Die Homoeopathie-Luege
unter gesetzlich Versicherten auseinandersetzen muss.
Transparenz und Konsequenz beim Nehmen wie beim Geben
Wie wir bereits in anderen Kapiteln dargelegt haben, ist die Welt der Medizin immer noch voller Fragezeichen. Bei Weitem nicht alle Arzneimittel oder OP-Techniken im Kassenkatalog haben ihren Nutzen für die Kranken jemals eindeutig belegt. Vieles fand schon zu einem Zeitpunkt Eingang ins Kassensystem, als evidenzbasierte Medizin wenig verbreitet war und Ãrzte sich vorrangig auf ihre eigenen Erfahrungen mit verschiedenen Behandlungsweisen verlieÃen. Bezahlt wurden und werden solche Therapien dennoch von den Versicherungen.
Umso mehr sind die groÃen Anstrengungen der vergangenen Jahre zu begrüÃen, endlich mehr Transparenz und nachvollziehbare Qualität ins Gesundheitswesen zu bringen. Immer wieder haben sich dabei Gremien, Ausschüsse und Kassen â zum Teil gegen starke wirtschaftliche Interessen von Industrie oder Ãrzteschaft â von wenig hilfreichen Leistungen verabschiedet oder die Zahlungen dafür eingeschränkt. So werden die Kosten für diverse Untersuchungen nicht übernommen, weil der behauptete Nutzen mancher Tests nicht belegt ist oder sogar ihr Schaden für die Patienten überwiegt.
Anstrengungen für nachvollziehbare Qualität im Gesundheitswesen machen aber nur Sinn, wenn sie konsequent auf alle Leistungen angewandt werden â also auch auf solche, die die Versicherungen freiwillig anbieten. Patienten sind bei ihrer Gesundheit schlieÃlich jederzeit auf bestmögliche Versorgung und Transparenz angewiesen â ob sie sich nun für die Standardversorgung ihrer Kasse entscheiden oder für bestimmte Verträge oder Wahltarife. Deswegen plädieren wir für einen Wettbewerb der Versicherungen, in dem es vorrangig um Transparenz und Glaubwürdigkeit statt um Vielfalt geht: Kassen sollten sich künftig auch bei ihren freiwillig erbrachten Leistungen in erster Linie mit dem positionieren, was nachweislich den gröÃten Nutzen für die Gesundheit mit sich bringt, und nicht damit, was aktuell besonders »im Trend« liegt. Das würde bedeuten, Therapierichtungen im Kassensystem werden nur dann erstattet, wenn sie belegen können, dass sie besonders nützlich für die Patienten sind â aber nicht allein auf der Grundlage dessen, dass sie irgendwann einmal einfach zu etwas an sich »Besonderem« erklärt wurden.
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Weichgespülte Medien:
Geschichten von Wundern und Heilern
Eigentlich sollte es eine fröhliche Feierstunde werden: Am 5.Oktober 2011 trafen sich in Dortmund im »Zentrum für Kunst und Kreativität« Journalisten aus ganz Deutschland, um mit Vorträgen, Diskussionen und einem geselligen Beisammensein die erfolgreiche und nun zu Ende gehende Arbeit der »Initiative Wissenschaftsjournalismus« zu würdigen. Doch es kamen Misstöne auf. Der Chefredakteur von GEO , Peter-Matthias Gaede, wehrte sich gegen die Kritik an einer Titelgeschichte in GEO wenige Wochen zuvor. Der Geschichte war mangelndes Evidenzbewusstsein vorgeworfen worden, was für reichlich Wirbel in der Journalistenszene gesorgt hatte.
In dem Artikel, überschrieben »Die neue Heilslehre«, hatte die Wissenschaftsjournalistin Petra Thorbrietz für ein Miteinander von »Schul-« und »Alternativmedizin« geworben â wobei sie keinen Hehl daraus gemacht hatte, welchem Lager ihre Sympathien galten. Der Artikel führte in Blogs und auf der Facebook-Seite von GEO zu teils hitzigen, meist aber sachlichen Diskussionen. Gaede jedenfalls sah sein Magazin und seine Autorin zu Unrecht angegriffen und beschuldigte seinerseits die Kritiker des blindwütigen Eiferertums. Als er bei einem Podiumsgespräch zum Thema »Was noch zu tun wäre« befragt wurde, entlud sich sein Zorn: Die Kritiker, allen voran die Mitglieder der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung der Parawissenschaften (GWUP), hätten so viel Schaum vor dem Mund, dass sie nicht mehr klar sehen könnten.
Widerspruch regte sich nicht, vielleicht, weil man sich die Feierlaune nicht verderben lassen wollte, ganz sicher aber auch, weil Anwesende den Artikel von Thorbrietz prima und deshalb Gaedes Reaktion nur zu verständlich fanden. Diese Szene und ihre Vorgeschichte spiegelt in etwa auch die Medienlandschaft in Print, Funk und Fernsehen wider: Während einige wenige Journalisten klar Stellung gegen Verfahren wie die
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