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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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und sie glaubte, sie müsse sich übergeben.
    »Sie müssen aufhören zu rauchen«, sagte Brazil. West verstaute den Kerl auf dem Rücksitz, Brazil stieg vorne ein. »Wissen Sie eigentlich, wieviel Fett in so einem Bojangle-Brötchen ist oder in dem ganzen Mist, den Sie sonst so essen?« setzte Brazil nach.
    Der Gefangene schwieg, aber im Rückspiegel war der blanke Haß in seinen Augen zu erkennen. Sein Name war Nate Laney. Er war vierzehn. Er würde diese weißen Cops umbringen. Er brauchte nur eine Gelegenheit. Laney war schlecht, von Geburt an, wie auch seine leibliche Mutter und wiederum deren Mutter schlecht waren. Die schlechte Saat ließ sich bis in ein Gefängnis in England zurückverfolgen, von wo aus sie per Schiff in dieses Land gelangt war - um dieselbe Zeit etwa, als Cornwallis von der Polizei durch die Straßen der Queen City gejagt wurde.
    »Ich wette, Sie treiben keinerlei Sport.« Brazil wußte offenbar nicht, wann er den Bogen überspannte.
    West sah ihn scharf an, während sie sich das gerötete Gesicht mit einem Kleenex trocknete. Brazil hatte gerade einen Dreihundert-Meter-Spurt hinter sich und atmete keinen Deut schneller als normal. Sie fühlte sich alt und müde, und das verbitterte sie. Sie war dieses naive und selbstgerechte Kind leid. Das Leben war entschieden komplizierter, als er dachte, und das würde er spätestens erkennen, wenn er selbst mal ein oder zwei Jahre hier Außendienst machte und an keiner Ecke etwas anderes zu bekommen war als gebratenes Hähnchen. Bei Bojangle's, Church's, Popeye's, Chic N Grill, Chick-Fil-A oder Price's Chicken Coop. Außerdem wurden Cops nicht gerade besonders gut bezahlt, zumindest nicht in den ersten Jahren. Also beschränkten sich ihre Mahlzeiten auch außerhalb der Dienststunden auf Pizza, Hamburger oder Thekengerichte in Bars, von denen es schließlich jede Menge in Charlotte gab -die Treffpunkte der Fans von den Hornets, Panthers oder der NASCAR-Rennfahrer.
    »Wann haben Sie das letzte Mal Tennis gespielt?« fragte Brazil, während ihr Gefangener auf dem Rücksitz einen Plan schmiedete.
    »Keine Ahnung«, sagte sie.
    »Warum spielen wir nicht ein paar Bälle zusammen?« »Sie sollten sich auf Ihren Geisteszustand untersuchen lassen«, sagte sie.
    »Ach, kommen Sie. Sie waren doch mal richtig gut. Damals waren Sie sicher auch besser in Form«, sagte er.
    Der massive Betonbau des Gefängnisses lag im Zentrum der Stadt und war zur selben Zeit errichtet worden wie das neue Police Department, das sich, wenn man einigen Leuten glauben schenkte, einer Aufklärungsrate rühmte, die über der Zahl der tatsächlich verübten Verbrechen lag. Im Gefängnis mußten sie diverse Sicherheitskontrollen durchlaufen, angefangen mit dem Deponieren von Schußwaffen in Schließfächern. An einem Tresen überprüften Deputies alle Ankommenden. Brazil sah sich um. Es war für ihn ein neuer, bedrohlicher Ort. Eine dunkelgekleidete Frau mit Kopftuch, eine Pakistani, war wegen Ladendiebstahls festgenommen worden. Polizisten hielten eine Gruppe Betrunkener, Diebe und den unvermeidlichen Dealer in Schach, und über alles wachte das Sheriffs Department.
    Im Vorraum zur Asservatenkammer durchsuchte West ihren Gefangenen und leerte seine Taschen. Darin befanden sich Lippenpomade, ein Dollar, dreizehn Cents und eine Packung Mentholzigaretten. Sie blätterte seine Akte durch. Er lachte selbstsicher und zufrieden und sah sich um. Sah ihm jemand zu? Ihm, Nate, dem Mann? »Kannst du lesen?« fragte ihn West.
    »Soll ich Ihnen Brief und Siegel drauf geben?« Ihr Gefangener schien die Knastschwulen zu fürchten, denn er trug drei Paar Boxer-Shorts übereinander und darüber noch zwei Paar Shorts, die äußeren grün und gürtellos auf Halbmast. Er sah sich ständig um und konnte nicht stillstehen.
    »Glaub nicht«, sagte West.
    Aus einer der blauen Einzelzellen mit Eisengittern, die der vorübergehenden Unterbringung von Delinquenten dienten, starrte sie ein anderer Unverbesserlicher an, ein Junge mit verlorenem und zugleich mordgierigem Blick. West starrte zurück. Einer der Käfige war voller Männer, die ins Gefängnis am Spector Drive transportiert werden sollten. Von dort würde sie das Department für Strafvollzug nach Camp Green oder ins Zentralgefängnis schaffen. Die Männer klammerten sich wie Tiere an die Gitterstäbe und sahen dem Treiben schweigend zu. Was hätten sie in ihrer orangefarbenen Gefängniskluft auch sonst machen sollen?
    »War schon 'ne ganze Weile nicht mehr

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