Die Hongkong-Papiere
Überraschung. Wie laufen die Geschäfte?«
»Gut, vor allem, nachdem ich dein Fax gelesen habe.«
»Es war also richtig, daß ich dich von dieser Angelegenheit informiert habe?«
»So richtig, daß du mit der nächsten Maschine herkommen sollst. Es ist eine ernste Sache, Carlo, sehr ernst.«
»Schön, Onkel. Ich bin morgen bei dir. Asta ist gerade hier. Möchtest du ihr hallo sagen?«
»Ich schaue sie mir an. Bitte bring sie mit. Ich freue mich darauf, Carlo.«
Es klickte, die Verbindung wurde unterbrochen. Der Kellner trat heran und nahm ihm das Telefon ab. »Worum ging es denn?« wollte Asta wissen.
»Um Geschäfte. Offensichtlich nimmt Giovanni dieses Tschungking-Abkommen tatsächlich ernst. Er will mich morgen in Palermo sehen. Dich auch, meine Liebe. Es wird Zeit, daß du Sizilien kennenlernst.« Er winkte dem Kellner und bat um die Rechnung.
Am anderen Morgen nahmen sie einen Direktflug nach Rom, wo für Morgan ein Citation-Privatjet bereitstand, mit dem sie zum Punta-Raisa-Flughafen dreißig Kilometer von Palermo entfernt weiterflogen. Dort wartete eine Mercedes-Limousine mit Chauffeur und einem Mann in blauem Nylonregenmantel mit ausgeprägten Wangenknochen und der eingedrückten Nase eines Preisboxers. Er verbreitete eine Aura unbeugsamer Macht, obgleich er dem Aussehen nach eher Slawe als Italiener war. »Der oberste Vollstrecker meines Onkels«, erklärte Morgan seiner Stieftochter im Flüsterton. »Marco Russo.« Er lächelte und streckte die Hand aus. »Marco, wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Das ist meine Tochter, Asta.«
Marco lächelte knapp. »Angenehm. Willkommen in Sizilien, signorina, und es ist schön, Sie wiederzusehen, signore. Der Don hält sich nicht in der Stadt auf, er ist draußen in der Villa.«
»Gut, wir sollten ihn nicht zu lange warten lassen.«
Lucas Villa stand außerhalb eines kleinen Dorfs am Fuß des Monte Pellegrino, der knapp fünf Kilometer nördlich von Palermo in den Himmel ragt.
»Während der Punischen Kriege haben die Karthager sich auf diesem Berg drei Jahre lang gegen die Römer gehalten«, wußte Morgan Asta zu erzählen.
»Die Gegend sieht faszinierend aus«, sagte sie.
»Getränkt mit dem Blut von Generationen.« Er hielt die örtliche Zeitung hoch, die Marco ihm besorgt hatte. »Drei Soldaten wurden gestern von einer Autobombe erwischt, ein Priester wurde heute morgen mit Genickschuß aufgefunden,
weil man ihn verdächtigte, ein Spitzel zu sein.«
»Wenigstens stehst du auf der richtigen Seite.«
Er ergriff ihre Hand. »Alles, was ich tue, ist völlig legal, Asta; und das ist der entscheidende Punkt. Meine geschäftlichen Interessen und auch die meiner Partner sind so rein wie frisch gefallener Schnee.«
»Ich weiß, Liebling«, sagte sie. »Du dürftest der größte Strohmann sein, der je gelebt hat. Großvater Morgan ist ein General, du bist ein Kriegsheld, Milliardär, Philanthrop und einer der besten Polospieler der Welt. Als wir das letzte Mal in London waren, hat immerhin Prinz Charles dich gebeten, mit ihm zu spielen.«
»Er möchte mich im nächsten Monat in seiner Mannschaft haben.« Sie lachte, und er fügte hinzu: »Aber eines darfst du niemals vergessen, Asta. Die wahre Macht kommt nicht aus New York. Sie liegt allein in den Händen des alten Mannes, den wir gleich treffen werden.«
In diesem Moment fuhren sie durch das elektronisch gesicherte Tor in der alten, fünf Meter hohen Mauer und rollten durch einen subtropischen Garten auf die große Villa im maurischen Stil zu.
Der Empfangsraum war riesig. Beherrscht wurde er von einem schwarzweißen Fliesenboden, der scheinbar wahllos mit Teppichen bedeckt war und auf dem italienische Möbel des 17. Jahrhunderts aus dunkler Eiche standen. Im Kamin loderte ein Feuer, und die Terrassentüren öffneten sich zu einem prächti gen Garten. Luca saß auf einem hochlehnigen Sofa, hatte eine Zigarre im Mund und stützte sich mit gefalteten Händen auf den Silbergriff eines Spazierstocks. Er war eine eindrucksvolle Erscheinung, mindestens hundert Kilo schwer, mit einem grauen, sorgfältig gestutzten Bart und mit der Ausstrahlung eines römischen Kaisers.
»Komm her, mein Kind«, sagte er zu Asta, während sie auf ihn zuging und auf beide Wangen küßte. »Du bist noch schöner geworden, seitdem ich dich vor achtzehn Monaten in New York gesehen habe. Der Tod deiner Mutter im letzten Jahr war ein schwerer Schlag für mich.«
»Manchmal hat das
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