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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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Sharp. Vielleicht sollte ich Ihrer Stadt auch ein paar brutale Verallgemeinerungen an den Kopf werfen.«
    »Immer raus damit. Die meisten stimmen sowieso.«
    »Nein, das wäre unhöflich. Schließlich bin ich hier zu Gast.«
    »Aber Ihre Gastgeber ausrauben finden Sie nicht unhöflich?«
    »Moral und Etikette sind nicht dasselbe.«
    »Sie sind aber auch nicht ganz unabhängig voneinander.«
    »Nicht immer, nein«, gab er zu. »Wenn man zum Beispiel eine Waffe auf einen unbewaffneten Bankkunden richtet, dann ist das weder freundlich noch moralisch vertretbar. Aber das heißt nicht, dass man sich in so einer Situation von jeder Form von Anstand verabschieden muss.«
    »Anstand. Das bedeutet aber mehr als bloße Benimmregeln, oder?«
    »Würde ich sagen.«
    »Hört sich auch ein bisschen nach Moral an.«
    »Die Grenzen sind da nicht so scharf umrissen, glaube ich.«
    »Beim Gesetz schon.«
    Er lachte. »Gesetz und Moral. Die beiden haben jetzt aber wirklich nichts miteinander zu tun.«
    »Beide halten nicht viel davon, wenn man sich Sachen nimmt, die anderen Leuten gehören.«
    »Theoretisch. Bloß ist vor dem Gesetz alles schwarz-weiß, während die Moral eher wie ein Graustufenspektrum aussieht.«
    »Graustufenspektrum?« Angelique lachte. »Haben Sie sich das selbst ausgedacht?«
    »Klar«, erwiderte er mit einem fast verlegenen Lächeln. »Das weiße Ende kennen wir. Aber wenn man eine alte Oma überfälltund ihr die Ersparnisse raubt, die sie zum Leben braucht, ist das nicht das Gleiche, wie wenn man eine riesige Finanzinstitution um ein paar Tausend erleichtert, die sie kaum vermisst.«
    »Ein paar Hunderttausend. Und vermissen werden sie die, das können Sie mir glauben. Kleinvieh macht auch Mist. Diese Philosophie liegt jeder Bank zugrunde, egal ob groß oder klein.«
    »Aber deswegen gehen die nicht pleite. Der Aktienkurs stürzt denen auch nicht ab, und eine feindliche Übernahme riskieren sie auch nicht.«
    »Dazu kann ich nichts sagen. Aber ich bin mir sicher, dass am Ende die Kleinen den Schaden tragen. Die Bosse werden das bestimmt nicht aus ihrem Bonus bezahlen, was? Wenn also etwas fehlt, steigen eben die Gebühren oder ein paar Mitarbeiter werden vor die Tür gesetzt. Vielleicht bekommt die alte Oma, von der Sie gesprochen haben, jetzt weniger Zinsen auf ihr Sparbuch, vielleicht hat ihre Enkelin da gearbeitet und kann sich jetzt nicht mehr an der Miete beteiligen, weil sie arbeitslos ist.«
    »Das ist eine anständige Portion Wahrheit, wenn auch mit ein bisschen viel Melodrama serviert.«
    »Hab ich’s übertrieben?«
    »Schon, aber ich hab ja mit der tattrigen Oma angefangen, also war das nur fair. Aber, was Sie da beschrieben haben … dieselbe Scheiße passiert doch auch, wenn der Versicherungsarm der Bank nach einer Überschwemmung auszahlen muss; meine Güte, die RSGN verliert genauso viel, wenn einer ihrer Börsenhändler beim Mittagessen ein Bier zu viel trinkt. Es gibt schlimmere Verbrechen als das vom Samstag. Schlimmere Diebstähle. Ich sag ja gar nicht, dass es richtig war, aber moralisch hab ich damit meinen Frieden geschlossen.«
    »Moralischen Frieden geschlossen? Was soll das heißen?«
    »Das heißt, dass ich mir deswegen nicht die Nächte um die Ohren schlage. Was nicht bedeutet, dass es mir gefällt. Verstehen Sie?«
    »Ich glaube schon, aber stellen wir uns mal vor, dass nicht – was können Sie mir sagen, das sich nicht wie das Gewimmer von tausend anderen Verlierern anhört, die ihre Taten vor sich rechtfertigen wollen?«
    »Es war nicht meine Schuld. Ich hatte eine schwere Kindheit, Sie wissen ja nicht, wie das ist. Die Gesellschaft hat mich dazu gezwungen. Oder wollen Sie noch was Besseres?«
    »Glasgower sind ein schwieriges Publikum.«
    »Berüchtigt. Auch auf die Gefahr hin, verfaulte Tomaten abzubekommen, bin ich überzeugt, dass gewisse Ereignisse einem diese klare, schwarz-weiße Perspektive verändern können. Und auch, wenn man noch weiß, wie es vorher aussah, und wenn man sich dorthin zurück auf die sichere, weiße Seite der Grenze wünscht … keine Ahnung. Wenn man sich seine Nische sucht, seine Überlebensstrategie, dann kann man sich so eine klare Unterteilung nicht mehr leisten.«
    »Also surfen Sie auf dem Graustufenspektrum entlang?«
    »Sie kaufen mir das noch nicht so recht ab, was? Das ist mir aber wichtig. Ich würde es Ihnen gerne in Ruhe erklären, und ich glaube auch, dass Sie mir zuhören würden.«
    »Meinen Sie, ich würde als Polizistin zuhören oder

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