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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Elisabeth hält sich immer nur an Tatsachen, und
sie traut nichts und niemandem.«
    Lord Robert nickte zu meiner getreuen Beschreibung. »Ja. So
war sie immer schon – hat niemals etwas für bare Münze
genommen.«
    »Die Königin hat sie einmal gezwungen, zur Messe zu gehen, und
da ist Lady Elisabeth stöhnend und mit einer Hand auf den Leib gepresst
in der Kirche erschienen. Die Königin drängte ein weiteres Mal, und da
gab Elisabeth an, sie sei bereits konvertiert. Nun aber wollte die
Königin die ganze Wahrheit hören: Elisabeth solle ihr doch die
Geheimnisse ihres Herzens offenbaren – glaubte sie nun an das
Heilige Abendmahl oder nicht?«
    »Die Geheimnisse von Elisabeths Herz!«, rief Lord Robert
lachend aus. »Was kann die Königin nur damit meinen? Elisabeth
gestattet keinem Menschen Einblick in die Geheimnisse ihres Herzens.
Schon als Kind hat sie diese noch nicht einmal sich selbst
eingestanden.«
    »Nun, sie versprach, öffentlich zu erklären, dass sie von den
Vorzügen des katholischen Glaubens überzeugt ist«, sagte ich. »Aber sie
hat es nicht getan. Und sie besucht die Messe nur, wenn sie unbedingt
muss. Und alle sagen …«
    »Was sagen sie, mein kleiner Spion?«
    »Dass sie heimlich Briefe an treue Protestanten schickt, dass
sie ein Netz von Helfern hat. Dass die Franzosen einen Aufstand gegen
die Königin bezahlen würden. Und dass Elisabeth nur warten muss, bis
die Königin stirbt, dann gehört der Thron ohnehin ihr, und sie kann
ihre Maske fallen lassen und eine protestantische Königin sein, so wie
sie jetzt eine protestantische Prinzessin ist.«
    »Oho.« Er benötigte einen Moment, um alles zu bedenken. »Und
die Königin – glaubt sie all diese üble Nachrede?«
    Ich schaute ihn an, hoffte, er würde verstehen. »Sie hat
geglaubt, Elisabeth würde ihr eine Schwester sein«, erklärte ich. »Sie
ist im Augenblick des größten Triumphes mit ihr zusammen in London
eingezogen. Sie hat Elisabeth den bevorzugten Platz an ihrer Seite
gegeben, damals und am Tage ihrer Krönung. Was hätte sie noch tun
sollen, um ihr zu zeigen, dass sie sie liebt und ihr vertraut und sie
als ihre Nachfolgerin betrachtet? Seitdem muss sie sich Tag für Tag
anhören, dass Elisabeth dieses gesagt und jenes getan hat, sie muss mit
ansehen, wie Elisabeth die Messe meidet, jedoch beteuert, dass sie ja
hingehen würde, und sich ständig, je nach Lust und Laune, auf ihr
Gewissen beruft. Und Elisabeth …« Ich verstummte.
    »Elisabeth was?«
    »Sie war bei der Krönung anwesend, sie wurde auf Wunsch der
Königin auf den zweitbesten Platz gesetzt. Sie ist in der Kutsche
hinter der Königin hergefahren«, erzählte ich aufgeregt. »Sie hat der
Königin bei der Krönung die Schleppe getragen, sie war die Erste, die
vor der neuen Königin niederkniete, ihr die Hand gab und schwor, sie
werde ihr treu ergeben sein. Sie hat vor Gott ihre Treue geschworen.
Wie kann sie dann nur Intrigen spinnen?«
    Lord Robert lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nahm meine
Hitzigkeit mit Anteilnahme zur Kenntnis. »Ist die Königin wütend auf
Elisabeth?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist schlimmer. Sie ist
enttäuscht. Sie ist einsam, Lord Robert. Sie wollte ihre kleine
Schwester an ihrer Seite haben. Sie hat sie mit Liebe und Achtung
ausgezeichnet. Und nun vermag sie kaum zu glauben, dass Elisabeth sie
nicht liebt. Man hat ihr bereits überbracht, dass Elisabeth
möglicherweise ein Komplott schmiedet. Jeden Tag kommen Zuträger mit
anderen Geschichten.«
    »Bringen sie denn auch Beweise?«
    »Genug, um Elisabeth ein gutes Dutzend Mal verhaften zu
lassen, glaube ich. Es sind zu viele Gerüchte über sie im Umlauf, als
dass sie so unschuldig sein könnte, wie sie aussieht.«
    »Und dennoch unternimmt die Königin nichts gegen Elisabeth?«
    »Sie will dem Land Frieden bringen«, erwiderte ich. »Sie wird
nichts gegen Elisabeth unternehmen, wenn es nicht unbedingt sein muss.
Sie sagt auch, sie will weder Lady Jane hinrichten lassen noch Euren
Bruder …« Ich fügte nicht hinzu ›oder Euch‹, doch wir beide
wussten, dass das Todesurteil über seinem Kopf schwebte. »Sie will
Frieden bringen.«
    »Schön und gut und Amen«, meinte Lord Robert. »Und wird
Elisabeth über Weihnachten bei Hofe weilen?«
    »Sie hat um Urlaub gebeten. Sie gibt an, wieder krank zu sein
und ländlichen Frieden zu brauchen.«
    »Und – ist sie krank?«
    Ich zuckte die Achseln. »Wer kann das wissen? Kürzlich sah sie
sehr aufgedunsen und schlecht

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