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Die Homoeopathie-Luege

Die Homoeopathie-Luege

Titel: Die Homoeopathie-Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Heissmann , Christian Weymayr
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sträubt – auch wenn die heute üblichen C30-Potenzen ebenso absurd sind. Auch werden manche Arzneiprüfungen nicht mehr ernst genommen. So schreibt der Gerichtsmediziner Otto Prokop in seinem Buch Homöopathie. Was leistet sie wirklich? (Ullstein, 1995, S. 31), dass Hahnemann bei Arzneimittelprüfungen mit Magneten einige Hundert Symptome beschrieben hat, »die heute schamhaft verschwiegen werden«. Hahnemann hält beispielsweise im Organon zu den positiven Wirkungen des Nord- und Südpols eines Magnetstabs fest (§ 287): »Obwohl beide Pole gleich kräftig sind, stehen sie doch in der Art ihrer Wirkung einander gegenüber.« Er glaubte also in seinen Arzneimittelprüfungen nicht nur zweifelsfrei festgestellt zu haben, dass Magneten eine Heilwirkung haben, sondern auch, dass Nord- und Südpol medizinisch verschieden wirken. Natürlich muss man Hahnemann Irrtümer zugestehen, problematisch ist aber, dass es innerhalb der Welt der Homöopathie keine nachvollziehbaren Kriterien gibt, mit denen sich Irrtum von vermeintlichem Nicht-Irrtum in seinem Werk unterscheiden lassen.
Gegen die Wirksamkeit der Homöopathie sprechen auch pragmatische Argumente. Wozu sollten die großen Pharmafirmen Millionen und Abermillionen an Forschungsgeldern in die Entwicklung neuer Arzneimittel stecken, wenn die Lösung so einfach wäre? Das Missverhältnis zwischen dem riesigem Aufwand, den heutzutage unzählige Pharmaexperten treiben, und den simplen Regeln, die vor 200 Jahren ein einzelner Mann ersonnen hat, ist nicht erklärbar. Die Homöopathie ist mehr denn je eine Außenseitermethode. Dies wird allerdings dadurch kaschiert, dass sie sich neuerdings einen wissenschaftlichen Anstrich gibt, wie wir in Kapitel 3 darlegen werden.
Hahnemanns Organon ist überholt. Seit seinem Erscheinen vor 200 Jahren hat die Medizin unglaublich viele neue Erkenntnisse gewonnen. Viele dieser Erkenntnisse führten dazu, dass bis dahin gültige Annahmen angepasst, wenn nicht sogar aufgegeben werden mussten. »Gescheiter durch Scheitern« könnte man dieses Prinzip nennen. So lernt die Medizin – getrieben vom Forschergeist und vom Konkurrenzkampf der Wissenschaftler – Tag für Tag dazu. In der Homöopathie dagegen ist ein Anpassen an neue Erkenntnisse oder gar ein Scheitern nicht vorgesehen. Das Gedankengebäude Hahnemanns wird als beinahe göttliches Diktum verehrt. Die Forschung der Homöopathie-Verfechter ähnelt deshalb einem Tanz ums Goldene Kalb: Sie dient ausschließlich dazu, die Regeln Hahnemanns zu bestätigen, und nicht, sie weiterzuentwickeln oder gar infrage zu stellen. Während die Homöopathie bei ihrer Entstehung noch halbwegs im Einklang mit den Vorstellungen ihrer Zeit stand, ist sie heute das Vermächtnis eines einzelnen Mannes, der sich aus fragmentarischem Wissen und fundamentalen Irrtümern ein Gedankengebäude zusammengezimmert hat, über das die Erkenntnisse der vergangenen 200 Jahre längst hinweggegangen sind.
Ein geniales Gedankengebäude
    Wenn homöopathische Arzneien unmöglich wirken können und das ganze Gedankengebäude dem heutigen Wissen aus vielerlei Gründen nicht standhält, wieso ist die Homöopathie dann so verbreitet und erfreut sich sogar steigender Beliebtheit bei Ärzten und Patienten? Allgemeiner gefragt: Wie kann sich etwas halten, das offenkundig unsinnig ist? Zum Vergleich: Wie würde es einem Meteorologen ergehen, der das Wetter von morgen auspendelt, oder einem Flugzeugingenieur, der den Gott der Lüfte um Beistand bittet, oder einem Lehrer, der Noten intuitiv vergibt? Solche Verhaltensweisen würden alsbald auffliegen, weil ihre Unsinnigkeit nicht nur rational einleuchtet, sondern auch direkt erfahrbar ist: Das Wetter wäre anders als vorhergesagt, das Flugzeug würde abstürzen, und der Lehrer würde die Kinder ungerecht behandeln und einen Elternaufstand provozieren.
    Die Homöopathie dagegen ist ein System ohne erfahrbare Widersprüche. Wenn Hahnemann ein durchtriebener Stratege gewesen wäre, so hätte er sich die Regeln nicht besser ausdenken können. Er hat mit der Homöopathie ein in sich geschlossenes, nahezu unwiderlegbares System geschaffen, dessen Richtigkeit am Ende für Arzt und Patient fast immer auf der Hand zu liegen scheint.
    Sein geniales Gedankengebäude ruht dabei auf mehreren Pfeilern. Ein Pfeiler ist zunächst die

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