Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
draußen weit mehr bewirken. Es ist nun schon ein ganzer Monat verstrichen, und weder die Gilden noch die Adelshäuser haben uns Truppen geschickt. Wir sind auf uns allein gestellt.«
»Gewiss, bisher sind wir das, aber …«
»Gerade formiert sich eine Widerstandsbewegung, eine Untergrundbewegung gegen die cephiranischen Besatzer!« Selbst in dem gedämpften Licht der Werkstatt glänzten ihre Augen. »Ich habe schon seit Wochen Gerüchte darüber gehört, aber ich konnte nichts unternehmen, weil ich in meinem Haus gefangen war. Aber hier draußen? Mir stehen eine Menge Mittel zur Verfügung! Geld, Menschen … Ich kann etwas tun! Ich kann helfen, unsere Heimat zu befreien!«
»Du kannst vor allem getötet werden«, protestierte Cerris und ließ diesmal jede Förmlichkeit beiseite. »Keine bunt zusammengewürfelte Untergrundbewegung kann sich gegen das cephiranische Militär behaupten. Bei allen Göttern und der Hölle, ich bin nicht einmal sicher, ob das Militär von Imphallion etwas gegen die Cephiraner auszurichten vermag! «
»Vielleicht nicht, aber wir müssen es versuchen. Und ich möchte gerne, dass du uns dabei hilfst.«
Cerris stolperte zu der Werkbank und ließ sich darauf fallen. Irrial folgte ihm, seine Hand noch immer in der ihren.
Hört das denn niemals auf? Die Frage war an keinen speziellen Gott gerichtet.
»Du kannst gut mit Krisensituationen umgehen, Cerris.
Du bist den Cephiranern entkommen, zweimal sogar! Und du kannst kämpfen, das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Ich weiß nicht, wo du gelernt hast, was du da tust, aber du könntest uns helfen. Und zwar sehr.«
Er hob den Kopf, und seine Miene wirkte auf einmal schmerzverzerrt, beinahe gepeinigt. Er bewegte die Lippen, aber es kam kein Laut aus seinem Mund.
»Denk einfach darüber nach.« Sie flüsterte fast. »Bitte.«
Cerris lächelte zögernd. »Ich halte dich für so verrückt wie eine Schlange mit Nietnägeln, Mylady, aber … Also gut, ich werde darüber nachdenken.«
Du wirst darüber nachdenken? Wirklich? Und du nennst sie verrückt?
»Danke, Cerris.« Irrial setzte sich neben ihn, fuhr mit der Hand seinen Arm hinauf und legte sie ihm sanft auf die Schulter. »Obwohl ich weiß, dass du meine Hilfe gebraucht hast, danke ich dir, dass du zu mir gekommen bist.«
Sie beugte sich zu ihm, und Cerris fröstelte unwillkürlich, als er die Hitze ihrer Haut spürte. Sie fuhr ihm mit ihren Lippen über den Mund, einmal, zweimal, so leicht wie eine Feder, um sie dann fest auf die seinen zu pressen, fast schon verzweifelt. Er schmeckte Irrial, spürte ihren Atem in seinen Lungen und mit einem letzten Erschauern schlang er die Arme um sie.
Falls Cerris hinter seinen geschlossenen Lidern ein anderes Gesicht sah als das ihre, ein Gesicht, das ein wenig jünger war als das der Baroness, das ihn traurig über einen Abgrund von verlorenen Jahren und gebrochenen Versprechen hinweg anblickte …
Nun denn, was jemand nicht erfuhr, das konnte ihn nicht verletzen.
5
Sie reisten weit, so weit, bis Braetlyn nur noch eine ferne Erinnerung und selbst Mecepheum hinter ihnen zurückgeblieben war. Sie durchquerten die Hälfte von Imphallion auf den Rücken von boshaften, unförmigen Schlachtrössern, die aus den Stallungen des Barons stammten.
Jassion hockte stocksteif im Sattel, aufgerichtet und in ein prachtvolles Kettenhemd gekleidet, dazu mit den gewohnten, schwarz emaillierten Arm- und Beinschienen und wie immer in dem roten und mitternachtsblauen Wappenrock seiner Baronie. Seine Miene wirkte mürrisch, und in unregelmäßigen Abständen glitt seine Hand wie von selbst zu dem schrecklichen Schwert, das hinter ihm auf den Sattel geschnallt war. Fast als fürchtete er, es könnte verschwinden, wenn er es zu lange ignorierte.
Der junge Baron hatte viele Tage lang säuerlich geschwiegen, weil er gehofft hatte, dass er in voller Rüstung losreiten würde, ein imposanter Titan aus Stahl, der die Welt herausforderte, ihm ihre schlimmsten Übel entgegenzuschleudern. Und das obwohl er wusste, wie unbequem die Rüstung sein würde. Sein Gefährte jedoch hatte mit fester Entschlossenheit erklärt, dass er keineswegs vorhabe, den halben Morgen jeweils damit zu verbringen, Jassion in seine »stählerne Hose« zu helfen. Da der Baron seine Rüstung nun mal nicht ohne fremde Hilfe anlegen konnte, war er gezwungen, wenn auch höchst zögerlich, sich mit dem Kettenpanzer zufriedenzugeben.
Da mittlerweile recht viel Zeit vergangen war, war Kaleb sich
Weitere Kostenlose Bücher