Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
ziehen; ihm blieb kaum Zeit genug, sein Pferd zu drehen und sich dem neuen Kontrahenten zuzuwenden. Er holte mit dem langen Schwert aus, dazu entschlossen, den Kopf des heranrasenden Orks vom Hals zu trennen.
Cræosh duckte sich und prallte gegen die Beine des Pferds. Es knackte mehrmals, laut genug, um die anderen Kampfgeräusche zu übertönen, und mit einem schmerzerfüllten Wiehern ging das große Streitross zu Boden.
Der Ritter lag eingezwängt unter einem Bein seines zuckenden Pferds und versuchte, darunter hervorzukriechen, bevor …
Zu spät. Ein dünner Speichelfaden baumelte von Cræoshs Lippen, als er nach unten langte, die Stirn des Menschen mit einer Hand packte und den Unterkiefer mit der anderen. Eine kurze Drehung, ein neuerliches Knacken … Blut spritzte, und einen Moment später stand Cræosh wieder und sah sich nach weiteren Feinden um.
Über Jahre hinweg hatte Cræosh auf verschiedenen Schlachtfeldern Erfahrungen gesammelt, doch hier nützten sie ihm kaum etwas. Er war so sehr auf das Streitross konzentriert gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie ein weiterer seiner Orks den Schwertern der beiden noch verbleibenden Ritter zum Opfer fiel. Einer der Menschen wandte sich daraufhin Cræosh zu, und als der den herankommenden Gegner sah, konnte er seiner Klinge nicht mehr ausweichen.
Und doch … Bevor ihn das Schwert traf, erzitterte der Ritter, und Überraschung zeigte sich in seinem Gesicht. Die Klinge erreichte Cræosh, ja, aber es lag kaum Kraft hinter dem Hieb; das Schwert durchdrang nicht einmal den Brustharnisch. Vor dem erstaunten Ork brach der Mensch zusammen, und erst dann sah Cræosh den Pfeil, der aus dem Helm des Ritters ragte.
Ein Pfeil? Aber keiner seiner Orks war mit Pfeilen bewaffnet. Wer …?
Der überlebende Ritter entschied, dass Vorsicht besser war als übertriebene Tapferkeit. Er trieb sein Ross zu einem Galopp an und ritt davon, so schnell ihn das Pferd trug.
Er hielt genau auf die Baumgruppe zu, aus der der Pfeil gekommen war.
Als die gepanzerte Gestalt die tief hängenden Zweige passierte, fiel ein Schemen auf ihn herab. Wie ein irrer Affe schwang die schattenhafte Gestalt sich von Ast zu Ast, verharrte nie lange genug, um dem Menschen ein Ziel zu bieten. Mit der Präzision eines Zirkusjongleurs warf sie eine knorrige Keule von einer Gliedmaße zur anderen. Sie schlug jedes Mal zu, wenn sie sich von einem Ast zum nächsten schwang, welche Hand oder welcher Fuß die Keule dann auch hielt. Und jedes Mal bestand das Ergebnis aus einem lauten Klonk und einer weiteren Beule in der Rüstung des Ritters. Nachdem der Mensch volle zwei Minuten lang dieser Behandlung ausgesetzt gewesen war, rutschte er schließlich aus dem Sattel und fiel zu Boden.
Für einen weiteren Moment hing das Geschöpf an einem dicken Zweig und blickte auf sein Opfer hinab. Dann stieß es einen pfeifenden Schrei aus, sprang zu Boden und begann damit, die Rüstungsteile des reglosen Mannes zu entfernen, um an das weiche Fleisch darunter zu gelangen. Erst jetzt bemerkte Cræosh den Brustharnisch aus schwarzem Leder, der mit dem Fell zu verschmelzen schien, sowie Bogen und Köcher auf dem Rücken.
»Ein Schrecklicher«, brummte der Ork und schüttelte den Kopf. Er hatte zusammen mit diesen affenartigen Wesen geübt, aber nie eins in einem tatsächlichen Kampf gesehen. Seine Methode mochte ein bisschen primitiv sein, war aber durchaus wirkungsvoll.
Dieser spezielle Schreckliche hatte einen zotteligen rotbraunen Pelz, der so dunkel war, dass man ihn im Schatten für schwarz halten konnte. Hier und dort zeigten sich Narben an der struppigen Gestalt, und das raubtierhafte Funkeln in den tief in den Höhlen liegenden Augen wies darauf hin, dass dieses Wesen ein gemeiner, heißblütiger Killer war.
Gut.
Mit der Hand dicht über dem Heft seines Schwerts näherte sich Cræosh dem Geschöpf. Fünf oder sechs Meter vor ihm blieb er stehen und räusperte sich. Der Schreckliche drehte den Kopf und sah ihn an; kleine blutige Fleischstücke fielen von seinen Lippen.
»Ich weiß deine Hilfe zu schätzen, Naturbursche. Mein Name lautet Cræosh.«
»Jhurpess«, erwiderte der Schreckliche mit vollem Mund.
Cræosh wartete auf mehr. Als klar wurde, dass er von dem Affenwesen nicht mehr erwarten durfte als weiteres Kauen, fügte er hinzu: »Ich möchte nicht undankbar klingen, aber warum hast du …?«
»Metallleute Jhurpess’ Freunde getötet haben. Orks töten Metallleute. Jhurpess Orks helfen.« Der
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