Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
das Atmen fiel ihm etwas leichter, als die Luft durch seine raue, brennende Kehle strömte.
Die winzigen Sprossen und Zweige, die aus der Erde herausragten, wanden sich, als versuchten sie verzweifelt, sich aus ihrem irdischen Gefängnis zu befreien. Mit einer Geschwindigkeit, die für einen derart übel zugerichteten Menschen
unmöglich zu sein schien, hatte Jassion sich aufgerichtet und die Hälfte der Entfernung zwischen sich und seinem Feind zurückgelegt, als die ersten Tentakel sich um seine Knöchel wickelten und ihn unvermittelt zum Stehen brachten. Ein zweiter Tentakel, dann ein dritter, mit Wurzeln und Stamm, mit Gräsern und Schlingpflanzen, schlangen sich um seine Füße und hielten ihn auf der Stelle, bis er aussah, als wäre er ebenfalls eine Pflanze.
Corvis griff an, aber Jassion war bereits weg. Er hatte mit Kralle die Stängel durchtrennt, die ihn hielten, und drehte sich zur Seite, und zwar so schnell, dass er fast verschwommen wirkte, wie eine Silhouette, die man durch dichten Nebel oder eine schmutzige Glasscheibe sieht.
Da erst begriff Corvis, dass er dasselbe tun musste, auch wenn er den Gedanken hasste.
Wie Jassion es bereits getan hatte und wie er selbst es vor ein paar Tagen gewagt hatte, trank er erneut aus dem Brunnen der Macht, der in der Tiefe des Kholben Shiar blubberte. Erneut zuckte er zurück und bemühte sich, seine Emotionen zu zügeln, damit sie nicht beiseitegefegt und in dem Frohlocken und der Blutgier der von Dämonen geschmiedeten Klinge verloren gingen.
Das Dorf verschwand aus seinem Blickfeld, und er sah nur noch die Straße unmittelbar vor sich. Die Staubwolken lösten sich in einzelne Partikel auf, die Sterne am Firmament hörten auf zu funkeln. Er hörte die entfernten Schreie der Bürger, die viel zu viel Angst hatten, um sich dem Schauplatz des Kampfes zu nähern. Er hörte die hastigen Atemzüge der Gäste, die durch die Fenster des Restaurants zusahen. Er hörte sogar das Schlagen seines eigenen Herzens, ebenso wie das von Jassions Herz, dessen Rhythmus zu einer gelassenen Kadenz herabgesunken war.
Der Baron stürzte sich auf ihn, so schnell wie ein Falke
und gleichzeitig so langsam wie eine Schildkröte. Corvis parierte den Schlag bereits, bevor er sich auch nur bewusst dazu entschieden hatte, sich zu bewegen. Erneut krachten die Waffen aufeinander, aber es klang jetzt wie ein gemächliches, mächtiges Donnern. Der Baron versuchte erneut, Corvis ein Bein unter dem Körper wegzutreten, aber Spalter landete mit einem Krachen auf der Erde, bevor er auch nur eine Handbreit schwankte, und stützte ihn, bis er die Balance wiedererlangt hatte. Während er sich aufrichtete, versetzt Corvis seinem Feind einen Kinnhaken und sah zu, wie Haarspitzen nach oben zuckten, als Jassions Kopf nach hinten flog. Dann schlug er mit der Axt zu, verfehlte Jassion jedoch, als dieser sich mit ebenfalls übermenschlicher Geschwindigkeit duckte. Stattdessen zerfetzte der Kholben Shiar die Wand hinter dem Baron. Die Kämpfer hatten bereits über ein Dutzend weitere Schläge ausgeteilt und waren mehrere Meter über die Straße gelaufen, bevor die Splitter der Wand zu Boden fielen.
Jassion spannte die Schultern, und Corvis duckte sich vor dem Schlag zur Seite, doch stattdessen stach der Baron unerwartet zu und schwang Kralle wie einen merkwürdigen Speer. Corvis sprang zur Seite und hörte, mehr als dass er es fühlte, wie er mit dem Rücken gegen die Wand eines Geschäftes prallte. Er wusste im selben Moment, dass Jassion zu einem weiteren Schlag ansetzen würde, dem er wegen der Wand nicht ausweichen konnte. Er hoffte, dass das Holz so dünn war, wie es sich anfühlte, und rammte einen Ellbogen mit übermenschlicher Kraft nach hinten, während er mit der anderen Hand Spalter zu einem etwas ungeschickten, einhändigen Block hochriss.
Die Wand splitterte und gab unter der Wucht nach, als der Aufprall der beiden Klingen Corvis durch das Holz beförderte. Beide Männer landeten krachend auf dem Boden zwischen
zerbrochenen Regalen und Tonscherben. Staub legte sich auf Corvis’ Wangen und Stirn und wurde von dem säuerlichen Schweiß augenblicklich in eine zähe Paste verwandelt.
Er hatte jetzt beide Hände um Spalters Schaft gelegt und strengte sich mit aller weltlichen und mystischen Kraft an, die ihm zur Verfügung stand, aber es genügte nicht. Jassion hockte auf ihm und drückte Kralle nicht nur mit der Kraft eines anderen Kholben Shiar herunter, sondern auch mit der Kraft des Jüngeren
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