Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
zurückziehen«, gab Will mit großer Würde
zu verstehen. Er stand auf und trat einen Schritt zurück. Der Hof hielt
den Atem an, weil man nun einen Scherz erwartete, die Königin ebenso.
Will hielt inne: Er hatte das Taktgefühl eines Musikers, war der
Hofkompositeur des Lachens. Er drehte sich um. »Doch glaubät nicht«,
warnend schüttelte er seinen langen, knochigen Zeigefinger in ihre
Richtung, »glaubät nicht, dass Ihr Euch an den Sohn eines schäbigähn
Kaisährs wegwerfähn müsst. Da Ihr jetzt wisst, dass Ihr mich hättäht
haben können.«
    Der Hof brach in heftiges Lachen aus. Selbst die Königin
lachte, als Will mit dem ihm eigenen komischen schlaksigen Schritt zu
seinem Platz zurückging und sich einen extragroßen Humpen Wein
einschenkte. Ich schaute zu ihm hinüber, und er hob den Humpen: Ein
Narr trank dem anderen zu. Will war seiner Aufgabe wieder einmal
glänzend gerecht geworden: Er hatte sich das schwierigste und
schmerzlichste Problem vorgenommen und in einen Scherz verwandelt. Doch
Will konnte mehr als das. Er konnte den Dingen ihren Stachel nehmen, er
konnte Witze machen, die niemanden verletzten. So konnte selbst eine
Königin, die wusste, dass sie mit ihrem Heiratsbeschluss ihr Land
spaltete, lächeln und ihre Speisen genießen und zumindest für einen
Abend die Mächte vergessen, die sich gegen sie zusammenrotteten.
    Ich ging heim zu meinem Vater, verließ einen
Hof, an dem es vor Gerüchten summte, schritt durch eine Stadt, in der
die Rebellion kochte. Das Gemunkel über ein geheimes Heer, das sich zum
Krieg gegen die Königin formierte, war überall zu hören. Jeder kannte
einen Mann, der sein Heim verlassen und sich den Rebellen angeschlossen
hatte. Lady Elisabeth, so hieß es, sei bereit und gewillt, einen
wackeren Engländer – Edward Courtenay – zum Manne zu
nehmen, und habe versprochen, den Thron zu besteigen, sobald ihre
Schwester gestürzt war. Die Männer aus Kent wollten nicht zulassen,
dass ein spanischer Prinz sie eroberte und unterwarf. England war keine
Mitgift, die eine Prinzessin, und eine halb spanische Prinzessin dazu,
in eine Ehe mit Spanien einbringen konnte. Wenn die Königin unbedingt
heiraten wollte, so standen doch genügend passende Engländer zur Wahl.
Da war der gut aussehende Edward Courtenay, der sogar entfernt mit der
Königin verwandt war. In ganz Europa gab es protestantische Prinzen,
Gentlemen von Geburt und Bildung, die gute Gefährten für eine englische
Königin abgaben. Heiraten musste sie natürlich, und das alsbald, denn
keine Frau auf der Welt konnte einen Haushalt und noch viel weniger ein
Königreich ohne die Führung eines Mannes regieren, denn die weibliche
Natur war für diese Aufgabe nicht geschaffen; ihre Klugheit reichte
nicht aus, um Entscheidungen zu treffen; ihr Mut war nicht groß genug
für die Gefahr, und sie besaß weder genug Standhaftigkeit noch
Durchhaltevermögen. Selbstredend musste die Königin heiraten und dem
Reich einen Sohn und Erben schenken. Aber sie durfte keinen spanischen
Prinzen heiraten, sie hätte nicht einmal daran denken dürfen. Der bloße
Gedanke war Verrat an England. Alle munkelten, sie müsse ja unsterblich
in ihn verliebt sein, wenn sie die Ehe mit ihm überhaupt in Betracht
zog. Und eine Königin, die ihren gesunden Menschenverstand um ihres
weiblichen Verlangens willen beiseite ließ, war zum Regieren
ungeeignet. Es war besser, eine Königin zu stürzen, die auf ihre alten
Tage unziemliche Gefühle hegte, als einen spanischen Tyrannen zu
ertragen.
    Mein Vater hatte im Buchladen Besuch bekommen. Auf einem
Schemel an der Theke saß Daniel Carpenters Mutter, flankiert von ihrem
Sohn. Ich kniete nieder, um meines Vaters Segen zu empfangen, und
verneigte mich sodann vor Mrs. Carpenter und meinem zukünftigen
Ehemann. Die beiden Eltern musterten das glückliche Paar – und
ich wand mich verlegen wie eine Katze auf der Gartenmauer. Sie
versuchten die Belustigung der erfahrenen Älteren über die Verlegenheit
des jungen Paares zu überspielen, doch ohne Erfolg.
    »Ich habe gewartet, um dich zu begrüßen und Neuigkeiten vom
Hofe zu hören«, erklärte Mrs. Carpenter. »Und auch Daniel wollte dich
natürlich sehen.«
    Der Blick, den Daniel ihr zuwarf, besagte deutlich, dass sie
nicht in seinem Namen sprechen sollte.
    »Wird es nun mit der Hochzeit der Königin vorangehen?«, fragte
mein Vater. Er schenkte mir ein Glas guten spanischen Weines ein und
zog einen Schemel für mich heran. Belustigt stellte ich

Weitere Kostenlose Bücher