Die Homoeopathie-Luege
Hand in Hand. Die Lehre Hahnemanns hat ihren festen Platz im Alphabet der Lehrveranstaltungen: Zwischen Handchirurgie und Infektiologie rangiert die Homöopathie â anscheinend auf Augenhöhe mit wissenschaftlich basierten Fachgebieten der Medizin â in der Musterweiterbildungsordnung (MWBO) der Bundesärztekammer. Die regelt unter anderem, was Ãrzte lernen müssen, bevor sie eine offiziell von den Landesärztekammern anerkannte Zusatzbezeichnung führen können. Etwa 6900 Ãrzte mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie waren im Jahr 2011 in Deutschland registriert. Die groben inhaltlichen Vorgaben der MWBO wie »Therapieansatz der Homöopathie« wurden von Landesärztekammern praktisch im Wortlaut übernommen. Etwas genauer definiert das (Muster-) Kursbuch Homöopathie , was die Ãrzte lernen sollen. Erarbeitet wurde es von der Bundesärztekammer zusammen mit dem deutschen Zentralverein homöopathischer Ãrzte. Nach diesem Buch büffeln Ãrzte, die im Studium noch Anatomie, Zellphysiologie oder Pharmakologie lernten, nun Inhalte wie »Wesen der Krankheit (Verstimmung der Lebenskraft)«, »das Simile-Prinzip« oder »die Potenzierung (Dynamisierung)« von Arzneimitteln. Die Ãrztekammern verleihen die Zusatzbezeichnung Homöopathie und geben für solche Weiterbildungsveranstaltungen ihre offizielle Anerkennung. Dafür bekommen sie von den Veranstaltern und von den weitergebildeten Ãrzten diverse Gebühren.
Auch an Krankenhäusern haben wissenschaftsbasierte Mediziner offenbar kein Problem damit, Kranke mit einer Mischung aus wissenschaftsbasierten und homöopathischen Therapien zu behandeln: Die Website des DZVhà und das Jahresprogramm des Vereins verweisen auf insgesamt ein gutes Dutzend Kliniken und Klinikstationen, wo Patienten auch homöopathische Mittel bekommen, darunter die Charité Ambulanz für Prävention und Integrative Medizin und das Immanuel Krankenhaus in Berlin sowie das Dr. von Haunersche Kinderspital in München.
Die Bundesärztekammer als berufspolitische Spitzenorganisation deutscher Mediziner hat sich offensichtlich für die Ausweitung der Homöopathen-Ziffern in der Gebührenordnung stark gemacht. Ihr ehemaliger und im Jahr 2011 verstorbener Präsident Jörg-Dietrich Hoppe brach wiederholt eine Lanze für die Homöopathie. Im Jahr 2010 sprach er sich zum Beispiel dafür aus, homöopathische Behandlungen im Leistungskatalog von Krankenkassen zu belassen, offenbar auch, weil sie zum ärztlichen Alltag gehörten: »Die Wirkung von homöopathischen Mitteln ist zwar nicht naturwissenschaftlich belegbar, trotzdem ist die Homöopathie ein wichtiger Zweig in der Ausbildung von Ãrzten geworden«, wurde Hoppe im Berliner Tagesspiegel zitiert. Kurz vorher hatte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach noch die Streichung gefordert, weil es keinen klaren Nutzennachweis für die Homöopathie gibt.
Tolerante Medizin im »Dialog«
Der damalige Präsident der Bundesärztekammer gehörte auch zu jenem Kreis von Medizinern und Wissenschaftlern, die vor Jahren beschlossen hatten, den Dialog mit den Vertretern der unkonventionellen Heilmethoden zu institutionalisieren: Im Jahr 2000 gründeten sie in Düsseldorf das »Dialogforum Pluralismus in der Medizin«. Ursprünglich angesiedelt bei der Ãrztekammer Nordrhein, zog die Geschäftsstelle 2010 ins Zentrum der ärztlichen Lobby und residiert nun direkt bei der Bundesärztekammer in Berlin.
Der Kreis sieht sein Ziel darin, »durch einen offenen Dialog innerhalb der Ãrzteschaft einen wesentlichen Beitrag zu einem konstruktiven Diskurs zwischen Vertretern der konventionellen und der komplementären Therapierichtungen zu leisten«. Es soll dabei auch um die begrüÃenswerte »Abgrenzung unseriöser und fragwürdiger Therapien« gehen. Allerdings stellt das Forum die fragwürdige Therapie der Homöopathie unhinterfragt neben die Pflanzenmedizin. Letztere gilt zwar ebenfalls als Alternativverfahren, kann aber im Gegensatz zur Homöopathie für viele Arzneimittel auf pharmakologisch erklärbare Wirkmechanismen verweisen.
In einem programmatisch anmutenden Ãrzteblatt -Artikel mit dem Titel »Was ist seriöses Therapieren?« wurde im Jahr 2010 etwas deutlicher, welche Haltung das Forum gegenüber verschiedenen Richtungen in Medizin und Wissenschaft vertritt:
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