Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
Terroristenband, den Pogues.« Oder auch das Floß der Medusa, wie ihn einer der tatsächlich katholischen Celtic Fans (und wohl eher Pogue-Liebhaber als Kunstliebhaber) aufklärte.
Michelle durfte leider nicht miterleben, wie Chagall das Bild verfremden wollte, weil Jarry mal wieder auftauchte und von einem Kunden angesprochen wurde, der »sich fast in die Hose schiss«, wie er sagte. Vielleicht war es ein Zeichen für das paradoxe Vertrauen, dass Jarry aufgebaut hatte, dass der Mann auf den Chef gewartet hatte, anstatt einfach einem der anderen Bescheid zu sagen.
Jarry fragte, wer sonst noch musste, und beauftragte Athena, sie in Zweiergruppen zur Toilette zu führen. Michelle war zwar immer noch völlig ausgetrocknet, behauptete aber das Gegenteil, damit sie sich die Beine vertreten konnte. Das durfte sie, aber anders, als sie es erwartet hatte.
Als sie an der Sicherheitstür waren, fragte Athena, der noch nicht durchgegangen war, die Geisel neben sich nach dem Code. Das war dummerweise Grant Kellys Kunde. Als der sich entschuldigte, weil er ihn nicht wusste, fragte Athena einfach den nächsten, aber Jarry wurde gleich hellhörig und schaute sofort Michelle an.
Wieder wurde sie knallrot. Sie wollte auf den Boden starren, traute sich aber nicht, weil sie Angst hatte, dass ihr das als Widerstand ausgelegt werden würde. Jarry kam auf sie zu und bedeutete ihr aufzustehen. Mit einem schlechten Gefühl im Magen, das jetzt nicht mehr vom Alkohol herrührte, mühte sie sich hoch.
»Sie bleiben ja ganz schön cool«, sagte er. »Wenn ich mich mal wo verstecke, hätte ich Sie auch gerne auf meiner Seite.«
Ein paar der anderen Clowns schauten neugierig herüber.
»Uns fehlt noch ein Mitarbeiter, Jungs. Aber keine Sorge.« Er schaute auf ihr Namensschild. »Michelle kann uns da sicher weiterhelfen, oder?«
Sie schwieg und konzentrierte sich darauf, nicht hinzufallen, denn gerade wurden alle ihre Knochen zu derselben wabernden Masse wie ihre Eingeweide.
Jarry folgte ihr durch die Sicherheitstür und bat sie, zur Treppe nach oben zu gehen. »Hier unten hat Ionesco schon alles abgesucht, und mal ehrlich, tolle Verstecke gibt’s hier nicht. Die Büros oben sind samstags abgeschlossen, aber einer hatte wohl einen Schlüssel, was? Wen suchen wir denn?«
Sie blieben vor der Tür stehen.
»Finanzberater«, murmelte sie.
»Ach, super. Dann kann er mir ja sagen, was ich mit dem ganzen Geld aus dem Safe machen soll. Aber eigentlich hätte ich gerne einen Namen. Hören Sie, Sie verraten jetzt niemanden mehr. Sie haben doch die ganze Zeit schon verdammt gut dichtgehalten.«
Um Verrat ging es Michelle eigentlich gar nicht so sehr. Sie zögerte nur deshalb, weil sie ganz froh war, dass sie Grant bisher noch nicht hatte in die Augen sehen müssen, von ihrer andauernden Verlegenheit ganz zu schweigen, die es ihr fast unmöglich machte, seinen Namen auszusprechen. Fast. Unglaublich, wie man plötzlich seine Prioritäten ändert, wenn man eine Maschinenpistole vor sich hat.
»Grant Kelly«, brachte sie gerade so heraus.
»Steht ihr einander nah oder so?«, fragte Jarry. Wieder wurde Michelle rot. »Geht mich aber eigentlich gar nichts an«, fügte er hinzu, was in gewisser Weise schlimmer war, als wenn er weiter nachgehakt hätte, denn dann hätte sie alles abstreiten können. »So, was meinen Sie, er zeigt seinem Kunden die Mitarbeitertoilette, wahrscheinlich nach Ende des Gesprächs, und verzieht sich dann nach oben, wo er eigentlich nicht sein sollte, der freche Bursche. Warum macht er das?«
»Besseres Klo«, erwiderte sie und zuckte mit den Schultern.
»Hört sich gut an. Chagall hat unten eine FHM -Verpackung gefunden, aber keine FHM . Und ihr hättet ja in einer Viertelstunde sowieso zugemacht, die schlägt man natürlich am besten da tot, wo einen keiner stört. Bewundernswert! Wer sagt eigentlich, Drückeberger zeigen keine Eigeninitiative?«
Jarry schloss die Tür auf, führte Michelle leise nach oben und blieb im Flur stehen.
»Rufen Sie ihn«, flüsterte er. »Und sagen Sie, dass Sie es sind.«
»Oh Gott«, krächzte sie unwillkürlich. Jarry wedelte mit der Maschinenpistole. Michelle schluckte, atmete tief durch und versuchte beim Sprechen nicht daran zu denken, was sie gerade gemacht hatte, als sie das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte. »Grant, ich bin’s, Michelle.«
Jarry nickte und wedelte mit der Waffe. »Noch mal«, sollte das wohl heißen.
»Grant. Hörst du mich? Ich bin’s, Michelle. Wo
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