Die Homoeopathie-Luege
die mit Homöopathika »geheilt« wurden, hätten auch eine geprüft wirksame Therapie nicht gebraucht, die sie vermutlich bekommen hätten, wären sie zu einem streng naturwissenschaftlich ausgerichteten Arzt gegangen. Daraus lassen sich zwei Schlüsse ziehen. Erstens: Wenn ein geprüft wirksames Medikament unnötig ist, wäre der Patient mit einem Homöopathikum besser dran, schlieÃlich hat das Medikament ganz sicher Nebenwirkungen, das Homöopathikum jedoch nicht. Zweitens: Am besten ist dran, wer weder das eine noch das andere in Anspruch nimmt. Dann spart er Zeit, Geld und Nerven. Abwarten und Nichtstun ist eine immer noch weit unterschätzte Therapie-Option. Und der Placebo-Effekt, den man dann verschenkt? Denkbar wäre, dass man sich, wenn man Bagatellerkrankungen hinnimmt und nicht weiter beachtet, von erfreulicheren Dingen so ablenken lässt, dass die Beschwerden ebenso gelindert werden wie durch die Placebo-Effekte einer Behandlung.
5. Für die Ãrzte: Gespräche ausreichend vergüten
Das kassenärztliche Handeln ist streng geregelt. Jede Untersuchung, Verschreibung und Behandlung ist in einem Katalog, dem sogenannten Einheitlichen BewertungsmaÃstab, beschrieben und mit einem Punktwert versehen, der später in das Honorar des Arztes umgerechnet wird. Den Einheitlichen BewertungsmaÃstab legt ein Gremium fest, das zu gleichen Anteilen mit Vertretern der Ãrzteschaft und der Kassen besetzt ist. Seit Jahren wird von verschiedenen Seiten beklagt, dass eine ärztliche Handlung entschieden zu kurz kommt: das Gespräch. Das Abrechungssystem, das von den Ãrzten mitgetragen wird, belohnt Aktivität, am besten mit Geräteeinsatz. Wenn ein Mediziner sich dagegen in Ruhe mit seinem Patienten unterhält und ihm am Ende rät abzuwarten, geht er nahezu leer aus. Will er das Gespräch honoriert bekommen, ist es für ihn hochattraktiv, es dem Patienten als »homöopathische Anamnese« privat in Rechnung zustellen.
Diese Situation ist ein Unding, weil sie Ãrzte, die die ärztlichen Tugenden Zuwendung und Zurückhaltung praktizieren wollen, dazu drängt, Zuflucht zu Therapieformen wie der Homöopathie zu suchen. Mediziner und ihre Verbände sollten also in ihrem eigenen Interesse dafür sorgen, dass das Gespräch und das zurückhaltende Therapieren im Gesundheitssystem einen angemessenen Stellenwert bekommen.
6. Für die Industrie: Esoterik kennzeichnen
Verbraucherschutz gewinnt immer mehr an Bedeutung. Produktzusammensetzungen und Inhaltsstoffe müssen deklariert werden, irreführende Werbung ist verboten. Immer wieder sind auch einfache Symbole im Gespräch, die den Verbraucher leicht verständlich und schnell informieren sollen. Auch die Beziehungen des Arzneimittelmarkts zum Verbraucher sind geregelt. Hier werden grob zwei Bereiche unterschieden: die verschreibungspflichtigen und die frei verkäuflichen Medikamente. Bislang ist es in Deutschland verboten, auÃerhalb von Fachkreisen für verschreibungspflichtige Medikamente zu werben. So wird man eine Anzeige für ein Antibiotikum in der Fernsehzeitung vergeblich suchen. Frei verkäufliche Mittel aber, ob Schnupfenmittel, Kopfschmerztabletten oder Hustensaft, die sich der Patient in Eigenverantwortung in der Apotheke besorgen kann, dürfen auch beworben werden.
Trotz vielfältiger Angaben in der Werbung und auf den Packungen kann der Patient nicht beurteilen, wie gesichert die Versprechungen des Herstellers sind. Wenn er nicht weiÃ, was »homöopathisches Arzneimittel« bedeutet, kann er an der Art der Aufmachung nicht erkennen, dass es sich hierbei um Glaubensmedizin handelt. Um den Verbrauchern eine Orientierungshilfe zu geben, möchten wir eine Kennzeichnungspflicht anregen. Man könnte beispielsweise einen bis drei Punkte vergeben: drei Punkte für Mittel, deren spezifische Wirksamkeit ausreichend gut belegt ist, Beispiel: diverse Kopfschmerzmittel. Zwei Punkte gäbe es für Mittel, deren Wirksamkeit zwar theoretisch möglich und nach Stand der Forschung auch plausibel, aber nicht ausreichend gut belegt ist, Beispiel: diverse pflanzliche Mittel. Nur einen Punkt erhielten Mittel, deren Wirksamkeit nach Stand des Wissens unmöglich oder nicht plausibel ist und die sich stattdessen rein auf Erfahrung berufen, Beispiel: Homöopathika. Wahlweise könnte man die Mittel der letzten Gruppe auch mit einem kleinen Einhorn
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