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Die Homoeopathie-Luege

Die Homoeopathie-Luege

Titel: Die Homoeopathie-Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Heissmann , Christian Weymayr
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Zufriedenheit. Viele Patienten haben heute das ungute Gefühl, beim Kassenarzt schnell abgefertigt zu werden und nur ein »Fall« unter vielen zu sein. Bezahlt ihnen eine Versicherung die ausführlichen Gespräche beim Homöopathen, kann dieses Extra an menschlicher Zuwendung zu mehr Zufriedenheit in einem als kalt empfundenen System verhelfen.
    Den Kassen wiederum verschafft die Homöopathie eine weitere bunte Facette in ihrem Leistungskatalog. Denn was beim Kunden bei der Wahl einer Krankenversicherung den Ausschlag gibt, sind nicht etwa persönliche Beratung, guter Service oder auch das gute Image einer Kasse. Selbst die viel geschmähten Zusatzbeiträge scheinen für die allermeisten nicht entscheidend bei der Kassenwahl zu sein, wie eine Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK aus dem Jahr 2011 belegte. Nein, mit Abstand am wichtigsten war den 3000 Befragten, dass eine Kasse ihnen »viele Leistungen« anbietet. Fast jeder Dritte nannte diesen Wunsch an erster Stelle.
    Und dabei kostet das Aushängeschild Homöopathie die Versicherungen praktisch nichts. Man mag darüber streiten, ob die Homöopathie eigentlich eher Kosten einspart oder zusätzliche erzeugt. Aber eines tut sie zurzeit sicher nicht: Sie treibt keine Kasse in die Pleite. Die Ausgaben für Hahnemann’sche Therapien belaufen sich auf buchstäblich homöopathische Summen: Im Jahr 2010 schrieben Ärzte laut Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) 1,9 Millionen Mal homöopathische Medikamente auf ihre Rezepte. Das entspricht einem Anteil von nicht einmal 0,3 Prozent an allen 677 Millionen Verordnungen im Kassenkosmos. Bezogen auf den Umsatz fielen die eher billigen Homöopathika sogar noch weniger ins Gewicht: Mit 18,9 Millionen Euro im Jahr 2010 machten sie gerade einmal 0,06 Prozent der GKV-Medikamentenausgaben aus (Quelle: BPI Pharma-Daten 2011, Umsatz gerechnet in Apothekenpreisen). Demgegenüber lagen die gesamten Ausgaben der gesetzlichen Versicherer für Arzneimittel in den letzten Jahren bei um die 30 Milliarden Euro, zählt man alle Ausgaben zusammen, kommt man für das Jahr 2011 gar auf schwindelerregende 169 Milliarden Euro (Quelle: GKV-Spitzenverband). Selbst wenn Kassen im Rahmen bestimmter Tarife und Verträge homöopathische Sitzungen bezahlen, besteht offenbar wenig Gefahr, dass sie sich dabei verausgaben: Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte bezifferte in einer Information von 2010 die Kassenausgaben für die homöopathische Versorgung bei niedergelassenen Ärzten auf rund sieben Millionen Euro pro Quartal und damit auf etwa ein Promille der Arztkosten der Kassen. Zum Vergleich: Allein das Haushaltsvolumen 2012 der Techniker Krankenkasse betrug 21,3 Milliarden Euro.
Gesetzlich verankerte Privilegien
    Zudem müssen die Kassen schon seit Langem keinen Druck mehr vom Gesetzgeber fürchten, wenn sie sich trauen, eine spekulative Methode wie die Homöopathie zu bezahlen. Er selbst hat schließlich schon vor vielen Jahren dem Druck homöopathischer Ärzte, naturheilkundlich engagierter Kassenvertreter und anderer Lobbygruppen nachgegeben und die Homöopathie zur »besonderen Therapierichtung« geadelt. Das verschafft ihr Vorrechte gegenüber der konventionellen Medizin (siehe auch Kapitel 7), die ebenfalls im Sozialgesetzbuch V festgeschrieben sind. Etwa das Privileg, dass sie ihren Nutzen nicht so streng wie andere Methoden überprüfen lassen muss.
    Die klare Bevorzugung unkonventioneller Methoden findet sich im SGB V etwa in den Paragrafen 2 und 34. Arzneimittel mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischen Nutzen darf der Vertragsarzt eigentlich nicht verordnen. Aber: »Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen.« Und bei der Beurteilung solcher Medikamente »ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen (§§ 2, 34 SGB V).« Weiterhin ist im Sozialgesetzbuch V § 135 verankert, dass der Nutzen der Homöopathie ohnehin nicht nach dem Erkenntnisstand evidenzbasierter Mediziner beurteilt werden sollte, sondern nach dem Stand der Homöopathen selbst. Damit wurde ihr eine praktisch unantastbare Nische geschaffen, aus der heraus sie im Kassensystem aufblühen konnte.
Intransparente Zwei-Klassen-Medizin
    Nun könnte der eine oder andere vielleicht einwenden: Homöopathie für ein paar

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