier bin?«
    »Ich bin zum Laden deines Vaters gegangen, und er sagte mir,
dass du Lord Robert Bücher in den Tower bringst.«
    »Oh.«
    Er schloss sich mir an. »Jetzt musst du ihm doch nicht mehr
dienen.«
    »Nein«, pflichtete ich ihm bei. »Lord Robert hat mich aus
seinen Diensten entlassen.« Ich wünschte mir, Daniel würde mich allein
lassen, damit ich wieder den Kuss auf meinem Hals und Lord Roberts
warmen Atem an meinem Ohr spüren konnte.
    »Du wirst ihm also nicht mehr dienen«, wiederholte Daniel
pedantisch.
    »Hab ich doch gesagt!«, fuhr ich ihn an. »Ich stehe ohnehin
nicht mehr in seinen Diensten. Ich habe nur Bücher meines Vaters
ausgeliefert, zufällig an Lord Robert. Ich habe ihn nicht einmal zu
Gesicht bekommen. Habe nur die Bücher gebracht und sie dem Wachmann
übergeben.«
    »Wann hat er dich aus seinen Diensten entlassen?«
    »Vor Monaten schon«, log ich und versuchte, mich wieder zu
beruhigen.
    »Wann ist er verhaftet worden?«
    Ich fuhr zu ihm herum. »Was geht es dich an? Ich bin aus
seinen Diensten entlassen und diene nun der Königin Maria. Was brauchst
du noch zu wissen?«
    Nun wurde auch er zornig. »Ich habe das Recht, über alle deine
Belange Bescheid zu wissen. Du wirst meine Frau sein, du wirst meinen
Namen tragen. Und wenn du darauf beharrst, zwischen Hof und Tower hin-
und herzurennen, bringst du dich in Gefahr und uns alle dazu.«
    »Du bist doch nicht in Gefahr«, versetzte ich. »Was weißt du
schon von Gefahr? Du hast niemals etwas verbrochen oder bist an
gefährlichen Orten gewesen. Die Welt hat sich auf den Kopf gestellt,
während du in Sicherheit zu Hause saßest. Warum solltest ausgerechnet
du in Gefahr sein?«
    »Ich habe niemals einen Herrn gegen einen anderen ausgespielt
und mir eine Maske aufgesetzt und falsches Zeugnis abgelegt, falls es
das ist, was du meinst«, erwiderte er bitter. »Diese Handlungsweise ist
meiner Meinung nach weder edel noch bewundernswert. Ich habe meinen
Glauben bewahrt und meinen Vater gemäß den Geboten meiner Religion
beerdigt. Ich habe meine Mutter und meine Schwestern unterstützt, und
ich habe für den Tag meiner Hochzeit Geld gespart. Für den Tag unserer
Hochzeit. Während du dich als Page verkleidet auf dunklen Straßen
herumtreibst, an einem papistischen Hofe dienst, einem verurteilten
Verräter Bücher bringst und mir Vorwürfe machst, weil ich nie etwas
verbrochen habe.«
    Ich entzog ihm meine Hand. »Verstehst du nicht, dass er
sterben muss?«, rief ich und spürte die Tränen heiß über meine Wangen
strömen. Wütend trocknete ich sie mit meinem Ärmel. »Weißt du nicht,
dass sie ihn hinrichten werden, dass niemand ihn retten kann? Oder sie
werden ihn elend verschmachten lassen, sodass er vor Langeweile stirbt.
Siehst du nicht, dass jeder, den ich liebe, von meiner Seite gerissen
wird, obwohl er nichts verbrochen hat? Ohne Aussicht auf Rettung? Weißt
du, dass ich meine Mutter jeden Tag meines Lebens schmerzlich vermisse?
Weißt du, dass ich jede Nacht in meinen Träumen den Rauch der
Scheiterhaufen rieche, und nun soll dieser Mann … dieser
Mann …« Ich schluchzte und konnte nicht weitersprechen.
    Daniel packte mich an den Schultern und hielt mich auf
Armeslänge von sich, sodass er mit einem gründlichen, nüchternen Blick
mein Gesicht studieren konnte. »Dieser Mann hat nichts mit dem Tod
deiner Mutter zu tun«, stellte er klar. »Er hat nichts damit zu tun,
dass ein Mensch für seinen Glauben geopfert wurde. Hänge also deinem
Verlangen nicht das Mäntelchen der Trauer um! Du hast zwei Gebietern
gedient, zwei Todfeinden. Einer von ihnen musste im Tower enden. Wäre
es nicht Lord Robert gewesen, so säße nun Königin Maria im Kerker.
Einer von ihnen musste triumphieren, der andere sterben.«
    Ich befreite mich aus seinem Griff, löste meinen Blick von
seinen harten, mitleidlosen Augen und schickte mich an, nach Hause zu
trotten. Nach ein paar Sekunden hörte ich seine Schritte hinter mir.
    »Würdest du auch so weinen, wenn Königin Maria dort im Kerker
säße und vielleicht bald ihren Kopf auf den Richtblock legen müsste?«,
fragte er.
    »Pst!«, zischte ich besorgt. »Ja.«
    Er sagte nichts darauf, doch sein Schweigen drückte beredt
seinen Zweifel aus.
    »Ich habe nichts Unehrenhaftes

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