Die Homoeopathie-Luege
beherrschen optisch die Werbeauftritte der Branche. Ein Alternativ-Image, das bei Patienten auf fruchtbaren Boden fallen dürfte: Begegnen doch viele den Giganten der konventionellen Chemie- und Pharmabranche eher mit Misstrauen.
Doch auch wenn Homöopathie-Firmen üblicherweise nicht in der Liga der ganz groÃen Konzerne mitspielen und die Ideologie hinter ihren Arzneimitteln eher erdverbunden daherkommt, in Sachen Marketing und Lobbyarbeit spielt die Globuli-Branche die gleiche Klaviatur wie Arzneimittelkonzerne der klassischen Chemieindustrie: Auch homöopathische Pharmafirmen decken Ãrzte und Apotheker kostenlos mit Fachliteratur ein, statten sie mit Broschüren, Postern und anderen Werbeartikeln für Praxis und Ladentisch aus. Pharmareferenten schwärmen aus und »beraten« Mediziner und Pharmazeuten über die bunte Welt homöopathischer Medikamente. Homöopathika-Hersteller finanzieren Tagungen und Seminare für Ãrzte, wo fleiÃig auf die hauseigenen Produkte hingewiesen wird. In medizinischen Fachzeitschriften erscheinen »Sonderberichte« zur Wirksamkeit homöopathischer Mittel â gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Industrie. Für Laien bietet man Kongresse, Infotage und öffentliche Vorträge über homöopathische Therapeutika an, Politiker werden gern durch die Produktionshallen geführt.
Eine Strategie, die sich offenbar lohnt: Homöopathika genieÃen bei Patienten ein bemerkenswert positives Image. Tausende Ãrzte verordnen sie. Apotheken räumen ihnen die besten Plätze im Schaufenster frei. Und wie nebenbei ist es der Branche in den letzten Jahrzehnten auch gelungen, die Arzneigesetze zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel etwa muss bei Weitem nicht so aufwendig belegt werden wie die von pharmakologisch wirkenden Mitteln.
Eine GröÃe auf dem Pharmamarkt
Wer in die Apotheke geht, stellt fest, dass Homöopathika üblicherweise nicht allzu teuer sind. Doch auch das medikamentöse Kleinvieh macht sich bezahlt. Längst hat sich die homöopathische Industrie zu einem nicht zu vernachlässigenden Player auf dem Arzneimittelmarkt gemausert. Was wenig verwundert, wenn laut der Deutschen Homöopathie-Union weltweit schätzungsweise eine halbe Milliarde Menschen homöopathische Arzneimittel verwendet. Zwar liegen die Umsätze der deutschen Globuli-Hersteller weit unter den mehrstelligen Milliardensummen der ganz groÃen Pharmariesen. Doch immerhin verkauft die Globuli-Branche laut Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) hierzulande jährlich 50 Millionen Packungen homöopathischer Arzneimittel und setzt damit etwa 250 Millionen Euro um.
Was homöopathisch tätige Firmen tatsächlich einnehmen, dürfte noch deutlich über der Viertelmilliardenmarke liegen: Zum einen ist in dieser Summe der Homöopathika-Bedarf der Krankenhäuser nicht erfasst, zum anderen verdienen einige der deutschen Hersteller einen erheblichen Teil ihres Geldes im Ausland. Allein die beiden GroÃen im deutschen Markt dürften es zusammen auf etwa 300 Millionen Euro Umsatz bringen. So nahm die in Baden-Baden ansässige Firma Heel Biologische Heilmittel im Jahr 2011 knapp 200 Millionen Euro ein, das meiste davon im Ausland. Als einer der gröÃten Homöopathika-Produzenten überhaupt und als Weltmarktführer für homöopathische Injektionsampullen beschäftigt die Firma allein in Baden-Baden etwa 800 Mitarbeiter, weltweit sind es knapp 1400. Bekanntestes unter den mehr als 400 Mitteln dürfte das bei Sportärzten beliebte Traumeel sein, das zum Beispiel bei Gelenkverletzungen zum Einsatz kommt. Homöopathische Mittel von Heel kann man in mehr als 50 Ländern der Welt kaufen.
Der zweite groÃe Mitbewerber, die »Deutsche Homöopathie-Union« in Karlsruhe, setzt mit etwa 500 Mitarbeitern rund 100 Millionen Euro im Jahr um (Quelle: Pharmazeutische Zeitung 17/2012). Unschlagbar dürfte die Union aber bei der unfangreichen Palette lieferbarer Arzneimittel sein: Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen in der Lage, rund 1400 Ausgangsstoffe zu mehr als 400000 verschiedenen Arzneimitteln unterschiedlichster Potenz zu verarbeiten, vor allem zu Globuli. Knapp 13 Milliarden Zuckerkügelchen verlassen jährlich die Produktion, hinzu kommen Kombinationsmittel in Tablettenform wie das Heuschnupfenmittel DHU, homöopathische Gele,
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