Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
bewusst, dass es auch die Bildung zusammenhängender Sätze einschließt. Wie bist du nur all die Jahre ohne mich zurechtgekommen? «
»Ich habe dich verbannt!« Corvis klang tatsächlich anklagend, als wäre Khandas Wiederauftauchen ein persönlicher Betrug. Er versuchte sich aufzusetzen und stöhnte, als der
Schmerz erneut durch seinen ohnehin schon strapazierten Körper zuckte.
»Was soll ich dazu sagen, Corvis? Die Hölle ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Die Sicherheitsvorkehrungen dort gehen wirklich zum … Na ja, du weißt schon.«
Mittlerweile hatte das Gehirn des alten Soldaten seine Sinne eingeholt. »Jemand musste dich beschwören. Jemand musste dich mit deinem Namen zurückholen. Sie haben ihn von Ellowaine bekommen, hab ich recht? Deinen gottverdammten Namen!«
Er rollte sich zur Seite, so schnell es der Felsbrocken und seine eigenen Verletzungen erlaubten, und schwang Spalter mit einer Hand. Es war ein armseliger Schlag, ein schwächlicher Abklatsch von Trotz. Khanda schlug Corvis’ Unterarm beiläufig beiseite, sofort wurde der komplette Arm gefühllos, und der Kholben Shiar fiel ihm aus den tauben Fingern. Corvis krümmte sich und umklammerte seinen pochenden Arm.
Von dort, wo er lag, sah er einen Haufen Schutt hinter dem Dämon, einen Berg von Holzabfällen, der sich langsam bewegte.
»Warum?«, fragte er und zwang sich, in die ekelhaften Augen des Dämons zu blicken. »Warum sollten sie ausgerechnet dich beschwören?«
Khandas Grinsen bildete einen unmenschlichen Spalt in seinem Gesicht, der von Ohr zu Ohr reichte. »Ich glaube nicht, dass ich dir das erzählen werde.«
»Warum nicht?«
»Weil du es so gern wissen willst.« Das schreckliche Grinsen wurde noch breiter. »Und weil es letzten Endes keine Rolle spielt. Ihr Menschen seid so armselige, unbedeutende Ränkeschmiede. Ihr glaubt, dass ihr die Spiele dirigiert, dabei seid ihr bloß die Figuren auf dem Schachbrett.«
Corvis zwang sich zu einem Lächeln. Auf der anderen Straßenseite war Irrial durch den Dreck zu den Brettern gekrochen und fing an, sich zu der Person durchzugraben, die sich darunter bewegte. Du musst seine Aufmerksamkeit auf dich lenken, dachte Corvis.
»Sind wir das tatsächlich? Mir will scheinen, dass du ohne eine dieser Spielfiguren gar nicht hier wärest. Abgesehen davon weiß ich auch etwas über solche Anrufungen, Khanda. Du kannst nicht einfach machen, was du willst. Wenn du es könntest, hättest du nämlich mehr als genug Macht besessen, um mich schon vor langer Zeit zu finden. Hier auf der Welt sind dir Grenzen gesetzt, Dämon. Du bist menschlich.«
Die Welt verschwand kurz hinter mehreren blendenden Sonnen, als Khanda ihm ins Gesicht schlug. »Also wirklich, Corvis, was für eine Ausdrucksweise.« Er seufzte theatralisch und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden, so als würde er neben einem gemütlichen Lagerfeuer hocken. »Aber du hast natürlich recht. Ich verfüge nicht annähernd über meine gesamte Macht. Selbst als ich noch in dem Amulett lebte und Sklave deiner primitiven Wünsche war, war ich nicht im Vollbesitz meiner Kräfte. Es hat noch nie einen Dämon gegeben, der sich frei in eurer Welt bewegen konnte, jedenfalls nicht in eurer aufgezeichneten Geschichte. Selbst die verrücktesten Bannwirker sind nicht so bescheuert. Das allein, alter Knabe, ist der Grund, warum ich zu dir gekommen bin – nicht Rache, obwohl ich sie gewiss begrüßen und genießen würde, und auch nicht meine Befehle.«
»Ich dachte«, knurrte Corvis und versuchte die Füße unter den Körper zu ziehen, damit er aufstehen konnte, »du wolltest mir gar nicht erzählen, worum es hier geht.«
»Ich werde dir nicht erzählen, was sie wollten«, verbesserte Khanda ihn beiläufig. »Aber selbstverständlich möchte ich, dass du verstehst, was ich vorhabe. Es ist so viel lustiger,
wenn du genug weißt, um richtig entsetzt zu sein. Du hast nämlich etwas, das ich brauche.«
Er lehnte sich zurück und genoss es ganz offensichtlich, auf die Frage des ehemaligen Kriegsfürsten oder darauf zu warten, dass er dieser selbst herausfand.
Das ist unlogisch. Ich habe nichts … Der Dämon konnte den Kholben Shiar nicht benutzen, und Khanda wusste mehr oder weniger alles, was Corvis wusste, jedenfalls bis vor sechs Jahren. Es gab nichts.
Außer …
»Bei allen Göttern!«
Khanda klatschte in die Hände wie ein aufgeregtes Schulmädchen. »Ich wusste, dass du es begreifen würdest. Du warst bisweilen wirklich
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