Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
Verbrecher in Paris beim Abendessen.«
»Ja, aber lassen Sie mich eins klarstellen: Nur weil ich in Paris mit einem gesuchten Verbrecher zu Abend esse, heißt das nochlange nicht, dass ich einfach alles hinschmeiße. Die Lektion, die ich im Stadion gelernt habe, gilt noch immer. Ich verstelle mich nicht, um dazuzugehören, und ich buckle nicht vor irgendeinem Arschloch, das mir das Gefühl geben will, dass ich nicht dazugehöre.«
»Wir sind uns in vieler Hinsicht sehr ähnlich«, sagte Zal. »Die Frage, ob wir dazugehören oder nicht, spielt für uns keine Rolle mehr, weil wir wissen, dass wir es nicht müssen.«
»Ganz genau.«
Auf dem Rückweg zum Hotel hielten sie sich wieder an der Hand. Sie hatten sich nicht mal in die Augen gesehen; Angelique wusste auch nicht, wann es passiert war – als sie das Restaurant verlassen hatten? Draußen? Als sie über die erste Straße gelaufen waren? Keiner von beiden wollte groß darauf hinweisen, dass es passiert war, aber loslassen wollten sie auch beide nicht. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal Hand in Hand mit jemandem spazieren gegangen war. Ihre Beziehungen waren in den letzten Jahren schrecklich erwachsen gewesen (also langweilig, zweckmäßig und zum Scheitern verurteilt), und eine absurde Stimmung hatte geherrscht, dass man sich ja wohl nicht zu solchen jugendlichen Späßen und Zuneigungsäußerungen hinreißen lassen musste, bloß weil man miteinander schlief.
Sie brauchte sich nicht von Überlegungen abzulenken, was es wohl bedeutete oder wohin es wohl führen würde. Der Moment war ihr genug.
Sie tranken an der Hotelbar einen nächtlichen Armagnac, der freundlich vom letzten anwesenden Mitarbeiter ausgeschenkt wurde, wenn er nicht gerade die Kaffeemaschine putzte oder am Empfangstisch Schreibkram erledigte.
Die Gläser waren natürlich kubistisch.
»Vor einer Woche um diese Uhrzeit hab ich mir bei einer Observation in Partick den Arsch abgefroren und darauf gewartet, dass irgend so ein Fälscher seinen Müll rausbringt. Wenn mir da einer gesagt hätte, wo ich jetzt gerade sein würde, hätte ich ihn für unerlaubten Drogenbesitz festgenommen. Mir kommt’s vor, als ob ich träumte.«
»Ich träume auf jeden Fall. Schon eine ganze Weile. Ich muss aber aufpassen – das war für meinen Dad der Anfang vom Ende.«
»Ja?«
»Er ist von Garnethill nach Vegas gekommen; von den Varietétheatern in die Fünf-Sterne-Casinos. Hat eine schöne mexikanische Stripperin kennengelernt und geheiratet, die zwanzig Jahre jünger war als er. Vom Regenwetter in die Wüstenhitze und dann auch noch an einen Ort, wo die Sechziger richtig abgingen. Es muss ihm vorgekommen sein, als wäre er in einen Film geraten. Seine Träume waren wahr geworden, keine Frage. Aber ich glaube, wenn man seine Träume lebt, kommt einem das Leben nie wie die Wirklichkeit vor, und er hat sich dort nie ganz zu Hause gefühlt. Egal wie gut er es hatte, er hat Glasgow immer vermisst und war einsam und isoliert. Deshalb hat er getrunken.«
»Warum ist er nach Vegas gegangen? Wurde er ›entdeckt‹ und hat ein Angebot gekriegt, das er nicht ablehnen konnte?«
»Das hat er mir nie erklärt. Nicht, dass ich nicht gefragt hätte – er wollte einfach nicht damit herausrücken. Ich glaube, es war eine schicksalshafte Kombination aus Problemen auf der einen Seite und einer Gelegenheit auf der anderen, aber die Einzelheiten habe ich nie herausbekommen. Ich kannte nur das Ergebnis: Einen Mann, der mit seinem neuen Leben nie so recht klarkam, womöglich weil es zu schön war, um wahr zu sein. Deshalb hat er mir so viel von dem Land erzählt, das er zurückgelassen hatte. Er wäre bestimmt unheimlich gerne irgendwann mal mit mir hierhergekommen. Komischerweise kommt mir Glasgow jetzt wie eine Traumwelt vor. Ich hab die Mythen meiner Kindheit live gesehen, und sie kommen mir unglaublicher vor als die ganze künstliche Stadt, in der ich aufgewachsen bin. Manchmal erscheint mir Glasgow wie ein Vergnügungspark oder eine Filmkulisse.«
»Glasgow als Disneyland. Hört sich für mich ziemlich unwahrscheinlich an, aber die Stadt würde dich bestimmt sofort fürs Fremdenverkehrsamt anheuern. Darfst bloß nicht zugeben, dass du kein Katholik bist.«
»Ich mein’s ernst. Mir kommt’s vor, als könnte ich dort alles machen, weil nichts echt ist. Meinst du, ich würde mich zu Hause trauen, eine Bank zu überfallen? Nie im Leben.«
»Du willst mir doch wohl nicht erzählen, dass das
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