Die Homoeopathie-Luege
die Hahnemannâsche Tradition, sondern die moderne Bequemlichkeit: So soll man sich mit Komplexmitteln eben diese aufwendige Arzneimittelfindung nach Hahnemanns Ãhnlichkeitsregel ersparen können, weil die Mittel gleich für ein bestimmtes Anwendungsgebiet gedacht sind. Und bei seiner speziellen Komplex-Produktlinie für Laien betont das Unternehmen, dass man sich den homöopathischen Arzt auch gleich ganz sparen kann, denn damit »steht Ihnen jetzt eine Produktfamilie zur Seite, mit der Sie viele häufige Beschwerden selbst behandeln können«.
Eine zentrale Rolle dürfte die DHU auÃerdem bei der Popularisierung der SchüÃler Mineralsalze gespielt haben, die mit Hahnemannâschen Vorstellungen eigentlich nur noch gemeinsam haben, dass sie verdünnt werden. So sieht sich die Deutsche Homöopathie-Union in ihrem Internetauftritt als »Wegbereiter« dieser Therapierichtung: »Waren die SchüÃler Salze zu Beginn nur einer überschaubaren Anwendergruppe und wenigen Therapeuten bekannt, entwickelte die DHU mit einer breiten Aufklärungskampagne, intensiver  Ãffentlichkeitsarbeit und zahlreichen Publikationen die SchüÃler Salze zu einer der populärsten Naturheil-Therapien unserer Zeit.« Im Interview mit der Pharmazeutischen Zeitung betonte DHU-Geschäftsführer Franz Stempfle im Frühjahr 2012 ebenfalls das Engagement seines Unternehmens für diese Therapie: »Auch bei der Wiederbelebung der Methode vor gut zehn Jahren war die DHU die treibende Kraft und der eigentliche Impulsgeber.«
Globuli aus eigenem Blut
Auch andere homöopathische oder von der Homöopathie abgeleitete Therapie-Spielarten sind unmittelbar mit den Geschäftsmodellen bestimmter Firmen verknüpft. So propagiert die Homeda Pharma GmbH in Eschweiler bei Aachen die Homöo-Isopathie. Dabei geht es nicht einfach nur wie in der Homöopathie darum, Ãhnliches mit Ãhnlichem zu heilen â der Wortteil »Iso« aus dem Altgriechischen im Namen deutet Gleichheit an. Um Gleiches mit Gleichem zu heilen, werden bei Homeda die höchstpersönlichen Ausscheidungen oder Gewebe eines Patienten zu homöo-isopathischen Arzneimitteln verarbeitet.
Dazu muss man zum Beispiel â gegebenenfalls mit Unterstützung durch Arzt oder Apotheker â ein Pröbchen Blut, Urin, Stuhl, Muttermilch oder ausgehusteten Auswurf, ein Stück Warze, Tumorgewebe oder Plazenta spenden und an Homeda verschicken lassen. Dort wird die Probe dann homöopathisch zu einer sogenannten KörperSubstanzVerdünnung oder KSV verschüttelt und in Form von Globuli oder Tropfen zur Abholung an die Apotheke des Vertrauens versandt. Voraussetzung ist allerdings, dass einem die eigene Gesundheit nicht nur lieb, sondern auch teuer ist: Zehn Gramm Globuli kosten zwischen 64,11 und 106,37 Euro, zehn Milliliter Tropfen zwischen 57,38 und 99,95 Euro. Je stärker ein Mittel verdünnt und je öfter es geschüttelt wurde, desto mehr kostet es.
Für stolze 441 Euro (Preise: Stand August 2012) wird werdenden Eltern mit besonders gut gefülltem Portemonnaie sogar eine »Neugeborenen-KSV« angeboten. Dafür sollen direkt nach der Geburt einige Tropfen Nabelschnurblut entnommen und in einem speziellen Gefäà an Homeda geschickt werden. »Innerhalb kürzester Zeit bereiten wir Ihr kostbares Gut für Ihr Kind zum höchst persönlichen und individuellen homöo-isopathischen Arzneimittel auf«, wirbt das Unternehmen und erwähnt dabei auch den Hoffnungsträger »Stammzellen« im Nabelschnurblut. Das Besondere an der Methode, so die Firma, sei »das unerschöpfliche Depot«: Bei Bedarf könnten die Eltern oder ihr Kind »bis ins hohe Alter immer wieder neue Globuli und Dilutionen herstellen lassen« â aus der ursprünglichen Blutprobe. Allerdings ist nach fünf Lebensjahren des Kindes erst einmal Schluss. Dann muss nämlich nachgezahlt werden.
Tatsächlich unerschöpflich erscheint dagegen der Fundus der Therapie- und Geschäftsmodelle, die allesamt für sich in Anspruch nehmen, auf homöopathischen Prinzipien zu fuÃen: Bei der »Homöopunktur« wird der Inhalt speziell produzierter homöopathischer Ampullen in Akupunkturpunkte gespritzt, »Kolloide« zum Aufsprühen auf die Haut sollen das menschliche Immunsystem ausbalancieren. Selbst die »Spagyrik«, bei der Arzneimittel nach den originellen
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