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Die Holzhammer-Methode

Die Holzhammer-Methode

Titel: Die Holzhammer-Methode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredrika Gers
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Seine Höflichkeit war kein Baggerversuch gewesen, sondern lediglich freundschaftlicher Umgang unter Motorradfahrern. Er blickte an dem Pärchen vorbei in die Ferne und bemerkte, dass die Wolken nicht nur zahlreicher, sondern auch dunkler wurden. Er rauchte sein Zigarillo auf und fuhr wieder Richtung Schönau.
    Kurze Zeit später wuchs im Nordwesten eine gelbgraue Wand heran. Und es wurde immer schwüler. Er hoffte, dass er es noch vor dem Unwetter nach Hause schaffen würde. Trotzdem – Gewitter hin oder her –, auf dem Rückweg musste er unbedingt noch an der Tankstelle vorbei, die seine Lieblingszigarillos führte.

    Um Punkt sechzehn Uhr war es so weit. Die dunkle Wolkendecke öffnete sich. Die ersten Tropfen wirkten noch erfrischend, doch bald gingen eiskalte Sturzbäche nieder. Christine hatte den Wetterumschwung viel zu spät kommen sehen. Sie befand sich auf einem Weg, von dem sie nicht genau wusste, ob er sie tatsächlich zu ihrem Auto führen würde, da er sich immer weiter ins Tal schlängelte. Ihr Auto aber stand auf 1100  Metern Höhe am Hinterbrand. Doch nasser konnte sie ohnehin nicht mehr werden, selbst wenn sie den ganzen Weg bis zur Pension laufen würde. Allmählich wurde ihr kalt. Sie hatte keine Jacke dabei, keinerlei Regenschutz, nicht einmal eine Plastiktüte. Das Trockenste an ihr waren die Füße, denn ihre nagelneuen Bergschuhe hielten, was der braungebrannte Verkäufer versprochen hatte. Der Weg wurde immer rutschiger, und auf der linken Seite ging es steil bergab. An einigen Stellen gab es ein Geländer, an anderen war es weggefault. Während Christine über rutschige Steine abwärtsglitt, wünschte sie sich nicht nur eine Regenjacke herbei, sie begann auch zu verstehen, warum so viele Wanderer Teleskopstöcke benutzten. Trotzdem bereute sie ihr Abenteuer keine Sekunde lang. Im Gegenteil, sie beschloss lediglich, dass sie sich für die nächste Wanderung besser ausrüsten musste.

    Wer mit dem Auto zum schönsten See Deutschlands fährt, passiert erst einmal eine Tankstelle und einen McDonald’s, um dann auf einen Großparkplatz zu gelangen wie in Disneyland. Sobald man das Auto abgestellt und den Großparkplatz verlassen hat, entdeckt man den entscheidenden Unterschied: Hier ist alles echt. Man kann zwar vieles machen, was man auch in einem Vergnügungspark tun kann – Boot oder Seilbahn fahren, Erinnerungsfotos schießen, Geld für unglaublichen Kitsch ausgeben und sich von zwei mechanischen Holzfällern mit einer riesigen altertümlichen Baumsäge einen Gedenktaler von einem Ast sägen lassen –, doch man kann all dies auch einfach links liegen lassen. Denn die Landschaft ist wirklich so beeindruckend wie auf den zahllosen Postkarten, die von hier seit Ganghofers Zeiten verschickt werden.
    Unter dem Tankstellendach vor der Einfahrt zum Großparkplatz stand Matthias neben seiner roten BMW . Er hatte schon jenseits der österreichischen Grenze seine Regenmontur angezogen, in der er zwar aussah wie ein Marsmensch, die aber selbst bei 120  Stundenkilometern noch zuverlässig dicht hielt. Er war gerade dabei, die frisch erworbenen Zigarillos trocken im Seitenkoffer zu verstauen, als er eine traurige Gestalt erblickte, die den Elementen im Gegensatz zu ihm voll ausgeliefert war. Das Wasser tropfte ihr aus den Haaren, das T-Shirt war komplett durchsichtig, und die schlammbespritzte Sommerhose klebte ihr klatschnass an den Beinen. Die Frau strebte Richtung Ortsmitte an der Tankstelle vorbei, hatte also noch mindestens 2  Kilometer vor sich. Das triefende Etwas kam ihm irgendwie bekannt vor. Ohne lang nachzudenken, trat Matthias unter dem Dach hervor und rief: «Servus, wo soll’s denn hingehen?»
    Als die Frau aufblickte, erkannte er sie. Es war die Auswärtige, die im Nachtcafé mit dem Polizeichef rumgeknutscht hatte. Ihr Gesicht war voller Schlammspritzer, und die Haare hingen ihr strähnig in die Stirn. Matthias konnte nicht verstehen, wie man in so einem Aufzug und ohne jeglichen Wetterschutz eine Bergtour machen konnte. Preißn halt. Aber irgendwie sah sie auch süß aus in dem patschnassen Outfit. Als sie die Adresse ihrer Pension nannte, grinste er. Es war das Haus neben seinem.
    «Da muss ich eh hin», sagte er. «Nächster Halt: Tee mit Rum.»
    Er ging zu seiner Maschine, um den Ersatzhelm aus dem Koffer zu holen. Christine dachte kurz darüber nach, ob dieser Fremde in der Gummimontur sie vielleicht im nächsten Wäldchen vergewaltigen würde. Doch der Gedanke erschien ihr

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