Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
der Schlange, indem sie das Tier unter jedem Kopf packte und es auf recht wirkungsvolle Weise am Baum verknotete.
Doch das verschaffte ihnen nur kurzfristig Erleichterung, denn wenig später fanden sie die Leiche.
Es war ein Mensch gewesen, so viel stand fest. Mit dem Gesicht nach unten lag er da. Seine Kleidung war zerrissen, und einige Lederfetzen wiesen darauf hin, dass er einen kleinen Beutel bei sich gehabt hatte, der ebenfalls zerrissen war. Der Mann schien bei dem verzweifelten Versuch gestorben zu sein, einen Stab zu erreichen, der nur wenige Zentimeter von der ausgestreckten Hand entfernt im Gras lag.
Nichts von all dem hätte das Korps beunruhigt, wenn nicht der Baum neben der Leiche gewesen wäre. Eine seiner dicksten Wurzeln führte durch den Rücken des Mannes, kam aus der Brust wieder hervor und gesellte sich dann den anderen Wurzeln im Boden hinzu. Der Tote war noch nicht lange tot, wie Katim mit einem kurzen Schnüffeln feststellte, zweifellos nicht lange genug, um irgendeiner Pflanze Zeit genug zu geben, sich durch ihn hindurchzubohren, von einer Baumwurzel ganz zu schweigen. Gork kniete neben der Leiche, um festzustellen, ob etwas Wertvolles in ihren Taschen steckte, und erbleichte angesichts der Menge an getrocknetem Blut, das an ihm klebte. Er begriff: Der Mann musste noch gelebt haben, als ihn die Baumwurzel durchbohrt hatte.
Der Baum hat ihn erstochen?, dachte Gork, und ihm wurde übel.
»Unsinn!«, schnauzte Cræosh, als ihm Gork seine Theorie mitteilte. »Ist dir eigentlich klar, wie verdammt dumm das klingt?«
»Ja, ich weiß, wie verdammt dumm das klingt!«, erwiderte Gork mit einem hysterischen Zittern in der Stimme. »Natürlich klingt es dumm! Es ist die dämlichste Sache, die ich je gehört, geschweige denn gesagt habe! Und wenn du eine plausiblere Theorie präsentierst, bin ich gern bereit, mich ihr anzuschließen. Nun?« Der Kobold verschränkte die Arme und klopfte mit dem Fuß auf den Boden. »Ich warte.«
»Es ist ganz einfach«, sagte Cræosh und deutete auf die Leiche. »Der Mann hat … ich meine, die Leiche … Der Baum …« Er unterbrach sich und starrte auf die Wurzel, die den Menschen durchbohrt hatte. »Oder vielleicht auch nicht«, fügte er lahm hinzu.
»Ich Bescheid wissen«, verkündete Belrotha. Das ganze Korps sah sie an.
»Ach, tatsächlich.« Gork kicherte. »Jetzt bin ich aber gespannt.«
»Ganz einfach«, sagte die Ogerin. »Jemand Baum auf Menschen geworfen.«
»Äh …« Cræosh neigte den Kopf. »Wie war das?«
»Ich gesagt, jemand Baum auf Menschen geworfen.«
»Habe ich also richtig gehört«, sagte Fezeill. Die Worte kamen als eine Art Knurren aus seinem affenartigen Mund. Er hatte entschieden, dass die Gestalt eines Schrecklichen am besten zu einer solchen Umgebung passte. »Jetzt sperr mal die Ohren auf, du Berg aus Ignoranz. Würdest du uns bitte erklären, was einen so großen Baum geworfen haben könnte? Du wärst vermutlich nicht einmal imstande, ihn auch nur anzuheben !«
»Da du wahrscheinlich recht hast«, räumte die Ogerin ein, nachdem sie den Baum nachdenklich betrachtet hatte. »Ich nicht kräftig genug.«
»Und es gibt nicht viele Geschöpfe, die kräftiger sind, oder?«
»Nicht viele. Drache vielleicht.«
»Ich glaube, den meisten Drachen stehen … äh … wirkungsvollere Waffen als Bäume zu Verfügung«, warf Gimmol ein, der wieder auf Belrothas Schulter saß.
Die Ogerin zuckte die Schultern, wodurch der Gremlin zur Seite rutschte. »Ich nicht wissen, was steckt dahinter«, sagte sie ungeduldig. »Ich nur Vermutung geäußert. Euch nicht gefällt Vermutung. Ich gehen hier lang.« Damit drehte sie sich um und stapfte weiter durch den Wald.
»Sie hat recht«, sagte Katim. »Wir finden nicht heraus … was geschehen ist … indem wir hier herumstehen. Bringen wir … den Wald hinter uns … bevor wir es am eigenen Leib erfahren.«
»Hast du Angst, Trollin?«, feixte Cræosh.
»Nein. Ich bin nur nicht … dumm genug, mir hier … die Beine in den Bauch zu stehen und … darauf zu warten … dass was passiert. Was ist … mit dir?«
»Wie du meinst.« Zusammen mit dem Rest des Korps folgte Cræosh der Ogerin.
Gork blieb lange genug zurück, um einen letzten Blick auf den Baum und die Leiche zu werfen. Konnte Belrotha recht haben? War es möglich, dass etwas Großes den Baum aus dem Boden gerissen und … Nein. Die Wurzeln kamen glatt aus dem Erdreich, das nirgends den Eindruck erweckte, in Bewegung geraten zu sein. Alles
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