Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
Oberkörper. »Erinnert mich bitte nicht daran.«
Mich auch nicht.
»Der springende Punkt ist doch«, fuhr Corvis fort und tat, als würde ihn der Ekel in ihrem Ton nicht verletzen, »dass mein angebliches Wiederauftauchen irgendjemandem ausgesprochen gelegen kommt. Entweder steckt die Person, die sich für mich ausgibt, mit Cephira unter einer Decke, oder aber sie benutzt die cephiranische Invasion als Ablenkung für ihre eigentlichen Ziele. In jedem Fall kann ich zwar begreifen, warum die Rückkehr von Corvis Rebaine so viel Aufruhr erzeugt, aber ich begreife nicht, warum das genügt, um sämtliche Adelige und Gildenmeister im Zaum zu halten. Also müssen wir nicht nur herausfinden, wer da in meine Rolle schlüpft, sondern wir müssen in Erfahrung bringen, was noch alles in den Hallen der Macht vorgeht. Und das bedeutet, dass wir genau dorthin gehen müssen. «
»Wie, bitte schön, habt Ihr vor, irgendjemanden dazu zu
bringen, Euch zu sagen, was da vorgeht? Oder die Menschen davon zu überzeugen, dass Ihr nicht für diese Angriffe verantwortlich seid?«
»Was Letzteres angeht, daran arbeite ich gerade. Und der erste Punkt« Corvis grinste, »sagen wir mal, dass ich immer noch ein gewisses Maß an Einfluss besitze.«
»Was für eine Art von Einfluss?«, erkundigte sie sich misstrauisch.
»Nun, Mylady, dieselbe Art von Einfluss, der die für die cephiranische Steinschleuder verantwortlichen Soldaten dazu inspiriert hat, ihre eigenen Kameraden anzugreifen.«
Irrial hatte zwar noch einige weitere Fragen, das konnte er ihrer Miene deutlich ansehen, aber mit der Art, wie sie aufstand und sich vom Lagerfeuer entfernte, machte sie unmissverständlich deutlich, dass sie für heute Nacht genug gehört hatte .
Es war eine höchst bescheidene Feier, an der gerade mal zwei Dutzend Seelen teilnahmen. Auch wenn die meisten das glückliche Paar kaum ein Jahr kannten, machte sie das zwar unwissend, nicht jedoch blind. Daher musste es natürlich auffallen, als der Bräutigam aus der Halle dieses kleinen hölzernen Tempels verschwand, aber für den Augenblick kümmerte ihn das nicht sonderlich.
Draußen im Hof schritt er durch den leichten Frühlingsregen und spürte, wie das Wasser den Rücken seines eleganten, wenn auch gebrauchten Wamses hinablief. Er betrachtete die bunten Blüten der Blumen, die sich im Regen bogen. Schließlich entdeckte er eine Marmorbank, die wahrscheinlich älter und ganz gewiss solider war als der Tempel selbst, und setzte sich auf den kühlen Stein. Der Regen, der sich darauf gesammelt hatte, durchnässte sofort den Stoff seiner Hose, aber er war nur zu gerne bereit, diesen Preis zu zahlen, wenn er dafür die Füße ein bisschen schonen konnte. Welcher sadistische Inquisitor, fragte er sich selbst, hat
sich dieses Folterwerkzeug ausgedacht, das die moderne Gesellschaft lächerlicherweise »elegantes Schuhwerk« nennt?
»Weißt du«, sagte eine sanfte Stimme hinter ihm, »du hättest vor der Hochzeit kalte Füße bekommen sollen. Hinterher zu flüchten nützt nicht mehr viel.«
Er lächelte und legte eine Hand auf die schmalen Finger auf seiner Schulter. »Ich habe tatsächlich gerade an meine Füße gedacht«, antwortete er. »Sollten wir nicht wenigstens ein bisschen länger als eine Stunde verheiratet sein, bevor du anfängst, meine Gedanken zu lesen?«
Tyannon sah wundervoll aus in dem geliehenen Gewand aus weißem und grünem Samt und achtete überhaupt nicht darauf, was der Regen mit dem edlen Material oder ihrer komplizierten Frisur anstellte, die herzurichten mehrere Stunden gedauert hatte. Sie trat um die Bank herum und setzte sich neben ihn.
»Was hast du?«, fragte sie, nun wesentlich ernsthafter.
»Es ist nur … Cerris.«
Sie blinzelte, und er wusste sofort, dass es nicht am Regen lag. »Wie bitte?«
»Cerris. Der Priester hat mich ›Cerris‹ genannt, Tyannon.«
»Ja, sicher. Schließlich haben wir ihm gegenüber behauptet, dass dies dein Name sei. Es ist schließlich nicht so, als hätten wir …«
»Ich weiß. Aber …« Er machte eine hilflose Handbewegung und schickte damit einen Sprühnebel aus Wasser über die Blumen. »Aber können wir eine Ehe«, fragte er flüsternd, »können wir unsere gemeinsame Zukunft auf einer Lüge aufbauen?«
»Nein! Das ist keine Lüge!« Tyannon glitt von der Bank und fiel vor ihm auf die Knie. Sie achtete nicht darauf, dass das Gewand nass wurde und der Saum im Schlamm versank, als sie seine Hände umfasste. »Cerris? Der Mann, der
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