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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Konferenzschaltung wissen und schaute von seinem mächtigen Schreibtisch zwischen den Aluminiumrohren hindurch auf sein Reich hinab. »Es hängt einzig und allein von der Bevölkerung ab.« Cahoon konnte nämlich eines ganz und gar nicht gebrauchen: verärgerte Kunden, die seiner Bank den Rücken kehrten. Wenn sich nur genug von ihnen zu diesem Schritt entschlossen und ihre Konten zur First Union, der CCB, BB&T, First Citizens Bank oder Wachovia verlegten, konnte das zu einem Bumerang werden und Cahoon empfindlich treffen. Eine derartige Situation konnte sogar epidemische Formen annehmen und auch große, gesunde Investoren befallen wie ein Computervirus, der Ebolaerreger, Salmonellen oder hämorrhagisches Fieber.
    »Das eigentliche Problem«, meinte der Bürgermeister, »ist dieser verdammte Panesa.« Cahoon konnte sich nicht beruhigen. Es würde eine Weile dauern, bis er sich von diesem Artikel erholte, und schon gar von der Bemerkung über das Steinewerfen. Panesa mußte ebenso verschwinden. Cahoon durchforstete schnell einmal das dichte, weitreichende Netz seiner Verbindungen. Wen aus der Knight-Ridder-Kette konnte er sich zum Verbündeten machen? Es mußte jemand von ganz oben sein, aus der Vorstandsvorsitzenden- oder PräsidentenEbene. Natürlich kannte Cahoon sie alle. Doch der Medienbereich glich einem Tausendfüßler. Kaum stieß man irgendwo an, rollte er sich ein und kümmerte sich nur noch um sich selber. »Sie sind der einzige Mensch, der Panesa in Schach halten kann«, sagte der Bürgermeister zu Cahoon. »Ich habe es versucht. Aber auf mich hört er nicht. Es ist wie Hammer Vernunft beibringen zu wollen, nämlich aussichtslos.«
    Das stimmte. Mit Vernunft konnte man beiden, Panesa wie auch Hammer, nicht kommen. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatten, gab es nur eins: sie zu stoppen. Auch Brazil entwickelte sich zu einem Problem. Cahoon hatte dem Ganzen lange genug zugesehen, um zu wissen, wo er angreifen konnte.
    »Reden Sie mit dem Jungen«, sagte er zum Bürgermeister. »Er hat doch sicher schon versucht, einen Kommentar von Ihnen einzuholen.«
    »Das versuchen sie alle.«
    »Also, bestellen Sie ihn zu sich, Chuck. Ziehen Sie ihn auf unsere Seite, wo er hingehört«, sagte Cahoon mit einem Lächeln und starrte in den dunstigen Sommerhimmel.
    Brazils Aufmerksamkeit galt wieder den Schwarze-Witwe-Morden, mit denen es, da war er ganz sicher, bestimmt noch kein Ende hatte. Er war wie besessen von ihnen und fest entschlossen, auf das eine Detail zu stoßen, die eine entscheidende Erkenntnis oder diesen einen Anhaltspunkt, der die Polizei zu dem Psychopathen führen würde. Telefonisch hatte er zuerst Bird, einen Profiler beim FBI, gesprochen und eine manipulative, gänzlich erfundene, aber erschreckend zutreffende Story geschrieben. Dazu hatte er am Abend zuvor noch einmal das Eisenbahngelände an der West Trade Street aufgesucht und sich den verfallenen Backsteinbau genauer angesehen. Seine Taschenlampe beleuchtete im Wind flatterndes Absperrband. Er hatte sich nicht von der Stelle gerührt und seinen Blick über den gottverlassenen unheimlichen Ort wandern lassen und versucht, sich seine Stimmung einzuprägen. Er versuchte sich vorzustellen, wie es den Senator in eine Gegend wie diese hier hatte verschlagen können.
    Denkbar war es schon, daß er jemanden bei Dunkelheit in diesem Dickicht hatte treffen wollen. Niemandem würde das hier auffallen. Ob die Obduktion vielleicht Hinweise auf Drogen ergeben hatte? Hatte der Senator ein geheimes Laster, das ihn das Leben kosten sollte? Brazils Weg hierher hatte über die South College Street geführt. Er hatte die Prostituierten am Straßenrand stehen sehen. Noch immer wußte er nicht sicher zu sagen, wer von ihnen Männer waren und wer ein verkleideter Cop. Auch die junge Frau, die ihm schon mehrmals aufgefallen war, war wieder unterwegs. Offensichtlich erkannte sie ihn inzwischen an seinem BMW. Herausfordernd hatte sie ihn angestarrt und war dabei gelangweilt weitergeschlendert.
    Brazil fühlte sich müde an diesem Morgen. Auf der Laufbahn schaffte er mit Mühe sechs Kilometer, Tennis nahm er gar nicht erst in Angriff. Von seiner Mutter hatte er in letzter Zeit nicht viel gesehen, und die wenigen Male, die sie wach und auf den Beinen war, strafte sie ihn mit Schweigen. Was sie im Haus erledigt haben wollte, schrieb sie auf einen Zettel. Heute schlurfte sie noch elender durch die Räume als gewöhnlich, hustete, stöhnte und setzte alles daran, ihm ein

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