Die Homoeopathie-Luege
unplausibel ist
Da weder der klassische noch der pharmakologische Ansatz begründen können, warum homöopathische Arzneien wirken sollen, ist das Gedankengebäude Hahnemanns widerlegt. Es braucht keine weiteren Argumente, und wir könnten die Diskussion hier abschlieÃen. Dennoch möchten wir â der Vollständigkeit halber â noch einige weitere Argumente erwähnen, die die Homöopathie zumindest höchst unplausibel erscheinen lassen:
Eine » Lebenskraft « ist aus heutiger Sicht entbehrlich. Auch wenn es dem Selbstbild des Menschen und seinem Sehnen, im Leben einen göttlichen Funken zu sehen, widerstrebt, so können wir heute aus unserem Wissen über den Mikrokosmos, das Zusammenspiel von Genen, Enzymen, Nervenzellen und Botenstoffen, sehr gut schlieÃen, dass man keine »Lebenskraft« braucht, um das Phänomen »Leben«, selbst das bewusste Leben des Menschen, erklären zu können. Für Hahnemann war die Existenz einer Lebenskraft auch deshalb plausibel, wie er im Organon (§ 11, 2. FuÃnote) schreibt, weil schlieÃlich auch der Mond mit unsichtbarer Kraft Ebbe und Flut bewirkt und ein Magnetstab ein Stück Eisen anzieht. Heute sind die Ursachen von Schwerkraft und Magnetismus längst bekannt, eine Lebenskraft aber kennt man nicht.
Für das Simile-Prinzip gibt es keine stichhaltige Begründung. Tausende Studien haben vielmehr gezeigt, dass das von Hahnemann verteufelte Prinzip des »contraria contrariis«, eine Krankheit heilen zu können, indem man ihren Ursachen entgegenwirkt, zutrifft. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Homöopathen ausgerechnet Impfungen meist kritisch sehen. Sie sind eine der ganz wenigen Ausnahmen, die dem Simile-Prinzip zumindest nahekommen, weil man mit ihnen einer Krankheit vorbeugen kann, indem man Gesunden etwas gibt, das die Symptome der Krankheit hervorruft.
Die Arzneiprüfung, wie die Homöopathie sie betreibt, ist weitgehend subjektiv. Allgemeingültige Aussagen über die tatsächliche Wirkung der Arzneisubstanzen sind kaum möglich. Hahnemann empfahl im Organon , für eine Arzneiprüfung über mehrere Tage »4 bis 6 Kügelchen der 30sten Potenz« zu sich zu nehmen (§ 128). Der Prüfer, der solche wirkstofffreien Mittel einnimmt, mag vieles an sich beobachten, aber es hat gewiss nichts mit der Arznei zu tun. Auch die Einnahme realer Mengen von Wirkstoffen schützt nicht vor Fehldeutungen: So registrierte Hahnemann nach der Einnahme von Chinin, dass sein Körper von Fiebern geschüttelt wurde. Dazu schreibt der Pharmakologe Wolfgang H. Hopff: »Von den toxischen Eigenschaften des Chinins wissen wir, dass eine Untertemperatur erzeugt wurde, welche einen âºSchüttelfrostâ¹ zur Folge haben mag. Was auch immer Hahnemann fühlte, es kann sich nicht um Fieber gehandelt haben.« So war bereits die Mutter aller homöopathischen Arzneimittelprüfungen, die die Geburtsstunde der Homöopathie einläutete, ein Irrtum.
Ein Merkmal der Homöopathie ist ihre Beliebigkeit. Während die evidenzbasierte Medizin durch das Ringen nach der einen Wahrheit gekennzeichnet ist, scheint es in der Homöopathie viele »Wahrheiten« zu geben. Selbst in Hahnemanns Gedankengebäude, das auf den ersten Blick so stimmig wirkt, tun sich Abgründe an Ungereimtheiten auf. Ein Beispiel: Wenn beim Potenzieren die Heilkraft einer Substanz immer klarer zutage tritt, wieso wird dann nicht immer die höchste Potenz verwendet? Wieso folgt Hahnemann dem Dosis-Wirkungs-Prinzip, wenn er die Einnahme von zwei oder drei Kügelchen statt einem empfiehlt? Und wieso haben sich schon zu Lebzeiten Hahnemanns, seinen drakonischen Strafpredigten zum Trotz, abweichende Schulen entwickelt, die allesamt eine noch bessere Wirksamkeit für sich beanspruchen? Wie kann es sein, dass auch jene Ãrzte und Patienten positive Erfahrungen mit der Homöopathie machen, die selbst fundamentale Regeln Hahnemanns nicht beherzigen?
Zur Beliebigkeit der Homöopathie gehört auch, dass manches in Hahnemanns Lehrwerk heute nicht mehr beachtet wird. Seine Abkehr von den 100er-Potenzierungen und seine Hinwendung zu 50000er-Potenzierungen in der 6.Auflage des Organon ist zwar konsequent und aus seiner Sicht auch empirisch belegt, wie er schreibt, aber offenbar überfordert er damit den »gesunden Menschenverstand«, der sich gegen eine allzu groÃe Verdünnung
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