Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
Ivriel, nahmen jeden noch so kleinen Raum in der kleinen Herberge des Dorfes in Beschlag und lästerten darüber, wie winzig dieses Dorf war.
Zwei Offiziere, die dienstfrei hatten und noch nicht so betrunken waren, um den Zorn ihrer Vorgesetzten auf sich zu ziehen, schlenderten über die staubigen Straßen in der Mitte des Dorfes, die genauso unspektakulär aussah wie jeder andere Teil der Siedlung. Sie betrachteten die Holzhütten, von denen viele nur aus einem einzigen Raum bestanden, der nicht selten eine zwölfköpfige Familie beherbergte. Sie sahen in Lumpen gekleidete Kinder auf den Höfen spielen oder Katzen und Ratten jagen, die sich möglicherweise, falls die Lage noch ein wenig verzweifelter würde, schon bald in den Kochtöpfen wiederfinden würden.
»Ich verstehe es nicht, Valescienn, ich verstehe es einfach nicht.«
Der strohblonde Offizier, der ein wenig größer war als sein Gefährte, sah sich verächtlich um. »Eine ziemlich erbärmliche Art, sein Dasein zu fristen, stimmt’s?«
»Nein, das habe ich nicht gemeint. Ich meinte … Warum kämpfen wir um diesen Ort?«
»Vielleicht weil Cephira ihn für sich beansprucht? Du warst doch bei der Dienstbesprechung noch nicht betrunken, oder?«
»Valescienn, wir wollen diesen Ort noch nicht einmal! Sieh ihn dir doch bloß an! Wenn er dem Königreich oder dem Regenten irgendetwas bedeuten würde, hätten wir dann wirklich zugelassen, dass es hier so schlimm zugeht? Zur Hölle, die Leute sind wahrscheinlich sogar froh über diesen Konflikt! Wenigstens verdienen sie dann etwas, weil wir die Herberge mieten.«
»Wir bezahlen nicht dafür. Wir haben sie requiriert.« Valescienn ging ein paar Schritte weiter, bevor er merkte, dass sein Gefährte stehen geblieben war.
»Was hast du? Was ist los?«
»Requiriert?« Er klang ungläubig, und Valescienn hatte nicht erwartet, dass die Stimme seines Kameraden so hoch klingen konnte. »Warum? Das sind doch unsere eigenen Leute, die wir verhungern lassen!«
»Es ist kein Geld da. Du weißt verdammt gut, dass der Regent die Hilfe der Gilden braucht, wenn dieser Konflikt sich zu einem Krieg auswächst. Die Armee gibt keine einzige Münze mehr aus als nötig. Wir können von Glück reden, dass wir noch unseren Sold bekommen, das weißt du genau.«
»Also geben wir zwar gerne unser Geld aus, um diesen Ort zu verteidigen, haben aber nichts mehr übrig, um die Leute hier am Leben zu erhalten?«
Valescienn zuckte mit den Schultern. »Es kommt die Gilden und den Regenten teuer zu stehen, wenn sie zulassen, dass Cephira diesen Ort erobert, nicht an Geld, aber es schadet ihrem Ruf. Wenn allerdings dieser Ort zu Staub zerfällt, kostet es uns keinen Heller.«
»Das ist erstaunlich kurzsichtig, Valescienn.«
»Schön. Sag ihnen das.«
»Vielleicht mache ich das wirklich eines Tages«, antwortete der Offizier Corvis Rebaine.
Die Streitaxt hing schlaff in Corvis’ Fingern, als er verständnislos den Mann anstarrte, den er gesucht hatte. Seilloah wiederum blickte Corvis an, und Davro beobachtete beide, immer noch gereizt. Valescienns Miene schien zu einem gerissenen Lächeln gefroren zu sein. Selbst ein Wandteppich oder eine Skulptur hätte nicht lebloser, statischer wirken können als diese Szene.
Dann blinzelte Davro, fast gemächlich, und im selben Moment ging das Leben weiter. Corvis grinste unvermittelt, nahm Spalter in die linke Hand und streckte die Rechte aus. Valescienn folgte seinem Beispiel, und die beiden Männer umfassten ihre Unterarme im Kriegergruß.
»Ich habe Valescienn gefunden«, sagte der Oger. »Du kannst ihn jetzt erpressen.«
»Davro!«, zischte Seilloah, »sei still!«
Zum Glück schien Corvis ihn nicht gehört zu haben. »Was machst du hier draußen, verdammt noch mal? Wir haben die ganze Stadt nach dir abgesucht.«
»Davon habe ich gehört«, erwiderte Valescienn.
»Gehört? Von wem?«
»Was ich hier mache«, fuhr der narbengesichtige Mann fort, den Einwurf ignorierend, »hat mich Davro übrigens ebenfalls schon gefragt.« Der Oger nickte. »Aber er wollte mir nicht antworten. Meinte nur, ich solle mich in Geduld fassen.«
»Selbstverständlich«, meinte Valescienn. »Ich wollte euch dafür alle versammelt wissen.«
Das war unverkennbar ein Stichwort. Es wurde kalt auf der Lichtung, und von der Erde stieg Nebel auf. Er bewegte sich in Wellen, seine Tentakel glitten scheinbar ziellos umher, und was auch immer er berührte, die Wurzeln der Bäume, die Büsche oder die Stiefel der
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