Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
blinzelte er und warf einen vielsagenden Blick auf den ziemlich schlaffen Lederbeutel, der auf der Schreibtischplatte lag.
»Herr Oberst …«, antwortete er schließlich zögernd, weil er nicht wusste, wie er fortfahren sollte.
»Gibt es ein Problem, Sergeant?« Oberst Nessam lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und strich sich beiläufig über die Spitzen seines mächtigen Schnauzbarts.
»Herr Oberst, wenn dieser Beutel nicht voller kleiner Smaragde und Rubine ist, reicht der Inhalt niemals aus, um meinen Männern auch nur ein Viertel von dem auszuzahlen, was sie verdient haben.«
»Es sind keine Edelsteine in dem Beutel«, antwortete der Alte müde.
»Warum nicht, Sir?«
»Es ist nicht genügend Geld da.« Die Stimme des Offiziers klang vollkommen unbeteiligt. Genauso gut hätte er über die Mondphasen reden können oder darüber, welche Socken man an einem kühlen Morgen am besten anzog.
»Ich …« Corvis musste sich bemühen, die Worte auszusprechen, weil sein Kiefer sich gleichzeitig vor Wut verkrampfen und vor Überraschung herunterklappen wollte. »Herr Oberst, Ihr habt mich abkommandiert, den Wagen mit dem Sold zu eskortieren, erinnert Ihr Euch noch? Ich habe gesehen, wie groß die Kiste war, die ausgeladen wurde!«
»Stellst du etwa meine Befehle infrage, Sergeant?«
»Ich stelle Eure Erklärung infrage, Herr Oberst.«
Der Offizier stand langsam auf. Seine Wangen unter dem Schnauzbart röteten sich vor Wut. »Der Rest des Goldes ist für die Soldaten der Gilde vorgesehen, Rebaine!«
»Verstehe. Die müssen also bezahlt werden, während meine Männer leer ausgehen?«
»Sie haben den Krieg für uns gewonnen. Ich mag vielleicht nicht viel für Söldner übrig haben, aber ehrlich gesagt ist es weit wichtiger, dass wir sie bei Laune und uns wohlgesonnen halten, als die dreckigen Fäuste von ein paar zu Gefreiten beförderten Bauern mit Kupferstücken zu füllen.«
Corvis spürte, wie er am ganzen Körper zitterte. »Das ist also Euer letztes Wort?«
»Allerdings! Nimm, was du bekommen hast, und sag deinen Männern, dass sie von Glück reden können, überhaupt nach Hause gehen zu dürfen!«
Am nächsten Morgen fanden die Wachen Oberst Nessam. Die Sehnen an beiden Kniekehlen und Knöcheln waren durchtrennt, und er war mit einem Dolch auf den Boden genagelt, der in seiner Kehle steckte. Die Kiste mit dem Sold, die er in einem Geheimfach seines Schreibtisches versteckt hatte, war offen, und es befand sich keine einzige Münze mehr darin.
Kein Offizier von Imphallion sollte Corvis Rebaine wiedersehen, bis er etliche Jahre später von den befestigten Wällen ihrer Stadt durch das Visier eines Helms auf sie herabblickte.
Aber bevor er in jener Nacht verschwand, erhielt jeder einzelne Soldat, der unter Sergeant Rebaine gedient hatte, den versprochenen Sold.
Der Tag verlief ausgesprochen monoton. Jedes einzelne Treffen spielte sich auf genau dieselbe Art und Weise ab. Ein Kommandeur betrat den Raum, nahm vor dem Schreibtisch Platz und richtete seinen Blick sofort in morbider Faszination auf den mit Eisenbändern eingefassten Schädel und die Ratgeber, die dahinter standen oder vielmehr, in Davros Fall, dahinter aufragten. Jedes Mal stellte Corvis dieselben Fragen.
»Name?«
»Alter?«
»Stärke der Kompanie?«
»Kampferfahrung?«
Die Antworten auf die letzte Frage lieferten einige interessante Ergebnisse. Die meisten Befehlshaber waren an den Grenzkonflikten zwischen Imphallion und Cephira im Osten vor etwa elf Jahren beteiligt gewesen; diese hatten damals gedroht, zu einem ausgewachsenen Krieg auszuufern. Am meisten überraschte Corvis jedoch, dass Ellowaine damals Offizierin in der Söldnerarmee der Kaufmannsgilde gewesen war, bis sie es schließlich satt hatte, zuzusehen, wie sie übergangen wurde, während weniger gute Krieger befördert wurden, und zwar nur, weil »bei denen an einer anderen Stelle etwas herunterbaumelte als bei mir«, wie sie es ausdrückte. Noch interessanter war die Tatsache, dass Teagan als junger Soldat sogar beim Feldzug, an dem der Schrecken des Ostens beteiligt war, mitgefochten hatte.
»Allerdings«, gab der stämmige Krieger während der Befragung zu, »habe ich damals auf der anderen Seite gekämpft. Ist das ein Problem, M’lord?«
»Ganz und gar nicht«, antwortete Corvis ungerührt. »Du hast für die Seite gekämpft, die dich bezahlt hat. Das machen Söldner nun mal. Du darfst nur nicht vergessen, dass diesmal ich dich bezahle.«
»Selbstverständlich
Weitere Kostenlose Bücher