Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
In diesen ersten Tagen wurde er ein richtiger Medienstar und gab der Bewegung eine neue Stimme aus dem Volk, die sonst von der sterileren Präsentation und Methodik der Pfarrer und ihrer Sprecher dominiert wurde. Dann verblasste sein Stern nach den Greencross-Zwischenfällen bald wieder hinter den verlogenen Vorwürfen, seine Reden und seine aggressiven Taktiken hätten seine Anhänger zur Gewalt angestachelt.
Familie und christliche Keuschheit sollte ihn wieder ins Rampenlicht rücken und den Mächtigen beweisen, dass er genauso wenig weg war wie die Probleme, von denen er sprach. Unglücklicherweise zeigte die Reaktion auf die Gründungspressekonferenz, dass die Medien überhaupt nicht vorhatten, ihm eine zweite Chance zu geben. Es gab eine ganze Reihe wenig schmeichelhafter Reportagen, die ihn, in einem Fall sogar wörtlich, als »aufmerksamkeitsgeilen Kleinkriminellen« abtaten und ihm vorwarfen, er würde vor allem deshalb auf diese Moralkreuzzüge ziehen, weil er sich nicht der Schande seiner eigenen Vergangenheit stellen wolle.
Den Rest gegeben hatte ihm aber der Name. Er hatte ihn gewählt, weil er die Sorgen und Werte der Gruppe widerspiegelte. Der Ausdruck »christliche Keuschheit« insbesondere sollte die Aufmerksamkeit auf die Einstellung der Regierung zum Sexualkundeunterricht lenken, mit dem sie schon Grundschüler sexualisierten und wenn möglich gleich noch schwul machten. Bei der Gründungsveranstaltung waren kostenlose Autoaufkleber mit dem Aufdruck »F& CK « verteilt worden, während McGhee vor einem Banner mit demselben Motiv gesessen hatte. Das »&« hatten sie rot eingefärbt, damit es diesen ›I ♥ NY ‹ Stickern ähnelte, die alle immer vom Urlaub aus Amerika mitbrachten. Unglücklicherweise hatte das liberale Pack, wie auch seine liebe Redakteurin, sich auf ein alternatives Akronym gestürzt und nannte die Gruppe fortan »FucK«.
McGhee hatte Walter anvertraut, diese Reaktion habe ihn geradezu in Depressionen gestürzt, und er habe mitnichten »auf seinen großen Einsatz gewartet«, sondern ernsthaft überlegt, die Gruppe aufzulösen und nach Amerika auszuwandern, wo es Leute gebe, die seine Bemühungen unterstützen – und ernsthaft schätzen – würden. Also passte es wohl, dass die Vereinigung ihren neuen Schwung einem Besucher von der anderen Seite des Atlantiks verdankte.
Er hieß Monty, kurz für Montague Masterton: ein großer, kräftiger Neuengländer mit breitem Akzent, der jeden Vokal in die Länge zog, aber erfrischenderweise auch jeden Konsonanten präzise aussprach. Er hatte sich McGhee zwei, drei Wochen zuvor bei der F& CK -Mahnwache wegen der angekündigten Ausstellung ›History of Allegory‹ vor der Dalriada Gallery vorgestellt. Sie kamen ins Gespräch, und, naja, wer sich schon mal ein paar Minuten mit Monty Masterton unterhalten hat, kann sich vorstellen, wie sich die Dinge entwickelten. Er brachte wirklich frischen Wind in die Bewegung, pustete die Spinnweben weg und erfrischte die ausgelaugten Köpfe und die zwiespältigen Gewissen. Ob er eine Rede hielt oder nur bei einem Kaffee mit einem diskutierte: Er gab einem das Gefühl, der Moralkrieg stelle nicht die apokalyptische Vernichtung dar, als die er manchmal erschien, sondern vielmehr einen neuen Anfang. Wir mussten nur den Mut zum Kampf haben.
»Eins muss ich euch sagen«, hatte er sich am Abend, an dem Walter ihn kennengelernt hatte, an den Saal gewandt. »Eine einfache Tatsache, die viele vergessen haben, weil unsere Feinde die Fakten verdrehen, die Themen vergiften und uns Angst vor uns selbst machen. Und diese Tatsache lautet: Schwuchteln hassen ist okay. Noch einmal: Schwuchteln hassen ist okay. Ganz einfach, oder? Und jetzt alle: Schwuchteln hassen ist okay. Und wisst ihr auch, warum? Weil GOTT Schwuchteln hasst. Das dürft ihr nie vergessen. Niemals. Wenn sie um Gleichberechtigung winseln oder sich über Diskriminierung beschweren, muss man das immer vor Augen haben. Du wirst diskriminiert, weil du eine Schwuchtel bist? Tja, das liegt vielleicht daran, dass du KEINE SCHWUCHTEL SEIN SOLLST . Gott will, dass du diskriminiert wirst – und der wird’s schon wissen. Du willst Gleichberechtigung? Ach, heul doch. Du hast keine Rechte – du bist eine Schwuchtel. Du hast auf all deine Rechte verzichtet, als du dich entschlossen hast, einem anderen Mann deinen Schwanz in den Arsch zu schieben. Alles klar? Gott hasst Schwuchteln, ihr hasst Schwuchteln, ich hasse Schwuchteln. Das ist okay. So soll es sein.
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