Die Hornisse
getroffen.«
»Pssst.« Hammer brachte ihren selbstzerstörerischen Mann schnell zum Schweigen.
». und auch diesmal wurde dem Opfer das merkwürdige Zeichen einer Sanduhr auf den Körper gesprüht. Es ist davon auszugehen, daß Butler aus kürzester Entfernung mit Hohlspitz-Hochgeschwindigkeits-Projektilen, sogenannten Silvertips, erschossen wurde.« Hammer griff nach dem schnurlosen Telefon, das neben drei Dosen Miller Lite und einem Glas, in dem wohl Bourbon gewesen sein mußte, auf Seths Nachttisch lag.
»Wo ist mein .38er?« fragte sie, während sie wählte.
»Keine Ahnung.« Er spürte den Revolver zwischen seinen Beinen, was nicht gerade der ideale Aufbewahrungsort war. Beim Einschlafen war er dorthin gerutscht.
»... wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren war, wurden in dem Leihwagen, einem Maxima, die Aktentasche, der Wochenendkoffer und der Kleidersack durchwühlt. Butler hatte den Wagen heute um siebzehn Uhr fünfzehn bei der Autovermietung Thrifty übernommen. Entwendet wurde sämtliches Bargeld bis auf ein paar blutverschmierte Münzen. Blutiges Geld. Der Schwarze-Witwen-Mörder forderte sein fünftes Opfer...« Webb senkte die Stimme, tragische Ironie klang in ihr mit.
Brazil machte seine gewohnte Runde durch den Lärm und die Hektik des Drucksaals. Daher war er nicht an seinem Schreibtisch, als Hammer anrief. Seine Schlagzeile, die auf den Transportbändern an ihm vorbeiratterte, war zweieinhalb Zentimeter hoch. Auf die Entfernung verschwamm sie ein wenig, aber sie war noch gut lesbar.
BLUTIGES GELD - SCHWARZE-WITWEN-MÖRDER FORDERT FÜNFTES OPFER
Die Verfasserzeile konnte er nicht erkennen, aber er wußte, sie war da. Arbeiter dösten auf ihren Stühlen. Sie mußten für den Fall einer technischen Störung parat sein. Wie von Geisterhand wurden tonnenschwere Papierrollen aus dem Untergrund hochgefahren und glitten auf Schienen langsam an Fässern mit Druckerfarbe vorbei. Unter metallischem Klicken fuhren sie auf niedrigen Transportwagen vorüber. Sie erinnerten Brazil an riesige Toilettenpapierrollen. Er ging weiter in die Versandabteilung, musterte die Zeitungsbündel auf den Paletten. Die Muller-Martini-Maschine ergänzte sie mit Beilagen, dann wurden sie von einem weiteren Band zur Zählmaschine transportiert. Seine Anspannung hatte ihn irgendwie verlassen. Er war seltsam lustlos und zugleich unruhig, einerseits übernächtigt, dann wieder weggetreten. Erklären konnte er sich das nicht.
Es war ein bittersüßes Gefühl. Der Gedanke an diesen Muskelprotz von Sanitäter und daran, wie er West zugeblinzelt und Hammer mit lüsternem Blick angesehen hatte, machte ihn beklommen und wütend. Dazu kamen Angstgefühle, eine Empfindung von Schwäche und innerer Kälte, wie er sie kannte, wenn er mit knapper Not einem Unfall entgangen war oder beinahe ein Tennismatch verloren hatte. Konnte es denn sein, daß beide Frauen dieses Fleischpaket von Sanitäter mochten? Der mußte doch irgendwie beschränkt sein, so viel Zeit für sportliche Aktivitäten aufzuwenden. Kürzlich hatte Brazil Gerüchte über Hammers jämmerliche Ehe mit einem fetten Kerl gehört, der nicht einmal einen Beruf ausübte. Eine dynamische Frau wie sie muß doch ihre Bedürfnisse und ihre Triebe haben. Woher sollte Brazil wissen, ob sie nicht dafür doch einmal ein Rendezvous mit Raines ausmachen würde? Um seines Seelenfriedens willen und um nicht irre zu werden, mußte Brazil sich vergewissern, ob Hammer tatsächlich direkt nach Hause gefahren war. Er konnte ihr erst wieder trauen, wenn er die Gewißheit hatte, daß sie ihn und die Welt nicht betrog und sich nicht so weit erniedrigte, sich mit Denny Raines einzulassen. Brazil fuhr rasch durch Fourth Ward. Verblüfft sah er einen Krankenwagen vor Hammers Haus stehen. Ihr dunkelblauer Dienstwagen stand in der Auffahrt. Sein Herz schlug schneller. Er hielt in einiger Entfernung an. Das konnte nicht wahr sein. Wie konnte sie sich nur so auffällig benehmen?
Brazil war ja eigentlich ein Mensch, der klaren Kopf behielt, aber das hier raubte ihm doch den Verstand. Er stieg aus seinem BMW und ging langsam auf das Haus jener Frau zu, die er vergöttert hatte, jetzt aber nicht mehr respektieren konnte. Nie wieder würde er ein Wort mit ihr wechseln, nie wieder einen Gedanken an sie verschwenden. Er würde mit seiner berechtigten Kritik nicht hinterm Berg halten, aber keine Gewalt anwenden, es sei denn, Raines finge an. Dann allerdings würde er ihm ein As servieren, ihn mit einem
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